Friedberger Allgemeine

So schön war die Zeit

Mercedes killt den Verbrenner. Schade um Sahnemotor­en wie jenen in der S-Klasse

- Tobias Schaumann

Vom Jahr 2025 an werden bei Mercedes alle neuen Pkws auf einer rein elektrisch­en Architektu­r aufbauen. Über kurz oder lang bedeutet das faktisch das Aus für den Verbrenner. Die Emissionsr­ichtlinien wollen es so. Die Kundinnen und Kunden werden nicht gefragt.

Viele dürften also nach dem Motto (ver)fahren: Genießen, so lange es noch geht. Und wenn schon, denn schon gleich im Luxusliner der Marke, der S-Klasse, die Ende 2020 neu aufgelegt wurde. Ein reiner Benziner war damals schon Geschichte: Die Ottos werden durch einen Startergen­erator elektrisch unterstütz­t, der zusätzlich 22 PS Leistung und hübsche 250 Newtonmete­r Drehmoment bringt. Die Basis

bilden ein 48-Volt-Bordnetz und eine größere Batterie, die vor allem die Aufgabe hat, Energie beim Bremsen zu speichern und beim Beschleuni­gen wieder abzugeben. Das Ziel: Mehr Fahrdynami­k trotz geringeren Spritkonsu­ms.

Ob die Zauberform­el in der Praxis funktionie­rt? Und ob! Wir testeten den S 500 4Matic in der Langversio­n da, wo er zu Hause ist: auf der Langstreck­e. 600 Kilometer auf der Autobahn mit einer Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit von 114 km/h endeten mit einem realen Benzinverb­rauch von 9,5 Litern, in so einem großen, konfortabl­en (Liegesitz im Fond rechts!) und bärenstark­en Auto eine kleine Sensation. Sogar die Norm von 8,0 bis 8,6 Litern

liegt mit dem 435 PS starken Reihensech­szylinder in der Praxis im Bereich des Möglichen, wenn man den Gasfuß etwas zügelt.

Was schwerfäll­t, denn selbst die S-Klasse-Langversio­n, ein Schiff von einem Auto, zeigt die Fahrleistu­ngen eines Sportwagen­s. Keine fünf Sekunden vergehen für den Sprint auf 100 km/h, danach schiebt der majestätis­che Benz linear durch bis zur Begrenzung von 250 km/h.

Unglaublic­h leise und nahezu ohne jede Vibration gleitet der Wagen dahin. Für zusätzlich­e Entspannun­g sorgen zehn Massagepro­gramme und spezielle Arrangemen­ts, die der Daimler seinen Gästen anbietet: Programme wie „Behaglichk­eit“oder „Frische“kombiniere­n Beleuchtun­g,

Klimaautom­atik, Sitzheizun­g und Soundanlag­e so, dass sich das gewünschte Gefühl einstellen soll. Wellness auf Rädern für einen Aufpreis von 3800 Euro.

Über den verschwend­erischen Luxus in einer S-Klasse ist alles geschriebe­n, über den nicht weniger herrschaft­lichen Preis auch. Der S500 lang kostet schon in der Basis 123272 Euro. Ein Muss und für 1547 Euro quasi ein Schnäppche­n auf der endlosen Extra-Liste ist die aktive Hinterachs­lenkung, die dem Benz zum Wendekreis eines Mini (10,90 Meter) verhilft. Handlich ist dieses Geschenk von einem neuen Automobil alter Schule also auch noch. Man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist.

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Foto: Mercedes‰Benz AG Ein Schiff wird kommen: die neue Mercedes‰S‰Klasse.

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