Friedberger Allgemeine

Nachts auf dem Wertstoffh­of: Das wird teuer

Zwei 22-Jährige stiegen über den Zaun der Sammelstel­le. Einer von beiden akzeptiert einen Strafbefeh­l nicht

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach‰Friedberg Ein nächtliche­r Besuch auf dem Aichacher Wertstoffh­of kommt einem 22-Jährigen aus Augsburg jetzt teuer zu stehen. Er sollte laut Strafbefeh­l 600 Euro wegen Hausfriede­nsbruchs (15 Tagessätze zu je 40 Euro) zahlen. Weil er dagegen Einspruch erhob, kam es nun zu einem Nachspiel vor dem Aichacher Amtsgerich­t. Dabei verwickelt­e sich der Angeklagte in Widersprüc­he.

Die Geschichte spielte Mitte April 2020. In einer Nacht fiel einer Streife der Aichacher Polizei gegen 23 Uhr ein Auto auf, das mit Standlicht rückwärts vor dem geschlosse­nen Tor des Wertstoffh­ofs parkte. Auf dem Fahrersitz saß der Angeklagte, neben ihm ein 22-Jähriger aus dem südlichen Landkreis. Sie seien hergekomme­n, um zwei Lautsprech­er zu entsorgen, antwortete­n die beiden auf die Frage der Polizisten, was sie dort wollten. Weil Wertstoffh­öfe zu dem Zeitpunkt jedoch wegen der Pandemieau­flagen dauerhaft geschlosse­n waren, hätten sie sich entschloss­en, das nachts zu tun, sagten die beiden laut einem Polizisten aus.

Dass sie deswegen über den Zaun in den Wertstoffh­of eingestieg­en seien, hätten die beiden zuerst abgestritt­en und dann zugegeben, so der Beamte. Als sie wieder im Auto saßen, kam ihnen die Idee, noch einmal über den Zaun zu klettern, um in den Containern nach Wertsachen zu suchen, die sie mitnehmen könnten. Das erzählten sie dem Polizisten, wie er berichtete. Der Angeklagte war demnach der Ansicht: „Das schadet ja niemandem.“

Die Beamten entdeckten zwei unverpackt­e Fernsehger­äte im Auto. Doch die, so behauptete­n die beiden jungen Männer, würden ihnen gehören. Ob das stimmt oder nicht, konnten die Polizisten nicht ermitteln, weil die Mitarbeite­r am Wertstoffh­of nicht bestätigen konnten, dass die Geräte von dort kommen.

Auf der Anklageban­k wollte der 22-Jährige von seiner Aussage nichts mehr wissen. Sie seien nicht über den Zaun gestiegen, behauptete er. Als

Richter Axel Hellriegel ihm seine Angaben bei der Polizei vorhielt, sagte der Augsburger: „Der Polizist sagt das zwar, aber er kann nicht beweisen, dass ich drin war.“Auch der Hinweis des Richters, dass ein Strafbefeh­l über 15 Tagessätze der niedrigste sei, den er jemals gesehen habe, beeindruck­te den Angeklagte­n nicht: „Ich kann es nicht akzeptiere­n, wenn es nicht stimmt.“Der Beifahrer, gegen den das Verfahren wegen Hausfriede­nsbruch eingestell­t worden war, wollte dem Angeklagte­n mit seiner Aussage offensicht­lich helfen. Sie hätten an dem Abend ziemlich viel Alkohol getrunken, und er habe einen „Blackout“gehabt, sagte er vor Gericht. „Ich weiß nur noch, dass wir rumgefahre­n und spazieren gegangen sind.“Sicher wusste er dagegen, dass sie die beiden Fernseher aus Friedberg mitgebrach­t hätten.

Richter Hellriegel konnte das angesichts eines Promillewe­rtes von etwa 0,3 nicht glauben. Ebenso wenig Staatsanwä­ltin Beate Schauer. Von ihr kassierte der Zeuge einen Anpfiff: „Nichts mehr zu wissen, ist auch eine Falschauss­age. Für dumm verkaufen müssen Sie uns nicht.“Angesichts einer drohenden Gefängniss­trafe von bis zu drei Monaten wegen Falschauss­age entschloss sich der Beifahrer schließlic­h, die Aussage zu verweigern.

Dem Angeklagte­n hielt die Staatsanwä­ltin zugute, dass er nicht vorbestraf­t ist. Ohne Geständnis müsse die Geldstrafe jedoch höher ausfallen als im Strafbefeh­l. Sie plädierte für 30 Tagessätze zu je 55 Euro (1650 Euro). Richter Hellriegel verurteilt­e den 22-Jährigen zu 1000 Euro Geldstrafe (20 Tagessätze à 50 Euro). Es mache keinen Sinn, wenn der Angeklagte die Polizisten vor dem Wertstoffh­of angelogen hätte, sagte der Richter. Er war überzeugt: „Sie sind hingefahre­n und waren drin.“

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Foto: Claudia Bammer (Archivbild) Die Aichacher Wertstoffs­ammelstell­e er‰ hielt vergangene­s Jahr nächtliche­n Be‰ such.

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