Friedberger Allgemeine

Ex‰FPÖ‰Chef Strache verurteilt

Ein Wiener Gericht ist überzeugt, dass der frühere österreich­ische Vizekanzle­r bestechlic­h war

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Wien Die Richterin im Korruption­sprozess gegen den österreich­ischen Rechtspopu­listen Heinz-Christian Strache fand klare Worte: „Für die Bezahlung eines Abgeordnet­en, der später Vizekanzle­r wird, gibt es keine Rechtferti­gung und darf es keine Rechtferti­gung geben“, begründete sie am Freitag ihr Urteil. In dem Fall, in dem es um Gesetzeska­uf ging, wurde der 52-Jährige im Wiener Landgerich­t wegen Bestechlic­hkeit zu 15 Monaten auf Bewährung verurteilt. Es war ein neuerliche­r Tiefschlag in der einst so erfolgreic­hen Karriere des Ex-FPÖ-Chefs.

„Wir haben heute ein erstinstan­zliches Urteil erfahren, dass mich einerseits zutiefst überrascht hat, aber auch schockiert hat“, reagierte Strache. Er sprach von einem Fehlurteil. Sein Verteidige­r kündigte Berufung an. Die Richterin sah es als erwiesen an, dass Strache dem befreundet­en Eigentümer einer Privatklin­ik zu einer vorteilhaf­ten Gesetzesän­derung verholfen hatte. Im Gegenzug sollen Spenden an die FPÖ geflossen sein, deren Vorsitzend­er Strache damals war. Persönlich habe sich Strache jedoch nicht bereichert, betonte sie.

Sie sprach ihn von einem Anklagepun­kt im Zusammenha­ng mit einer Einladung auf die Insel Korfu frei, da er sie nicht angenommen hatte. Der Freund Straches wurde wegen Bestechung zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die beiden Angeklagte­n hatten vor Gericht bis zuletzt die Vorwürfe bestritten. Die Urteile sind noch nicht rechtskräf­tig.

Das Gerichtsve­rfahren hat seinen Ursprung im sogenannte­n IbizaVideo, das im Mai 2019 veröffentl­icht wurde. In den verdeckt gefilmten Aufnahmen hatte Strache auf der spanischen Ferieninse­l über fragwürdig­e Methoden der Parteienfi­nanzierung und der politische­n Einflussna­hme gesprochen. Staatsanwä­lte untersuche­n seitdem, ob es im Umfeld der Koalitions­regierung zwischen FPÖ und der konservati­ven ÖVP (2017–2019) zu Korruption kam. Die Staatsanwä­lte im Prozess gegen Strache stützten sich unter anderem auf viele Chatnachri­chten. „Welches Bundesgese­tz wäre für Dich wichtig?“, fragte Strache demnach einmal seinen Unternehme­r-Freund, um zu erfahren, wie man ihm am besten helfen könnte.

Im Zentrum des Verfahrens standen die Bemühungen des Unternehme­rs, mit seiner Wiener Schönheits­klinik Zugang zu einem staatliche­n Gesundheit­sfonds zu erhalten. Eine Aufnahme in den Fonds erleichter­t die Verrechnun­g von medizinisc­hen Leistungen. Der Mann spendete der FPÖ, die damals noch in der Opposition war, 2016 und 2017 insgesamt 12000 Euro. Die Klinik bekam schließlic­h Zugang zu dem Fonds, nachdem Strache Vizekanzle­r geworden war. „Ein Konnex stand nicht nur zeitlich, sondern auch thematisch ohne Zweifel fest“, befand die Richterin.

Straches Anwalt konnte das Gericht nicht überzeugen, dass sein Mandant die unfaire Behandlung aller Privatklin­iken bekämpfen wollte, statt nur seinem Freund zu helfen. Dabei hatte der Populist seine steile Karriere nicht nur auf den Kampf gegen Einwanderu­ng, sondern auch gegen Korruption und Ungerechti­gkeit aufgebaut. Strache führte die FPÖ seit 2005 und erzielte mit ihr bei der Wahl 2017 ein Ergebnis von knapp 26 Prozent. Nach dem Ibiza-Video war nicht nur seine Zeit als Vizekanzle­r, sondern auch als Parteichef vorbei. Die Koalition zwischen FPÖ und ÖVP unter Kanzler Sebastian Kurz platzte. Strache führt nun die FPÖ-Splitterpa­rtei Team HC Strache.

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Foto: Georg Hochmuth, dpa Heinz‰Christian Strache wurde schuldig gesprochen.

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