Asthmaspray soll gegen Corona helfen
Eine Studie der Uni Oxford macht Hoffnung auf ein hochwirksames und günstiges Medikament. Experten äußern sich überaus positiv und fordern rasch einen Massentest
Berlin Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Das handelsübliche Asthmaspray Budesonid kann einer Studie der britischen Oxford-Universität zufolge einen KrankenhausAufenthalt in Folge einer Covid19-Erkrankung fast komplett verhindern.
Die Forscher beobachteten in ihrer Studie den Krankheitsverlauf 139 coronainfizierter Patienten. Gut die Hälfte von ihnen wurde normal vom Hausarzt versorgt, die anderen nahmen zusätzlich zweimal täglich ein Asthmaspray mit dem Wirkstoff Budesonid. Das erstaunliche Ergebnis: Während zehn Erkrankte aus der Kontrollgruppe ins Krankenhaus mussten, wurde nur ein Asthmaspray-Patient eingeliefert. Zudem waren die Symptome jener Patienten, die das Spray benutzten, weniger ernst und traten seltener auf. Im Schnitt waren sie auch einen Tag früher wieder gesund. Fieber und Husten waren in der Gruppe, die das Spray einnahm, sogar deutlich seltener.
Dem Forscherteam war aufgefallen, dass Covid-19-Patienten mit einer Asthma-Vorerkrankung die Infektion überraschend gut verkrafteten, obwohl sie zur Risikogruppe gezählt wurden. Der Grund dafür müsse sein, dass die meisten von ihnen regelmäßig Asthmaspray inhalierten, nahmen die Forscher an. Dessen Wirkstoff hemmt Entzündungen in der Lunge, die auch für die meisten Beschwerden bei Covid19-Erkrankungen verantwortlich sind.
Nach Angaben der Forscher ist es allerdings wichtig, dass das Mittel in den ersten sieben Tagen nach Symptombeginn verabreicht werde und noch kein schwerer Verlauf aufgetreten sei. Die Studie mit vergleichsweise wenigen Patienten erschien im Februar als „Preprint“, also noch nicht als offizielle Veröffentlichung. Inzwischen wurde sie nach dem sogenannten Peer-Review-Verfahren im Fachjournal The Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht.
Trotz der wenigen Studienteilnehmer bewerten Experten die vorliegenden Ergebnisse als „sehr hoffnungsvoll“und als „positives Zeichen“. So formulierte es etwa Dr. Hans Klose, der als Chefarzt am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf den Bereich für Lungenerkrankungen leitet, im NDR. Die Studie sei aber deutlich zu klein, um das Asthmaspray als „Gamechanger“bezeichnen zu können. Das Spray beziehungsweise der Wirkstoff könne dazu werden, wenn eine größere Studie die Befunde bestätige.
SPD-Gesundheitspolitiker Karl
Lauterbach hatte sich zuvor auf Twitter begeistert gezeigt: Seiner Meinung nach sei die Studie ein „Gamechanger“, also etwas, das die Behandlung von Covid-19 revolutionieren könne. Die Zahlen seien beeindruckend, die Nebenwirkungen gering.
Zusätzlich gebe es Hinweise darauf, dass das Medikament schwere Nachfolge-Erscheinungen einer Covid-19-Erkrankung, das sogenannte Long-Covid, verhindern könne. Er kenne einige Ärzte, die das Medikament bereits an Corona-Patienten geben würden. „Ich würde dies als Hausarzt auf Grundlage der vorliegenden Daten auch tun“, ergänzte der Epidemiologe Lauterbach.
Professor Norbert Suttorp ist ärztlicher Leiter der Pneumologie und Infektiologie an der Berliner Charité und anerkannter Experte für ansteckende Lungenkrankheiten. Auch er setze große Hoffnungen in die neue Covid-19-Therapie, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt: „Die Studie zeigt einen beachtlichen Effekt“, sagt Suttorp. Allerdings sei sie bisher noch nicht ausreichend, um das Medikament zur Standardtherapie zu machen. „Aber der Effekt ist auf jeden Fall da“, so Suttorp. Nun müsse dringend eine Studie mit mehreren tausend Versuchspersonen folgen, fordert er. „Es gibt einige wenige
Patienten, die das Medikament nicht nehmen dürfen. Das gilt zum Beispiel bei Pilzinfektionen der Lunge oder bei schwerwiegenden Lebererkrankungen“, erklärt er weiter. Für alle anderen sei das Medikament unbedenklich.
Zudem sei der Wirkstoff billig und überall auf der Welt verfügbar, auch in armen Ländern. „Wenn sich die Befunde bewahrheiten, dann könnte fast jeder Infizierte das Mittel frühzeitig nehmen.“Nicht mehr notwendige Besuche einer Rettungsstelle würden in der Folge einen „großen Gewinn“bedeuten, sagt Suttorp.
Ganz neu sind die Ergebnisse aus Oxford dabei nicht. Die österreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr schrieb etwa auf Twitter, sie habe „hundertfach mit eigenen Augen gesehen“, dass Budesonid helfe. Die Zeitung Heute zitierte sie mit den Worten: „Relativ rasch zeigte sich, dass Patienten von der Substanz Budesonid deutlich profitieren. Patienten, die wir recht frühzeitig damit behandelt haben, ging es schnell besser.“Bereits Anfang Dezember 2020 habe die 35-jährige Linzerin in einer Onlinefortbildung der „Medizinischen Fortbildungsakademie“einen Vortrag über die „herausragenden Erfolge in der Behandlung mit Budesonid“gehalten, hieß es in dem Medienbericht.