Aktivistin der „Identitären Bewegung“wird angeklagt
Bereits 2019 durchsuchte die Polizei Wohnungen von zwei Mitgliedern der rechtsextremen Gruppierung im Augsburger Raum. Nun soll eine Frau vor Gericht. Worum es bei dem Fall geht
Eine Aktivistin der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Identitären Bewegung“muss sich möglicherweise bald vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft München I hat Anklage wegen Volksverhetzung gegen die 21-jährige Frau erhoben, ein möglicher Prozess soll vor einem Jugendrichter stattfinden. Zugelassen ist die Anklage vom zuständigen Amtsgericht in München allerdings noch nicht. Hintergrund des Verfahrens ist eine Aktion der Gruppierung in Augsburg, die im Jahr 2018 im Dezember vor einem Asylbewerberheim stattfand.
Damals lagen zwei Frauen, darunter die nun angeklagte 21-Jährige, auf einem Gehsteig vor der Asylunterkunft in der Augsburger Proviantbachstraße. Die Oberkörper der Frauen waren mit Kunstblut beschmiert, ihre Umrisse mit weißer
Kreide auf den Asphalt gezeichnet. Am Boden waren kleine Tafeln mit Nummern verteilt, wie sie von Spurensicherern der Polizei genutzt werden. Und Schilder mit der Aufschrift „Opfer von Multikulti“. Daneben standen zwei Männer in weißen Anzügen und Mundschutz. Sie hielten ein Plakat mit der Frage: „Augsburg, deine Zukunft?“Die Staatsanwaltschaft stuft das Vorgehen der heute 21-Jährigen offenbar als strafbar ein.
Die Protestaktion der rechtsextremen Gruppierung richtete sich gegen die Vergewaltigung einer 15-jährigen Schülerin durch Asylbewerber aus Afghanistan. Der Fall hatte größeres Aufsehen erregt und zu mehreren Prozessen gegen beteiligte Flüchtlinge geführt. Zwei von ihnen wurden verurteilt, drei Angeklagte freigesprochen.
Offenbar auch aufgrund der Aktion im Dezember 2018 kam es im Juni 2019 zu einer Razzia bei den
Aktivisten der „Identitären Bewegung“in Augsburg und im Umland. Ein Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft bestätigte damals auf Anfrage unserer Redaktion, dass zwei Wohnungen in Augsburg und in der Umgebung von Ermittlern durchsucht worden waren. Das Amtsgericht habe die entsprechenden Beschlüsse dazu erlassen. Bei der Aktion seien auch Beweismittel beschlagnahmt worden, hieß es. Es habe der Verdacht auf Volksverhetzung in drei Fällen bestanden, so die Staatsanwaltschaft damals.
Die „Identitäre Bewegung“kritisierte damals die Polizeiaktion in einer Mitteilung als unverhältnismäßig. Die „Identitären“sehen ihre Aktivitäten durch die Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckt. Verstöße gebe es höchstens im Bereich von Ordnungswidrigkeiten.
Der nachgestellte Tatort vor dem Augsburger Flüchtlingsheim sei eine „Kunstaktion“gewesen. Im
Verfassungsschutzbericht für Bayern heißt es, die Gruppe versuche, rechtsextreme Ansichten auch für eine größere Masse populär zu machen. Statt dumpfer Parolen wie „Ausländer raus“oder „Deutschland den Deutschen“forderten die Aktivisten daher „Remigration“und „klare Umkehrungsmaßnahmen der Migrationsströme“.
Nach Auskunft der Augsburger Staatsanwaltschaft wurden die Verfahren gegen mehrere Beschuldigte zwischenzeitlich eingestellt, da kein Tatnachweis zu führen gewesen sei. Gegen ein weiteres Mitglied der „Identitären Bewegung“wurde demnach von einer Verfolgung im Hinblick auf eine andere Verurteilung abgesehen. Das Verfahren gegen die heute 21 Jahre alte Frau gab die Augsburger Behörde nach München ab, da die Frau zwischenzeitlich in die Landeshauptstadt gezogen ist. Und die Münchener Staatsanwaltschaft wiederum erhob nun vergangene Woche Anklage gegen die 21-Jährige, wie die Behörde auf Anfrage bestätigt.
Volksverhetzung oder von der Meinungsfreiheit gedeckte Aktion? Darüber dürfte nun das Amtsgericht München entscheiden. Da das Gericht die Anklage bislang nicht zugelassen hat, steht auch ein Prozesstermin noch nicht fest.