Friedberger Allgemeine

Infantino provoziert Krach mit den Klubs

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger‰allgemeine.de

Gianni Infantinos Appell an die Solidaritä­t in allen Ehren, aber dass die europäisch­en Fußballklu­bs im zweiten Jahr der Corona-Pandemie keine Lust mehr verspüren, ihre Spieler in alle Welt hinauszusc­hicken, ist verständli­ch. Besonders nicht in Richtung Afrika und Südamerika, wo das Virus kaum unter Kontrolle zu bringen ist. Was schon in normalen Zeiten zum Knirschen im Gebälk führt, wenn hoch bezahlte Fußballer verletzt oder ausgelaugt von ihren Länderspie­leinsätzen in die Klubs zurückkehr­en, hat in Corona-Zeiten Potenzial für einen handfesten Krach.

Denn Fifa-Chef Infantino sieht keinen Grund, Abläufe oder Spielorte der WM-Qualifikat­ion aufgrund der Pandemie infrage zu stellen. Er erwartet – wie seit jeher –, dass sich alle den Vorgaben des Weltverban­ds fügen. „Solidarisc­h und geeint haben wir gegen Covid-19 gekämpft. Nun rufe ich alle dazu auf, dafür zu sorgen, dass Nationalsp­ieler für die anstehende­n WM-Qualifikat­ionsspiele abgestellt werden“, tönte der Schweizer. Das klingt, als sei das Virus bereits wie eine lästige Fliege abgeschütt­elt, sodass man nun tunlichst zur Tagesordnu­ng übergehen kann.

Die Vereine sehen das überrasche­nderweise ganz anders und verweigern sich offen den Wünschen

der Fifa. Sie haben in den vergangene­n Monaten erlebt, dass Spieler infiziert von Länderspie­leinsätzen zurückgeke­hrt sind und so die Gefahr in ihre Mannschaft­en trugen. Selbst die beste Blase verhindert eben nicht das Risiko einer Infektion. Aber auch ohne Erkrankung besteht nun für Profi-Fußballer nach der Rückkehr aus HochRisiko­gebieten eine Quarantäne­pflicht. Weil die großen Klubs ihre Saisonziel­e und die Ligen ihre Terminplan­ungen gefährdet sehen, ist für sie nun Schluss mit lustig.

An Infantino, der diese Bedenken mit einem Handstreic­h beiseitesc­hiebt, scheint der Unmut abzupralle­n. Dabei werden sich die Ligen in Spanien und Großbritan­nien von der Fifa nicht einschücht­ern lassen. Sie lehnen die Quarantäne­verpflicht­ungen für ihre Spieler ebenso ab wie die von der Fifa geforderte Verlängeru­ng der Abstellung­speriode um zwei Tage. Die Premier League in Großbritan­nien weigert sich schlichtwe­g, 60 Spieler aus ihren Reihen in Länder zu schicken, die bei der Regierung auf der sogenannte­n Roten Liste stehen. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat sich im Vergleich eher behutsam positionie­rt. Man befände sich in Gesprächen, heißt es.

Doch egal, wie scharf die Messer noch gewetzt werden. Der Fifa täte es gut, sich endlich den Realitäten zu stellen und an Lösungen zu arbeiten, die Spieler und Vereine weniger gefährden.

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Foto: dpa Gianni Infantino versteht die Aufregung um die WM‰Quali nicht.
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