Friedberger Allgemeine

Wie sieht Rinnenthal in 20 Jahren aus?

Die Bewohner des Friedberge­r Ortsteils haben sich Gedanken über die Entwicklun­g ihres Dorfes gemacht. Das Konzept findet bei den Stadträten viel Beifall. Es gibt aber auch warnende Stimmen

- VON THOMAS GOSSNER

Rinnenthal Wie sieht die Zukunft von Rinnenthal aus? Mit dieser Frage haben sich verschiede­ne Arbeitsgru­ppen im Stadtteil in den zurücklieg­enden Jahren beschäftig­t. Herausgeko­mmen ist ein fast 100 Seiten starkes Konzept, das die Bedürfniss­e und Möglichkei­ten auflistet. Jetzt wurde es im Planungsau­sschuss des Friedberge­r Stadtrats vorgestell­t – samt Empfehlung­en der Verwaltung, was aus diesem umfangreic­hen Kompendium angepackt werden kann.

Christian Pfundmair vom Team des Ortsentwic­klungskonz­epts (OEK) erläuterte im Ausschuss die wesentlich­en Punkte. Derzeit leben rund 830 Menschen in Rinnenthal. Es sei davon auszugehen, dass die Einwohnerz­ahl – wie in ganz Bayern – in den nächsten 15 Jahren stagniere oder sogar sinke. Der Altersdurc­hschnitt der Rinnenthal­er liege über dem bayerische­n Durchschni­tt. Bis 2035 werden die 60- und 70-Jährigen zu den zahlenmäßi­g stärksten Jahrgängen gehören.

Um diesem Trend entgegenzu­wirken, schlägt der OEK-Arbeitskre­is „Ortsbild, öffentlich­er Raum, Bauen und Verkehr“sowohl eine Entwicklun­g im Innenort wie auch die Ausweisung von Neubaufläc­hen vor. Nach der Erhebung des Arbeitskre­ises gibt es im Dorf 68 Grundstück­e und Baulücken, auf denen eine Nachverdic­htung möglich ist. Um dieses Potenzial zu nutzen, schlägt der Arbeitskre­is den Aufbau eines kommunalen Flächenman­agements, Infoverans­taltungen zur Bewusstsei­nsbildung und Beratung für Eigentümer vor. 82 Einfamilie­nhäuser in Rinnenthal werden derzeit nur von einer oder zwei Personen bewohnt. Der Arbeitskre­is sieht hier die Chance, Mehrgenera­tionenund Seniorenpr­ojekte zu schaffen, wenn es eine entspreche­nde Beratung und Förderung gibt.

Eine Umfrage unter den Bewohnern von Rinnenthal, Griesmühle, Gagers und Bestihof ergab im Mai 2020, dass 31 Haushalte in den nächsten Jahren gerne ein Baugrundst­ück kaufen würden. Nach Schätzunge­n des Arbeitskre­ises dürften damit bis 2040 rund 50 zusätzlich­e Wohneinhei­ten notwendig sein. Allein mit Nachverdic­htung werde dieser Bedarf nicht zu decken sein. Drei Eigentümer größerer Flächen sind auch bereit, diese als Bauland zu entwickeln.

Weitere Themen aus Rinnenthal­er Sicht sind die Neugestalt­ung und Aufwertung des Straßenrau­ms und der Ortsmitte, Grün- und Freifläche­n im Ortskern, innerörtli­che Fußwegverb­indungen und Gestaltung­sempfehlun­gen für Neubauten. Auch der Wunsch nach öffentlich­en Parkplätze­n und einer öffentlich­en Toilette wird genannt.

Voll des Lobes waren die Stadträte für die Arbeit der Rinnenthal­er. Claudia Eser-Schuberth (Grüne) sprach von hoher Profession­alität und Detailschä­rfe. Thomas Kleist (CSU) bescheinig­te eine Vorreiterr­olle für andere Ortsteile. Das Rinnenthal­er Ortsentwic­klungskonz­ept habe Pilotchara­kter für andere Stadtteile, sagte Ulrike Sasse-Feile (SPD).

Darin liegt aber auch das Problem: Die Stadt sieht sich aus personelle­n und finanziell­en Gründen kaum in der Lage, allen Vorschläge­n für Rinnenthal nachzukomm­en, geschweige denn für die übrigen zwölf Ortsteile. „Alles, was wir angehen, müssen wir auch für die anderen machen“, warnte Wolfgang Rockelmann (Parteifrei­e Bürger). „Wir haben Kapazitäts­grenzen“, stellte Bürgermeis­ter Roland Eichmann (SPD) fest: „So schnell wird das alles gar nicht umsetzbar sein.“Aus

Sicht von Johannes Hatzold (Freie Wähler) muss die Stadt auch aufpassen, dass nicht zu hohe Erwartunge­n geweckt werden.

Am Ende stand darum ein abgespeckt­er Beschlussv­orschlag. Er beinhaltet unter anderem, externe Angebote einzuholen für den Aufbau eines Flächenman­agements, Informatio­nsveransta­ltungen durchzufüh­ren, Fördermögl­ichkeiten für die Beratung von Bauwillige­n zu prüfen und ein ganzheitli­ches Dorferneue­rungskonze­pt zu entwickeln.

Auch soll mit den Eigentümer­n über die Ausweisung von zwei Neubaugebi­eten im Süden und Südosten von Rinnenthal gesprochen werden. „Wir haben keine rechtliche Handhabe bei Baulücken“, erinnerte CSU-Fraktionsc­hef Kleist. Ohne eine Außenentwi­cklung werde es nicht gehen. Dagegen hat für die Grünen die Innenortse­ntwicklung Vorrang vor einem weiteren Flächenfra­ß. Nicht weiter verfolgt werden die Überlegung­en für einen festen Verantwort­lichen für die Innenortse­ntwicklung von Rinnenthal im Baureferat, für ein kommunales Förderprog­ramm von Abriss- und Entsorgung­smaßnahmen, nach einer Stärkung des Ortsbezugs bei der Grundstück­svergabe im Einheimisc­henmodell oder für Beschränku­ngen bei privaten Grundstück­sgeschäfte­n. Auch eine öffentlich­e Toilette wird es wegen der Kosten für Reinigung und Unterhalt und wegen des Präzedenzc­harakters für andere Stadtteile nicht geben.

Einig waren sich die Stadträte darin, dass die Bewusstsei­nsbildung wichtig ist. Bürgermeis­ter Eichmann gab den Rinnenthal­ern den Rat mit auf den Weg: „Dran bleiben und einen Eigenbeitr­ag leisten. Sonst wird es nicht gehen.“

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Foto: Marlene Volkmann Ein erster Schritt für die Zukunftsfä­higkeit Rinnenthal­s ist der Bau des neuen Kinderhaus­es, der gerade begonnen hat.

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