ITAusbildung mit Turbo
ProgrammierCamps In nur ein paar Wochen zur gefragten IT-Fachkraft – das ist das Versprechen der sogenannten Coding Schools. Doch reichen diese Lehrgänge wirklich aus für einen guten Job?
Berlin Wie viel Zeit braucht es, um einen Beruf zu lernen? Mehrere Jahre sind es bei einer Ausbildung oder einem Studium. Dass es auch in einigen Monaten möglich ist, versprechen sogenannte Coding Schools oder IT-Bootcamps. Die meisten Lehrgänge dauern zwischen drei und sechs Monaten. Ausgebildet wird vor allem für die IT-Branche. Hier sind laut Branchenverband Bitkom mehr als 80000 Stellen für Fachkräfte unbesetzt.
Der Verband bewertet die neuen Qualifizierungsangebote daher positiv. Sie seien ein niedrigschwelliger Einstieg vor allem für Quereinsteiger, sagt Daniel Breitinger, bildungspolitischer Referent bei Bitkom: „Man bekommt aktuelles Wissen schnell und praxisnah vermittelt.“Die Kurse sollen dazu befähigen, als Web- oder Java-Entwickler zu arbeiten, als Datenanalystin oder als Experte für verschiedene Cloud-Systeme.
Mehr als ein Dutzend Anbieter gibt es allein mit Sitz in Deutschland. Das Training ist intensiv: Man sitzt tagsüber im (virtuellen) Klassenzimmer der Coding School, abends und am Wochenende müssen oft weitere „Coding Challenges“allein oder im Team erledigt werden. Als Anreiz für das straffe Programm gibt es bei einigen Anbietern die Garantie auf einen Job nach Abschluss der Ausbildung. Andere sorgen für die notwendigen Kontakte zu Unternehmen und coachen die Absolventinnen und Absolventen bei der Stellensuche.
Viele der Kurse richten sich explizit an Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. IT-Vorkenntnisse sind häufig keine Voraussetzung. In Auswahltests und -gesprächen geht es vor allem darum, Motivation, Durchhaltevermögen, allgemeines technisches Verständnis und die Lernfähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber einzuschätzen.
„Jeder Teilnehmer muss bei uns durch mehrere Vorinterviews“, sagt etwa Steffen Zoller, Gründer und Geschäftsführer des Digital Career Institutes (DCI). Die AbbruchQuote sei niedrig – und das führt Zoller vor allem auf das Auswahlverfahren zurück: „Wir lehnen einen durchaus relevanten Anteil der Bewerber ab.“
Günstig sind die Bootcamps nicht. Bis zu 10 000 Euro kosten die
Vergleichen lohnt sich, nicht nur bei Dauer und Inhalten, sondern auch bei den Zahlungsbedingungen. Bei einigen Anbietern etwa wird das Geld erst nach dem erfolgreichen Einstieg in den Job fällig. Startet man aus der Arbeitslosigkeit heraus, können viele der Qualifizierungen über einen Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit finanziert werden.
Laut Steffen Zoller liegt der große Vorteil der Coding Schools gegenüber anderen Bildungsangeboten in der Tatsache, dass sie ganz konkret auf den Bedarf auf dem ITArbeitsmarkt ausgerichtet sind. Manche Programme werden auch gemeinsam mit Unternehmen entwickelt. Das IT-Beratungsunternehmen Capgemini kooperiert seit 2020 etwa mit dem BildungsanbieKurse. ter AW Academy. In festen Klassen werden unter anderem Expertinnen und Experten für Cloud-Systeme geschult. Nach erfolgreichem Abschluss können sie dann im Unternehmen einsteigen.
„Wir bekommen gleich einen ganzen Schwung an Absolventen, die genau das können, was wir brauchen“, sagt Steffen Riedling von Capgemini. „Gerade angesichts des Fachkräftemangels sind Qualifizierungsprogramme für Quereinsteiger für uns wertvolle zusätzliche Rekrutierungsinstrumente.“
Wer übernommen wird, steige trotz der deutlich kürzeren Ausbildung auf dem Level eines Berufseinsteigers mit einem Abschluss in Informatik oder Mathematik ein. „Das Wissen hat zwar nicht dieselbe Breite wie nach einem einschlägigen Studium, ist dafür aber deutlich praxisnäher“, so Riedling.
IT-Wissen veraltet schnell und muss laufend aufgefrischt und erweitert werden. Ein erfolgreich absolviertes Bootcamp stelle aber dafür durchaus schon die Weichen, findet Riedling: „Danach weiß man, wie man lernt und Schwierigkeiten überwindet.“
Foto: Uwe Anspach, dpa