Wieso negative Gefühle nicht schlecht sind
Liebeskummer und Eifersucht: Jeder kennt diese Emotionen, aber niemand mag sie. Ein Psychotherapeut hat einen Rat, wie Betroffene besser mit ihnen zurechtkommen können
Aichach Vermutlich gibt es nur wenige Anlässe, bei denen Eis-direktaus-der-Verpackung-Essen so gesellschaftlich anerkannt ist wie bei Liebeskummer. Hat der Partner oder die Partnerin Schluss gemacht, oder zeigt der Schwarm kein Interesse, ist der Löffel schnell gezückt und der Eisbehälter aus dem Tiefkühlfach geholt.
Aber wie bei so vielem im Leben funktioniert auch Eis-Essen nicht in jeder Situation und auch nicht bei allen Menschen. Denn Liebeskummer ist nicht gleich Liebeskummer und wie stark Betroffene von bestimmten Situationen verletzt werden, kann vorher niemand sagen. Manche wirft schon das Ende einer kurzen Affäre so aus der Bahn, dass sie sich komplett aus ihrem Alltag zurückziehen. Andere haben sich über längere Zeit von ihrem Partner oder Partnerin entfremdet, und die eigentliche Trennung wirkt dann nur noch wie ein müder Stich ins Herz.
Trotzdem haben auch negative Gefühle ihre Berechtigung. Es ist jedoch
Oft rät das Umfeld Betroffenen zur Therapie
wichtig, einen guten Umgang mit ihnen zu finden.
Psychotherapeut Michael Silc aus Aichach hat dafür vor allem einen Rat: „Wichtig ist, sich klarzumachen, dass es eine natürliche Reaktion ist, traurig zu sein, wenn ein geliebter Mensch unser Leben verlässt.“Er sieht durchaus Parallelen zur Trauer, die jemand empfindet, wenn er einen Menschen verliert. In seiner Praxis kümmert sich der Psychotherapeut um Kinder und Jugendliche, bei denen der Schmerz durch eine Trennung so stark ist, dass er sie über eine längere Zeit beeinträchtigt.
„Da ist es meist das Umfeld, das sich dann bei mir meldet“, sagt er. Die Betroffenen fühlten sich selbst oft so hoffnungslos, dass sie eine Therapie gar nicht in Betracht zögen. „Sie sehen sich dann selbst nicht mehr als begleitbar.“
Das seien sie natürlich trotzdem, denn genau für solche Fälle seien Therapeuten wie er da. Silc beobachtet allerdings, dass kaum noch Akzeptanz für negative Emotionen wie Liebeskummer oder Eifersucht vorhanden ist: „Ich habe das Gefühl, die meisten Leute wollen am liebsten gar keine unangenehmen Gefühle mehr.“Kommen diese Empfindungen dann auf, denken viele, dass das schon krankhaft sei.
Deswegen ist es dem Psychotherapeuten wichtig zu betonen, dass alle Gefühle ihre Berechtigung haben – seien sie positiv oder negativ. „Es kommt immer auf die Dosis an und darauf, welche Auswirkung sie im Alltag haben“, sagt Silc. Erst wenn eine bestimmte Stärke überschritten sei, werde es bedenklich. Eifersucht kann zum Beispiel in ihrem Extremfall bedrohlich werden, vor allem für das Umfeld. Manchmal führt sie zu Gewaltfantasien und – zum Teil massiven – Grenzüberschreitungen. Während Liebeskummer vor allem Trauer ähnelt, ist Eifersucht ein Wut-Gefühl, das auch in Aggressionen umschlagen kann. Laut Silc entwickeln einige Menschen sogar eine alternative Realitätswahrnehmung, in der zum Beispiel alles als Beweis für die Untreue des Partners begriffen und umgedeutet wird.
So weit muss es nicht kommen. Denn Eifersucht ist im Grunde die natürliche Reaktion auf die Angst, in einer Beziehung durch eine andere Person ersetzt zu werden. „Ich will eine Rolle spielen, die relativ einmalig für diesen Menschen ist“, beschreibt es Silc. Anders gesagt:
Wenn einer Person ein anderer Mensch viel bedeutet, möchte sie diesen nicht verlieren – und das betrifft alle Formen von Beziehung, egal ob sie romantisch, freundschaftlich oder familiär sind. Aber was können Menschen tun, wenn sie merken, dass sie eifersüchtig sind?
Zunächst einmal sollten sich Betroffene darüber bewusst werden, wie stark das Gefühl ist. Dann gilt: Sich einen Gesprächspartner suchen. „Ich muss das Gefühl irgendwo ausdrücken können, damit es abfließen kann. Deswegen ist die Situation noch nicht anders, aber im besten Fall habe ich ein Gegenüber, das mich versteht“, sagt Silc. Darüber zu reden und sich das Gefühl einzugestehen mache einen großen Unterschied, das sieht der Psychotherapeut auch bei seinen Patienten während der Sitzungen.
Positive und negative Gefühle haben ihre Berechtigung
Eifersucht gibt es bei allen Arten von Beziehungen