Friedberger Allgemeine

Bahn‰Krimi spitzt sich weiter zu

Briten und Schweizer ohne Einigung: Welche Züge fahren im Allgäu?

- VON STEFAN STAHL

Langweid/Zug Im bayerisch-britisch-schweizeri­sch-russischen Eisenbahn-Krimi ist der Zug für eine Beilegung des heftigen Streits vorerst abgefahren. Die mit Spannung erwarteten Gespräche zwischen dem Schweizer Zug-Hersteller Stadler Rail AG und dem britischen Bahnbetrei­ber Go-Ahead brachten keine Einigung. Wie unsere Redaktion am Donnerstag aus Verhandlun­gskreisen erfuhr, ist die Lage nach wie vor festgefahr­en.

Die Schweizer beharren demnach weiter darauf, dass Go-Ahead die bei Stadler bestellten 22 Züge für das Allgäuer Netz nicht von der im schweizeri­schen Zug sitzenden Tochterfir­ma eines russischen Eisenbahnh­erstellers in Langweid bei Augsburg warten darf. Die StadlerVer­antwortlic­hen beschwören also einen Fall von Industrie-Spionage durch die Russen herauf. Darüber hatte unsere Redaktion exklusiv berichtet. Aus Sicht der Schweizer liegt hier im globalisie­rten Wirtschaft­sspiel ein Tabubruch vor.

Silja Kollner, Leiterin Kommunikat­ion und Marketing von Stadler Deutschlan­d, hatte gesagt: „Unsere größte Sorge ist, dass entgegen den Vereinbaru­ngen, die wir mit GoAhead getroffen haben, wichtige Unterlagen über unsere Züge dem russischen, stark expandiere­nden Wettbewerb­er in die Hände fallen.“Und sie machte deutlich: „Es war uns bei Vertragsab­schluss nicht klar, dass Go-Ahead einen russischen Wartungspa­rtner für unsere Züge mit ins Boot holt.“Stadler habe in dem Vertrag

nicht zugestimmt, dass technische Dokumentat­ionen an Dritte ohne Zustimmung weitergege­ben werden dürften. Go-Ahead-Sprecher Winfried Karg meinte hingegen: „Wir sehen das nicht so.“Und das zum russischen Eisenbahnh­ersteller TMH Group gehörende Eisenbahn-Wartungsun­ternehmen TMH Germany teilte auf Anfrage mit: „Wir werden die Wartungsle­istungen streng nach den Handbücher­n unter einer bestehende­n Geheimhalt­ungsverein­barung erbringen.“Wie es nun heißt, wolle Stadler die Wartungsbü­cher an Go-Ahead und das Zug-Instandhal­tungsunter­nehmen nicht herausrück­en.

Die in Augsburg sitzende Tochterfir­ma der Briten wiederum beharrt darauf, die 22 Stadler-Züge, die ab Dezember 2021 auf der Strecke München–Buchloe–Memmingen–Kißlegg–Hergatz–Lindau fahren sollen, nur mit den Wartungsbü­chern abzunehmen. Die Situation scheint verfahren zu sein. Karg räumte ein: „Im Moment befürchten wir, dass wir die Stadler-Züge nicht zur Verfügung haben. Ohne die vertraglic­h vereinbart­en Wartungsdo­kumente können wir die Züge nicht übernehmen.“Damit müsste sich Go-Ahead, um pünktlich im Allgäuer Regionalve­rkehr zu starten, bald Ersatz für die StadlerZüg­e beschaffen. Das ist natürlich unter dem Zeitdruck nicht so einfach. Doch Branchenke­nner verweisen darauf, dass es für Züge auch einen funktionie­renden Leihmarkt gibt. Wenn Stadler und Go-Ahead den Streit nicht doch noch aufs Abstellgle­is schieben, müssten die Briten in Bayern mit anderem Material starten. Dabei seien die Stadler-Züge zum Teil schon fertig, heißt es.

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Foto: Go‰Ahead Bayern Stadler‰Züge sollten München und Lind‰ au verbinden.

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