Friedberger Allgemeine

Harte Zeiten, weiches Fell

Die Pandemie verlangt den Menschen emotional viel ab. Wer allein lebt, leidet besonders. Ist das jetzt die ideale Zeit, endlich den Traum von einer Katze oder einem Hund zu verwirklic­hen?

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Seit zwischenme­nschliche Kontakte drastisch reduziert werden müssen, haben Kontakte zu Tieren für viele Menschen einen ganz neuen Stellenwer­t bekommen. Psychologe­n sagen, dass das Zusammenle­ben mit Tieren unser emotionale­s Wohlbefind­en verbessert, ein positives Selbstbild stärkt, das Selbstwert­gefühl steigert und dabei hilft, sein eigenes

Kontakte zu pflegen. Hinzu kommen positive körperlich­e Aspekte: Wer einen Hund hat, geht öfter an die frische Luft und wer abends nach einem nervigen Arbeitstag die Katze streichelt, baut Ärger und Aufregung ab.

sind bruchstück­hafte Ausschnitt­e von Studien, die sich in der jüngeren Vergangenh­eit mit den Auswirkung­en von Tieren auf uns Menschen beschäftig­t haben und die positiven bio-psycho-sozialen Effekte herausstre­ichen. Längst witzelt man in Forscherkr­eisen, Humanmediz­iner sollten endlich Hunde, Katze und Kaninchen per Rezept verordnen.

Warum sich also nicht jetzt den lang ersehnten Wunsch nach einem eigenen Haustier erfüllen?

Einiges spricht dafür: Wer sich ein Tier anschafft, braucht Zeit für die Eingewöhnu­ngsphase. Man muss sich gegenseiti­g kennenlern­en, Vertrauen und Bindung aufbauen. Das ist die Basis eines harmonisch­en Zusammenle­bens. Fast alle Menschen verbringen während des Lockdowns viel mehr Zeit daheim, aus dieser Perspektiv­e ist jetzt also ein idealer Zeitpunkt.

Auch wenn statistisc­he Erhebungen fehlen, gleichen sich die Berichte über eine verstärkte Nachfrage bei Tierschutz­organisati­onen und Züchtern. Sie sind es, die aber auch die Tücken kennen. Manche Tierfreund­e, die sich jetzt ein Haustier wünschen, kalkuliere­n nicht mit ein, ob sie auch nach den Zeiten von Homeoffice und Pandemie noch ausreichen­d Zeit haben werden. Immerhin muss man bei eiDas nem jungen Hund oder einer kleinen Katze davon ausgehen, dass der neue Mitbewohne­r einen die nächsten 15 Jahre begleitet, vielleicht länger.

Ein Tier bedeutet jedoch Arbeit, hohen Zeitaufwan­d und verursacht Kosten. Man wird manchmal überforder­t sein und sich auch ärgern. Es erfordert die Mühe, sich mit seinen Bedürfniss­en zu beschäftig­en und diese Bedürfniss­e auch zu erfüllen.

Und man kann es gar nicht oft genug sagen: Ein Tier ist fürs Leben, nicht nur für den Lockdown. Aber: Wenn die Entscheidu­ng wohlüberle­gt ist, kann diese ungewöhnli­che Zeit im Leben tatsächlic­h ein guter Zeitpunkt für die Anschaffun­g sein. Wunderbare Erfahrungs­berichte aus den letzten Lockdowns gibt es jedenfalls auch genug.

Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren ver‰ knüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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Foto: Katja Sponholz, dpa Viele Menschen schaffen sich jetzt einen Hund an. Sie haben in der Pandemie mehr Zeit für ein Tier. Doch diese Entscheidu­ng will überlegt sein.
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