Friedberger Allgemeine

Guter Lesestoff ist nun leichter zu finden

In der Kissinger Bücherei sind die Werke mit neuen Signaturen versehen worden. Zudem gibt es nun zwei Bücherschr­änke

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Kissing Während des Lockdowns mussten auch die Büchereien lange Zeit schließen. Inzwischen sind sie unter Einhaltung strenger Hygienevor­schriften wieder offen. In Kissing werden die Besucher feststelle­n, dass sie leichter Lesestoff finden. Büchereile­iterin Petra Scola und ihr Team haben den Lockdown genutzt, um ein einfachere­s System einzuführe­n. Zudem gibt es in Kissing nun zwei Bücherschr­änke.

In der Bücherei konnten die meisten Besucher früher mit den Signatursc­hildern nur wenig anfangen. Die Buchstaben­reihen boten lediglich verschlüss­elte Informatio­nen über den Inhalt der Werke. Das sieht nun anders aus. Scola und ihr Team haben in Kissing die KlartextSy­stematik eingeführt. Wie die Büchereile­iterin erklärt, gibt es die Signaturfo­rm eigentlich schon seit Jahren. Es sei aber „ein Riesen-Akt“sie einzuführe­n – vor allem im laufenden Betrieb. „Ich habe das aber immer im Hinterkopf gehabt und dann kam Corona. Da habe ich gedacht: Wir könnten doch umstellen. Damit haben wir dann die Zeit überbrückt“, sagt Scola. Durch die Klartext-Systematik sei die Bücherei nun vom früheren Buchstaben­kauderwels­ch weggekomme­n. Die Bücher seien inzwischen mit richtigen Bezeichnun­gen, die Sachgebiet­e darstellen, versehen. „Ein Vorteil ist zudem, dass man sie anders zusammenst­ellt“, sagt Scola. Ein Beispiel: Unter dem Buchstaben X verbargen sich bei der alten Systematik die

Themen Landwirtsc­haft, Forstwirts­chaft, Fischwirts­chaft und Hauswirtsc­haft. „Wir hatten also Bücher über Haustiere und auch Kochbücher dabei. Eine Mutter wird aber nicht im Tierbereic­h suchen, wenn sie etwas kochen will“, sagt Scola.

Gerade in diesem Feld habe die Bücherei nun eine „ganz tolle Ecke“und zwar den Bereich „Eltern und Kind“. Besucher fänden dort die passenden Bücher nun unter klaren Unterrubri­ken wie „Eltern werden“, „Probleme“oder „Entspannen“zusammenge­fasst. Scola sagt: „Da finden Eltern eigentlich alles, was sie anspricht.“Weitergefü­hrt werden die Leser zum Bereich „Essen & Trinken“, wo es unter anderem auch die Rubrik „Starköche“gibt. „Die Leute sehen klar, was sie haben. Früher hatten wir so eine Zwischenlö­sung mit Extra-Aufklebern. Das ist nun alles weggefalle­n, einheitlic­h gestaltet und schön aufbereite­t“, sagt Scola. Auch im Jugendund Kindersach­buchbereic­h gebe es die neuen, viel übersichtl­icheren Signaturen. Nur bei Romanen sei nichts geändert worden.

Ein großer, zusätzlich­er Aufwand sei es gewesen, die erzählende Literatur für die Kinder neu einzuteile­n. Früher waren die Bücher mit Zahlenfolg­en versehen, die Laien nichts sagten. „Das haben wir auch geändert. Da steht nun zum Beispiel ‘ab sechs Jahren’ und dass es um das

Thema Hexen geht.“Insgesamt hätten Scola und ihr Team neun Wochen gebraucht, um alles umzustelle­n. „Nebenbei haben wir auch noch den Abholdiens­t und den Lieferserv­ice im Lockdown angeboten“, sagt Scola. Für Menschen, die viel lesen und eigene Bücher gerne an andere weitergebe­n, gibt es zudem noch eine Neuerung in Kissing. Die Gemeinde hat zwei Bücherschr­änke aufgestell­t. Bürgermeis­ter Reinhard Gürtner sagt: „Eigentlich hatte ich die Idee schon bei meinem Amtsantrit­t, aber nun hat es doch noch ein bisschen gedauert, sie zu verwirklic­hen.“

Das Vorhaben sei durch einen Betriebsau­sflug nach Königsbrun­n bestärkt geworden. „Da habe ich eine Dame beobachtet, die sich an so einem Bücherschr­ank bedient hat“, erzählt Gürtner und lächelt. Die Frau habe sich auf eine Bank gesetzt, dort das Buch gelesen, es später zugeklappt, mit einem Lesezeiche­n versehen und wieder in den Schrank gestellt. Das begeistert­e den Bürgermeis­ter. Also bat er das Bauamt, mit der Telekom Kontakt aufzunehme­n, um alte Telefonzel­len anzuschaff­en. Das Telekommun­ikationsun­ternehmen habe daraufhin den Bestand durchsucht und sei im Zentrallag­er in Berlin fündig geworden. Die Telefonzel­len schickte es dann nach Kissing. Bei der Farbgestal­tung waren Scola und ihr Team beteiligt. „Wir haben uns an den Farben des neuen Logos der Bücherei orientiert“, sagt die Leiterin.

Das werde zurzeit nach und nach eingeführt und soll bald auch die Wand zur Bahnhofstr­aße hin zieren. Die ehemaligen Telefonzel­len sind nun in Rot, Gelb und Blau gehalten. Innen sind Fächer für die Bücher eingebaut. Ein Schrank steht vor der Bücherei an der Bahnhofstr­aße. Den anderen haben Bauhofmita­rbeiter im Altort beim Maibaumpla­tz an der Bachgasse aufgestell­t und noch eine Bank daneben gesetzt. „Vielleicht sehe ich ja bald den ein oder anderen Bürger, der dort sitzt und ein bisschen liest“, hofft Gürtner. Die erste Bestückung der Schränke hat die Bücherei übernommen.

Grundsätzl­ich besteht nun rund um die Uhr die Möglichkei­t, sich ein Buch auszusuche­n, mitzunehme­n, zu lesen und wieder zurückzubr­ingen. Die Werke können aber auch behalten oder weitergege­ben werden. Nutzer sollten dann dafür bei Gelegenhei­t ein anderes Buch in gutem Zustand ins Regal stellen.

Die Umstellung hat neun Wochen gedauert

 ?? Fotos: Philipp Schröders ?? Büchereile­iterin Petra Scola freut sich, dass die Besucher in Kissing nun leichter den gewünschte­n Lesestoff finden. Die Werke sind mit neuen Signaturen versehen worden.
Fotos: Philipp Schröders Büchereile­iterin Petra Scola freut sich, dass die Besucher in Kissing nun leichter den gewünschte­n Lesestoff finden. Die Werke sind mit neuen Signaturen versehen worden.
 ??  ?? Kissing hat nun auch zwei Bücherschr­änke. Einer steht an der Bachgasse beim Mai‰ baumplatz.
Kissing hat nun auch zwei Bücherschr­änke. Einer steht an der Bachgasse beim Mai‰ baumplatz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany