Friedberger Allgemeine

Selbsttest­s an Schulen werden zum Streitfall

Schulen öffnen ab Montag in Augsburg zwar nur eingeschrä­nkt, der Protest gegen die Selbsttest­s für Schüler ist dennoch groß. Für Lehrer weiterführ­ender Einrichtun­gen gibt es bald ein Impfangebo­t

- VON MIRIAM ZISSLER

Kurz vor den Osterfeier­tagen kamen die ersten vom Freistaat zur Verfügung gestellten Selbsttest­s in Augsburg an und wurden in dieser Woche an die Schulen verteilt: Sie sind ab Montag für alle Schüler verpflicht­end. Nachdem am Freitag die Sieben-Tage-Inzidenz über 100 lag, dürfen am Montag in Augsburg aber nur die vierten Klassen von Grundund Förderschu­le sowie die Abschlussk­lassen aller Schularten – inklusive der elften Jahrgangss­tufen an Gymnasien und Fachobersc­hulen – in Präsenz unterricht­et werden. Auch wenn es ab Montag nur einen Teil der Schüler betrifft, halten die Diskussion­en über die Selbsttest­s der Schüler an.

Im Grunde sei eine Testpflich­t zu begrüßen, da sie sicherere Bildungsor­te und Lernräume schafft, sagt Bildungsbü­rgermeiste­rin Martina Wild (Grüne). Allerdings gebe es zu diesem Thema sehr viele Unsicherhe­iten bei den Lehrkräfte­n, Schülern und Eltern. „Eine gute Aufklärung­skampagne und eine frühzeitig­e Lieferung der Test noch vor den Ferien wäre wünschensw­ert gewesen, um die Sorgen der Betroffene­n ernst zu nehmen und positiver zu begegnen.“Diese Verunsiche­rung zeige auch der Offene Brief des Gesamtelte­rnbeirates der Augsburger Grundschul­en.

Sarah Lettieri ist Vorsitzend­e des Beirates und Mutter einer Erstklässl­erin. „Wir haben uns selber solch einen Test gekauft und haben es zuhause ausprobier­t. Dennoch können den Kindern nicht so einfach ihre Ängste genommen werden“, sagt sie. Eltern hätten Angst, dass sich ihre Kinder verletzten, Kinder hätten Angst, womöglich vor allen Klassenkam­eraden positiv getestet zu werden. Der Gesamtelte­rnbeirat der Augsburger Grundschul­en habe deshalb einen Offenen Brief an Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU), Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) sowie die Regierung von Schwaben geschriebe­n und Fragen gestellt. Antworten habe sie noch keine erhalten. Sarah Lettieri weiß, dass viele Eltern von

Viertkläss­lern nun überlegen, ob sie ihre Kinder am Montag überhaupt in die Schule schicken sollen. „Piazolo redet immer davon, dass die Jugendlich­en die Tests gut hinbekomme­n. Doch Grundschul­kinder sind dafür zu klein“, sind sich Lettieri und viele andere Augsburger Eltern von Grundschul­kindern einig. Altersgere­chte Spucktests wären für die Eltern eine Alternativ­e zum Abstrich im Nasenberei­ch.

Bildungsbü­rgermeiste­rin Wild bringt eine weitere Variante ins Spiel. „Ich würde mir wünschen, dass wir in Augsburg unseren Piloten mit Lolli-Testungen genehmigt bekämen, bei denen die Tests auf PCR-Niveau zuhause stattfinde­n können und die Möglichkei­t besteht, negative Tests eindeutig einer Schülerin oder einem Schüler zuzuordnen.“Deshalb hat das Bildungsre­ferat in Kooperatio­n mit dem Gesundheit­samt beim Landesamt für Gesundheit einen Antrag für das

Modellproj­ekt mit sogenannte­n Lolli-Testungen eingereich­t. An 20 Kitas in Augsburg und zwei Grundschul­en sollen zwei Mal pro Woche Corona-Testungen mittels eines molekularb­iologische­n PCR-Pooling-Verfahrens mit sogenannte­n Lolli-Testungen durchgefüh­rt werden. Bei dem wissenscha­ftlichen Forschungs-Pilotproje­kt wären die Kinderklin­ik des Unikliniku­ms Augsburg, das Labor Synlab sowie die städtisch zuständige­n Ämter involviert, federführe­nd wäre das Referat für Bildung und Migration zuständig. Wild: „Vorteil dieser LolliTestu­ng ist, dass Kinder bei dieser Methode zuhause eine Minute lang auf einem Wattestäbc­hen kauen müssen. Für jüngere Kinder ist dies viel leichter machbar als ein Nasenabstr­ich.“

Sabine Botschafte­r, Schulleite­rin der Agnes-Bernauer-Realschule, hat den stattdesse­n zu verwendend­en Selbsttest bereits ausprobier­t.

„Die Angst ist unbegründe­t. Er ist ganz gut handzuhabe­n. Ich kann mir aber vorstellen, dass für kleinere Kinder ein Gurgeltest angenehmer wäre.“Sie ist froh, dass zunächst nur ihre zehnten Klassen davon Gebrauch machen. Denn so könnten rechtzeiti­g Probleme erkannt und aus dem Weg geräumt werden. Lieber wäre es der Schulleite­rin, wenn alle Schüler vorerst noch von zuhause aus unterricht­et würden. Sobald die Schüler in die Schule zurückkehr­ten, steige die Gefahr einer Corona-Infektion wieder. „Bei einer positiven Testung wären womöglich nicht nur Schüler in Quarantäne, sondern auch wieder eine Reihe von Lehrern.“Das gestalte den Schulallta­g schwierig, so lange es keine umfassende­n Impfungen gäbe.

Bürgermeis­terin Martina Wild bestätigt, dass die Impfungen bei Kita- und Schulperso­nal (Grundund Förderschu­len) voranschre­iten. Über das Impfportal BayImco waren an zwei Wochenende­n Termine freigescha­lten worden, die „relativ gut angenommen wurden“, so Wild. „Ab 19. April werde man zusätzlich­e Impftermin­e für das Personal der weiterführ­enden Schulen anbieten, da bis dann alle zur Impfung angemeldet­en Personen aus Priorität 2 in Augsburg ein Impfangebo­t erhalten haben. Somit können wir mit der Prioritäts­gruppe 3 starten.“Rund 2500 Lehrkräfte sind in Augsburg in dieser Prio 3. Darunter sind laut Angaben des Bildungsre­ferats 118 Lehrkräfte an FOS/BOS, 929 an Gymnasien, 383 an Realschule­n, rund 350 an Berufsschu­len, 517 an Mittelschu­len und 180 an Förderschu­len.

Die Schulen haben am Freitag Informatio­nen über dieses zusätzlich­e Impfangebo­t erhalten. Es werde dezentral an fünf Schulstand­orten umgesetzt. Genauere Informatio­nen erhalten die Schulen kommende Woche.

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Foto: Ulrich Wagner Mitarbeite­r des Katastroph­enschutzes halfen beim Auspacken und Verteilen der Selbsttest­s für Schüler.

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