Corona verstärkt die Kluft
Seit Beginn der Corona-Pandemie haben viele Menschen das Gefühl, sie sind im falschen Film. Tatsächlich wird die Kluft zwischen Regierung und Basis immer größer, das zeigt sich nach Verkündigung der gelockerten Regelungen auch im Landkreis Aichach-Friedberg.
Die Verantwortlichen im Landratsamt berichten, dass bei ihnen die Bürgertelefone anfangen zu klingeln, sobald sich Ministerpräsident Markus Söder publikumswirksam vor die Kameras stellt. Die Menschen haben viele Fragen – das Landratsamt auch. Konkrete Angaben bekomme es aber erst Tage später, hieß es unlängst beim Pressegespräch. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schauen so lange halt unter der Rubrik der „häufig gestellten Fragen“auf den Internetseiten der Ministerien nach. Kann es das sein? Wie fern vom Alltagsleben mancher hochrangige Politiker sich aufhält, zeigt auch die Mitteilung des Kunstministers Bernd Sibler, der – ganz richtig – angesichts der Lockerungen im Kulturbetrieb von einem „Freudentag“spricht. So weit, so gut. Aber weiterzujubeln, dass Staatstheater und Opernhäuser gut auf die Situation vorbereitet seien, ohne den– sehr großen – anderen, nämlich freien Teil der Kulturszene auch nur zu erwähnen, ist (wie soll man sagen?) unsensibel. Eigentlich sogar eine Watschn. Und die macht der spätere Hinweis auf Probenmöglichkeit für Laienensembles nicht wett. Freischaffende Künstler krebsen seit Monaten auf Sozialhilfeniveau herum, engagierte Ehrenamtliche, kleine Institutionen und Organisatoren vor Ort versuchen, im Krisenmodus zu ermöglichen, was irgendwie geht, wie man im Landkreis Aichach-Friedberg bestens sehen kann. Das ist die Realität. Nicht das hoch subventionierte staatliche Kulturwesen.