Wie sieht Rinnenthal in 20 Jahren aus?
Die Bewohner des Friedberger Ortsteils haben sich Gedanken über die Entwicklung ihres Dorfes gemacht. Das Konzept findet bei den Stadträten viel Beifall. Es gibt aber auch warnende Stimmen
Rinnenthal Wie sieht die Zukunft von Rinnenthal aus? Mit dieser Frage haben sich verschiedene Arbeitsgruppen im Stadtteil in den zurückliegenden Jahren beschäftigt. Herausgekommen ist ein fast 100 Seiten starkes Konzept, das die Bedürfnisse und Möglichkeiten auflistet. Jetzt wurde es im Planungsausschuss des Friedberger Stadtrats vorgestellt – samt Empfehlungen der Verwaltung, was aus diesem umfangreichen Kompendium angepackt werden kann.
Christian Pfundmair vom Team des Ortsentwicklungskonzepts (OEK) erläuterte im Ausschuss die wesentlichen Punkte. Derzeit leben rund 830 Menschen in Rinnenthal. Es sei davon auszugehen, dass die Einwohnerzahl – wie in ganz Bayern – in den nächsten 15 Jahren stagniere oder sogar sinke. Der Altersdurchschnitt der Rinnenthaler liege über dem bayerischen Durchschnitt. Bis 2035 werden die 60- und 70-Jährigen zu den zahlenmäßig stärksten Jahrgängen gehören.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, schlägt der OEK-Arbeitskreis „Ortsbild, öffentlicher Raum, Bauen und Verkehr“sowohl eine Entwicklung im Innenort wie auch die Ausweisung von Neubauflächen vor. Nach der Erhebung des Arbeitskreises gibt es im Dorf 68 Grundstücke und Baulücken, auf denen eine Nachverdichtung möglich ist. Um dieses Potenzial zu nutzen, schlägt der Arbeitskreis den Aufbau eines kommunalen Flächenmanagements, Infoveranstaltungen zur Bewusstseinsbildung und Beratung für Eigentümer vor. 82 Einfamilienhäuser in Rinnenthal werden derzeit nur von einer oder zwei Personen bewohnt. Der Arbeitskreis sieht hier die Chance, Mehrgenerationenund Seniorenprojekte zu schaffen, wenn es eine entsprechende Beratung und Förderung gibt.
Eine Umfrage unter den Bewohnern von Rinnenthal, Griesmühle, Gagers und Bestihof ergab im Mai 2020, dass 31 Haushalte in den nächsten Jahren gerne ein Baugrundstück kaufen würden. Nach Schätzungen des Arbeitskreises dürften damit bis 2040 rund 50 zusätzliche Wohneinheiten notwendig sein. Allein mit Nachverdichtung werde dieser Bedarf nicht zu decken sein. Drei Eigentümer größerer Flächen sind auch bereit, diese als Bauland zu entwickeln.
Weitere Themen aus Rinnenthaler Sicht sind die Neugestaltung und Aufwertung des Straßenraums und der Ortsmitte, Grün- und Freiflächen im Ortskern, innerörtliche Fußwegverbindungen und Gestaltungsempfehlungen für Neubauten. Auch der Wunsch nach öffentlichen Parkplätzen und einer öffentlichen Toilette wird genannt.
Voll des Lobes waren die Stadträte für die Arbeit der Rinnenthaler. Claudia Eser-Schuberth (Grüne) sprach von hoher Professionalität und Detailschärfe. Thomas Kleist (CSU) bescheinigte eine Vorreiterrolle für andere Ortsteile. Das Rinnenthaler Ortsentwicklungskonzept habe Pilotcharakter für andere Stadtteile, sagte Ulrike Sasse-Feile (SPD).
Darin liegt aber auch das Problem: Die Stadt sieht sich aus personellen und finanziellen Gründen kaum in der Lage, allen Vorschlägen für Rinnenthal nachzukommen, geschweige denn für die übrigen zwölf Ortsteile. „Alles, was wir angehen, müssen wir auch für die anderen machen“, warnte Wolfgang Rockelmann (Parteifreie Bürger). „Wir haben Kapazitätsgrenzen“, stellte Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) fest: „So schnell wird das alles gar nicht umsetzbar sein.“Aus
Sicht von Johannes Hatzold (Freie Wähler) muss die Stadt auch aufpassen, dass nicht zu hohe Erwartungen geweckt werden.
Am Ende stand darum ein abgespeckter Beschlussvorschlag. Er beinhaltet unter anderem, externe Angebote einzuholen für den Aufbau eines Flächenmanagements, Informationsveranstaltungen durchzuführen, Fördermöglichkeiten für die Beratung von Bauwilligen zu prüfen und ein ganzheitliches Dorferneuerungskonzept zu entwickeln.
Auch soll mit den Eigentümern über die Ausweisung von zwei Neubaugebieten im Süden und Südosten von Rinnenthal gesprochen werden. „Wir haben keine rechtliche Handhabe bei Baulücken“, erinnerte CSU-Fraktionschef Kleist. Ohne eine Außenentwicklung werde es nicht gehen. Dagegen hat für die Grünen die Innenortsentwicklung Vorrang vor einem weiteren Flächenfraß. Nicht weiter verfolgt werden die Überlegungen für einen festen Verantwortlichen für die Innenortsentwicklung von Rinnenthal im Baureferat, für ein kommunales Förderprogramm von Abriss- und Entsorgungsmaßnahmen, nach einer Stärkung des Ortsbezugs bei der Grundstücksvergabe im Einheimischenmodell oder für Beschränkungen bei privaten Grundstücksgeschäften. Auch eine öffentliche Toilette wird es wegen der Kosten für Reinigung und Unterhalt und wegen des Präzedenzcharakters für andere Stadtteile nicht geben.
Einig waren sich die Stadträte darin, dass die Bewusstseinsbildung wichtig ist. Bürgermeister Eichmann gab den Rinnenthalern den Rat mit auf den Weg: „Dran bleiben und einen Eigenbeitrag leisten. Sonst wird es nicht gehen.“