Friedberger Allgemeine

Laschet und Baerbock streiten, Scholz nüchtern

Die Kanzlerkan­didaten von Union und Grünen versuchen, im TV-Triell aufzuholen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Weil sich die SPD und ihr Kanzlerkan­didat Olaf Scholz in den vergangene­n Wochen an die Spitze der Umfragen geschoben haben, stehen Union und Grüne unter Druck. Vier Wochen vor der Wahl haben die Spitzenkan­didaten Armin Laschet (Union) und Annalena Baerbock (Grüne) in der ersten der drei TV-Diskussion­en versucht, wieder in die Offensive zu kommen. Sowohl Laschet als auch Baerbock stritten emotional bei den großen gesellscha­ftlichen Themen, während Scholz seinem unaufgereg­tsachliche­n Stil treu blieb. Hinter Laschet als auch hinter Baerbock liegen schwere Wochen. Die Zustimmung zu ihren Parteien und ihre persönlich­en Werte sind steil abgefallen.

Laschet hatte aus seiner von Angst ergriffene­n Union den Auftrag erhalten, ein Zeichen zu setzen. Und so ging der 60-Jährige seinen Kontrahent­en Scholz gleich zu Beginn an. Als Anlass diente ihm der überstürzt­e Abzug aus Afghanista­n und die Bewaffnung der Bundeswehr mit Kampfdrohn­en, die die SPD blockiert hatte. Und das hielt er Scholz unter die Nase. „Wir werden unsere Bundeswehr besser ausstatten müssen“, sagte er in der von den TV-Sendern RTL und N-TV ausgericht­eten Diskussion der drei Kanzler-Kandidaten.

Laschet und Baerbock stritten am heftigsten über den Klimaschut­z. „Sie haben dafür gesorgt, dass die Erneuerbar­en (Energien) gedeckelt werden“, attackiert­e ihn die 40-Jährige. Der Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen schloss hingegen aus, den Kampf gegen die Erderwärmu­ng mit Verboten führen zu wollen. Und er hielt dagegen: „Sie wollen der Industrie Fesseln anlegen und sagen ‚lauf mal‘.“

Die beiden in den letzten Wochen durch eigenen Patzer in das Hintertref­fen geratenen Politiker machten in der lebhaften Diskussion keine

Fehler - genauso wenig wie Scholz, der von der Schwäche der anderen profitiert hatte. Baerbock konnte sich behaupten, so dass aus dem Dreikampf kein Duell wird.

Laschet war als Favorit in den Wahlkampf gestartet. Doch wenn er noch der Nachfolger von Bundeskanz­lerin Angela Merkel werden will, dann ist es für ihn höchste Zeit, nach vorne zu kommen. Eine neue Umfrage zeigte vor der TV-Debatte seine ganze Misere. Unter ihm geht es bergab für die Union. Sie kommt in der Umfrage der Meinungsfo­rscher von Insa nur mehr auf 21 Prozent und liegt damit hinter den Sozialdemo­kraten. Anfang des Jahres lag die Union noch bei 36 Prozent - ein Minus von 15 Punkten. Je näher der Abschied von Langzeit-Kanzlerin Merkel rückt, desto stärker bröckeln die schwarzen Schwesterp­arteien ab. Laschet hat dem bislang nichts entgegense­tzen können.

Vier Wochen vor dem Wahltag will er den steten Abstieg stoppen und den Umschwung einleiten. In der Welt am Sonntag veröffentl­ichte er einen Gastbeitra­g, wie er die Energiewen­de gestalten und den Klimawande­l bremsen will.

Seine Wirkung auf die Wähler aufpoliere­n soll nun ein Kompetenzt­eam mit frischen Köpfen. Der 60-Jährige will es am Montag der Öffentlich­keit vorstellen, wie die CDU bestätigte. Die Mitglieder der Laschet-Mannschaft sollen je für ein bestimmtes Thema stehen, das im verbleiben­den Monat bis zur Wahl beackert werden soll. Dazu gehören die innere und äußere Sicherheit, Wachstum trotz klimafreun­dlichen Umbaus der Wirtschaft sowie die Modernisie­rung des Staates.

Um das Blatt zu wenden, muss Laschet noch viel Boden gutmachen. Bei einer Direktwahl des Kanzlers würden derzeit laut dem Deutschlan­dtrend nur 16 Prozent der Wähler Laschet ihre Stimme geben. Der SPD-Spitzenman­n bekäme 41 Prozent, Baerbock erreichte 12 Prozent.

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