BahnKrimi spitzt sich weiter zu
Briten und Schweizer ohne Einigung: Welche Züge fahren im Allgäu?
Langweid/Zug Im bayerisch-britisch-schweizerisch-russischen Eisenbahn-Krimi ist der Zug für eine Beilegung des heftigen Streits vorerst abgefahren. Die mit Spannung erwarteten Gespräche zwischen dem Schweizer Zug-Hersteller Stadler Rail AG und dem britischen Bahnbetreiber Go-Ahead brachten keine Einigung. Wie unsere Redaktion am Donnerstag aus Verhandlungskreisen erfuhr, ist die Lage nach wie vor festgefahren.
Die Schweizer beharren demnach weiter darauf, dass Go-Ahead die bei Stadler bestellten 22 Züge für das Allgäuer Netz nicht von der im schweizerischen Zug sitzenden Tochterfirma eines russischen Eisenbahnherstellers in Langweid bei Augsburg warten darf. Die StadlerVerantwortlichen beschwören also einen Fall von Industrie-Spionage durch die Russen herauf. Darüber hatte unsere Redaktion exklusiv berichtet. Aus Sicht der Schweizer liegt hier im globalisierten Wirtschaftsspiel ein Tabubruch vor.
Silja Kollner, Leiterin Kommunikation und Marketing von Stadler Deutschland, hatte gesagt: „Unsere größte Sorge ist, dass entgegen den Vereinbarungen, die wir mit GoAhead getroffen haben, wichtige Unterlagen über unsere Züge dem russischen, stark expandierenden Wettbewerber in die Hände fallen.“Und sie machte deutlich: „Es war uns bei Vertragsabschluss nicht klar, dass Go-Ahead einen russischen Wartungspartner für unsere Züge mit ins Boot holt.“Stadler habe in dem Vertrag
nicht zugestimmt, dass technische Dokumentationen an Dritte ohne Zustimmung weitergegeben werden dürften. Go-Ahead-Sprecher Winfried Karg meinte hingegen: „Wir sehen das nicht so.“Und das zum russischen Eisenbahnhersteller TMH Group gehörende Eisenbahn-Wartungsunternehmen TMH Germany teilte auf Anfrage mit: „Wir werden die Wartungsleistungen streng nach den Handbüchern unter einer bestehenden Geheimhaltungsvereinbarung erbringen.“Wie es nun heißt, wolle Stadler die Wartungsbücher an Go-Ahead und das Zug-Instandhaltungsunternehmen nicht herausrücken.
Die in Augsburg sitzende Tochterfirma der Briten wiederum beharrt darauf, die 22 Stadler-Züge, die ab Dezember 2021 auf der Strecke München–Buchloe–Memmingen–Kißlegg–Hergatz–Lindau fahren sollen, nur mit den Wartungsbüchern abzunehmen. Die Situation scheint verfahren zu sein. Karg räumte ein: „Im Moment befürchten wir, dass wir die Stadler-Züge nicht zur Verfügung haben. Ohne die vertraglich vereinbarten Wartungsdokumente können wir die Züge nicht übernehmen.“Damit müsste sich Go-Ahead, um pünktlich im Allgäuer Regionalverkehr zu starten, bald Ersatz für die StadlerZüge beschaffen. Das ist natürlich unter dem Zeitdruck nicht so einfach. Doch Branchenkenner verweisen darauf, dass es für Züge auch einen funktionierenden Leihmarkt gibt. Wenn Stadler und Go-Ahead den Streit nicht doch noch aufs Abstellgleis schieben, müssten die Briten in Bayern mit anderem Material starten. Dabei seien die Stadler-Züge zum Teil schon fertig, heißt es.