Der FCA als Lieblingsgegner
Bayer Leverkusen hat in der Bundesliga noch nie gegen den FC Augsburg verloren. Der neue Trainer Seoane will diese Serie ausbauen, hat aber noch weit größere Ziele im Blick
Nicht der FC Bayern München oder Borussia Dortmund. Auch nicht RB Leipzig oder Borussia Mönchengladbach. Stattdessen Bayer Leverkusen. Seit über einem Jahrzehnt gehört der FC Augsburg der Fußballbundesliga an, in keinem einzigen Duell mit dem Klub aus dem Rheinland verließ er den Rasen als Sieger. Augsburgs Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter sagte entsprechend vor dem Heimspiel gegen Bayer Leverkusen (Samstag, 15.30 Uhr/Sky): „Wir können nur gewinnen. Es wird Zeit, den Bock umzustoßen.“
Dass der FC Augsburg in manche Begegnung weiterhin als Außenseiter geht, liegt nahe. Daran hat die Etablierung in der Erstklassigkeit nichts geändert. Dennoch verwundert es, dass in den bisherigen 20 Partien kein einziger Erfolg in den Statistiken geführt wird. Zwar haben die Augsburger am häufigsten gegen Rekordmeister Bayern München verloren (16), doch immerhin haben sie auch schon zweimal gegen diesen schier übermächtigen Gegner gewonnen. Die Bilanz gegen Leverkusen: sieben Unentschieden und 13 Niederlagen. Doch wo liegen die Gründe für diese schwarze Serie?
Ein Indikator ist stets der Marktwert beider Mannschaften, der die finanziellen Möglichkeiten der Bundesligisten widerspiegelt. Der Kader des gepimpten Konzernklubs verfügt in Summe über einen Wert von knapp 354 Millionen Euro, dem gegenüber stehen Augsburgs rund 95 Millionen Euro. Anhand wirtschaftlicher und sportlicher Parameter wird der wertvollste BayerAkteur Florian Wirtz aktuell auf 45 Millionen Euro geschätzt, der wertvollste FCA-Profi Felix Uduokhai auf 16 Millionen Euro.
Das Erfreuliche aus Augsburger Sicht: Sport bewahrt sich trotz unterschiedlicher Voraussetzungen weiterhin eine gewisse Unberechenbarkeit. Selbst wenn es bislang nicht klappte, so kam der FCA Erfolgen gegen Bayer schon extrem nahe. Im März 2016 führte Augsburg nach drei Toren des Südkoreaners JaCheol Koo zwischenzweitlich 3:0, ehe ein Elfmeter von Calhanoglu in der Nachspielzeit zu Ausgleich und
Endstand führte. Ähnlich knapp verpasste der FCA im Februar diesen Jahres einen Erfolg, als Tapsoba erst in der letzten Aktion des Spiels die Führung Niederlechners ausglich. Dennoch belegen die Zahlen: Die Leverkusener liegen den Augsburgern einfach nicht – weder Spielernoch Trainerwechsel in beiden Klubs haben sich positiv für die FCA-Bilanz ausgewirkt.
Diesmal findet die Begegnung mal wieder mit neuem Personal an der Linie statt. Markus Weinzierl wird die FCA-Spieler anleiten, Gerardo Seoane betreut das Team aus Leverkusen. Nach einer aus BayerSicht wenig befriedigenden Spielzeit mit zwei Trainern, erst Peter Bosz, später Hannes Wolf, soll der Schweizer mit spanischem Namen attraktiv und erfolgreich spielen lassen. So wie er es bei den Young Boys Bern praktizieren ließ. Dreimal in Folge holte Seoane in der Schweiz die Meisterschaft, 2020 obendrein den Pokal. Zuvor hatte der 42-Jährige den FC Luzern auf den dritten Platz geführt. Einer seiner ehemaligen Spieler in Luzern: FCA-Angreifer Ruben Vargas.
Für die Aufgabe in Leverkusen hatte sich Seoane unter anderem empfohlen, indem er seinen jetzigen Klub aus der Europa League befördert hatte. In Leverkusen soll der smarte Schweizer mit den gegelten Haaren zwei Ziele verfolgen: sportlichen Erfolg erreichen und die Weiterentwicklung hoch veranlagter Jungprofis vorantreiben. Leverkusen bleibt ein Ausbildungsverein auf höchstem Niveau. Kai Havertz wechselte vor einem Jahr für 80 Millionen Euro zum FC Chelsea, Leon Bailey vor kurzem für 32 Millionen Euro zu Aston Villa. Dass solche Abgänge verkraftet werden können, bewies das jüngste 4:0 gegen Mönchengladbach. Indirekt eine Warnung an den FCA.
In Seoanes Team finden sich keine klassischen Mentalitätsspieler, die lautstark in der Kabine und auf dem Platz kommandieren, die aufrütteln und weitreichende Entscheidungen verantworten. Die Zwillinge Lars und Sven Bender kicken jetzt in der Kreisklasse statt in der Bundesliga. Die gebürtigen Rosenheimer sind die Attraktion ihres Heimatvereins TSV Brannenburg.