Warum eine Frau Anrufe fürs Impfzentrum bekommt
Ständig rufen bei Monika Paul Menschen an, die eigentlich mit dem Impfteam sprechen wollen. Das hat mit acht Zahlen und einem unglücklichen Zufall zu tun. Warum sich an der Situation nichts ändern wird
Uns allen wird in der Pandemie viel abverlangt: wenig Kontakte, Maskenpflicht, Homeoffice... Doch was Monika Paul aus der Firnhaberau mitmacht, ist fast noch etwas anstrengender: Täglich wird sie von Menschen angerufen, die Fragen ans Augsburger Impfzentrum haben. Dabei arbeitet Paul weder dort, noch ist sie eine ausgebildete Ärztin. Stattdessen sorgen ein dummer Zufall und eine achtstellige Nummer dafür, dass sich gerade so viele Menschen bei ihr melden.
Für Monika Paul und ihren Mann Alois ist das Ganze inzwischen anstrengend geworden: „Langsam wird es lästig, wenn wir immer für das Impfzentrum gehalten werden“, sagt die 71-Jährige. Pro Tag kämen etwa ein bis drei Anrufe. „An einem Tag waren es aber auch schon acht“, erzählt Paul. Teils seien Leute dran, die gleich wieder auflegen, andere würden noch kurz nachfragen, ob sie nicht doch im Augsburger Impfzentrum
gelandet seien. Ein Anruf ist Monika Paul besonders in Erinnerung: „Es gab einen Notfall, jemand rief um 23 Uhr an, weil seine Frau, die geimpft worden war, eine geschwollene Zunge hatte.“Monika Paul habe den Mann an den Notarzt verwiesen.
Tatsächlich handelt es sich bei allen Anrufern um Menschen, die ihre Erstimpfung schon bekommen haben. Monika Paul sagt, ihr gegenüber hätten die Anrufer erzählt, dass die Nummer auf ihrem „Impfschein“stehe – samt einer „700“dahinter. „Ich gebe dann immer den Tipp, die 700 vorher zu wählen und die rufen dann nicht mehr an“, sagt Paul. Doch damit schickt die Seniorin ihre Anrufer ins Leere, denn die so generierte Nummer existiert natürlich nicht.
Warum aber die Menschen ausgerechnet ihre Nummer wählen? Monika Paul wusste es vor den Recherchen unserer Zeitung nicht. Tatsächlich ist besagte Zahlenfolge gar keine Telefonnummer. Sie steht auf dem
„Nachweis zur Erstimpfung“, den die Geimpften zu ihrer zweiten Spritze mitbringen müssen. Auf dem Stempel unterhalb der Adresse steht vermeintlich Pauls Festnetznummer gefolgt von der „700“. Statt der Augsburger Vorwahl stehen dort aber die Buchstaben „BSNR“.
Christopher Raabe, Sprecher der Stadt Augsburg, weiß, was die Zahlen bedeuten: „Bei der angegebenen
Nummer handelt es sich nicht um eine Telefonnummer, sondern um die BetriebsStättenNummeR des Impfzentrums.“Laut Kassenärztlicher Vereinigung (KVB) ist diese BSNR wichtig für das Abrechnungssystem, das auch von den Impfzentren genutzt werde. „Dass die BSNR in Verbindung mit der Augsburger Vorwahl eine Bürgerin erreicht, ist ein unglücklicher Zufall“, so Raabe.
Generell bitte man alle Bürgerinnen und Bürger, im Fall von Fragen nur die Hotline-Nummer 0821/78986894 anzurufen sowie Nummern, die klar als offizielle Telefonnummern deklariert sind. „Bei medizinischen Fragen ist stets der Hausarzt zu kontaktieren, im Vertretungsfall die Notfallbereitschaft unter 116 117. Bei lebensbedrohlichen Notfällen die 112.“
Alle offiziellen Nummern sind auch auf der Website der Stadt kommuniziert. Die BSNR des Impfzentrums könne nicht verändert werden, die KVB spricht lediglich von einer „rein technischen Möglichkeit“.
Auch Monika Paul will trotz der Ähnlichkeit ihre Nummer behalten. „Wir sind ja nicht mehr die Jüngsten und können uns sowieso nicht mehr so viel merken.“Zudem hat sie mit falschen Anrufern bereits von früher Erfahrung: „Als man einst auf die sechsstelligen Telefonnummern umgestellt hat, haben ständig Leute angerufen, die zur Zeitung wollten.“
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