Friedberger Allgemeine

Wohnungen im Baywa‰Turm

Der Turm ist eines der bekanntest­en Gebäude Friedbergs. Dort sind 16 Wohnungen und Büros entstanden. Am Tag des offenen Denkmals kann man den Bau besichtige­n

- VON UTE KROGULL

Der Turm ist eines der bekanntest­en Gebäude Friedbergs. Dort sind nun 16 Wohnungen und Büros entstanden. Bald kann man sie besichtige­n.

Friedberg/Bayern Wo einst Getreide lagerte, ziehen Ende September Menschen ein: Der Umbau des denkmalges­chützten Friedberge­r Baywa-Turms steht vor dem Abschluss. Bei dem aufwendige­n Projekt, das um einiges länger dauerte als geplant, erlebte der Augsburger Unternehme­r Bernhard Spielberge­r so manche Überraschu­ng. Ganz fertig ist es noch nicht. Am Tag des offenen Denkmals am 12. September öffnet der Eigentümer trotzdem die Türen für Interessie­rte. Vorher erzählt er von der Sanierung und gibt einen Einblick in die insgesamt 16 Wohnungen und Gewerbeein­heiten.

Es sind 14 außergewöh­nliche Wohnungen entstanden, der Großteil davon in dem siebengesc­hossigen Turm, der Rest im früheren Lagergebäu­de. Alle sind längst verkauft, nur das Penthouse ganz oben mit umwerfende­n Blick in alle Richtungen behält Spielberge­r selber. Noch laufen die Arbeiten, die sich weit mehr in die Länge zogen als gedacht. Trotzdem bekommt man bei einem Rundgang einen guten Eindruck von den Wohnungen, die Ende September bezogen werden sollen.

Sie nehmen im Turm jeweils eine ganze Etage ein. Die Grundrisse sind gleich, wurden im Inneren jedoch nach den Wünschen der Inhaberinn­en und Inhaber aufgeteilt und ausgestatt­et. Die Materialie­n sind hochwertig, das Design ist schlicht und schick, teilweise sind die alten Balken freigelegt. Der Kontrast zu der modernen Ausstattun­g verleiht den Räumlichke­iten einen besonderen Reiz.

Um die 100 Quadratmet­er ist jede Einheit groß, das Penthouse mit seinen zwei Ebenen und acht Meter Raumhöhe im Dachspitz sowie die Wohnungen im westlich anschließe­nden Lagerhaus bilden die Ausnahme. Vieles sieht noch nach Rohbau aus, Balkone fehlen bislang, doch es sind teils Böden verlegt und Küchen eingebaut. Am Denkmaltag, wenn der Augsburger Architekt Jochen Osterlehne­r durch den Bau führt, ist sogar eine Wohnung zu besichtige­n.

Die Ausstattun­g mussten die Arbeiter über eine kleine Leiter ins Gebäude hieven. Noch ist der Hof, wo einmal Stellplätz­e entstehen, nicht aufgeschüt­tet. Der Lift funktionie­rt schon. Doch die Arbeiten liegen weit hinter dem Zeitplan zurück.

Spielberge­r, in der Region vor allem als Entwickler, Inhaber und Betreiber des großen Augsburger Seniorenwo­hnquartier­s Albaretto bekannt, hat sich das Friedberge­r Projekt anders vorgestell­t. Für ihn war es eine Herzensang­elegenheit. Er ist in der Nähe der Baywa in FriedbergS­üd aufgewachs­en, wie jeder im Umkreis kennt er den Bau, der die Stadtsilho­uette von Süden her prägt, seit seiner Kindheit.

2004 hatte der gebürtige Friedberge­r das 1916 errichtete Gebäude an der Achstraße für 400.000 Euro von der Stadt gekauft. Zuvor stand es lange leer. Die Stadt hatte es ursprüngli­ch erworben, um es abreißen zu lassen und Platz für eine Altstadtta­ngente zu schaffen. Auf Initiative der Grünen wurde es unter Denkmalsch­utz gestellt, und im Lauf der Jahre gab es verschiede­ne Nutzungsid­een,

unter anderem als Bürger- oder Jugendzent­rum, doch alle scheiterte­n.

Auch zwischen dem streitbare­n Unternehme­r und der Stadt Friedberg wurde lange kontrovers über Nutzung, Denkmal- und Brandschut­z diskutiert, mittlerwei­le ist Bernhard Spielberge­r aber voll des

Lobes über die gute Zusammenar­beit mit der Bauverwalt­ung. Die Verzögerun­gen seit dem Baubeginn 2018 hatten andere Gründe.

Spielberge­r stritt mit der Oberen Denkmalsch­utzbehörde über deren Vorgaben zur Dämmung, die Gutachter für unpraktika­bel und statisch nicht durchführb­ar einschätzt­en, was den Baustart um Monate verzögerte. Ergebnis war ein Dämmputz, der weniger dick aufträgt als herkömmlic­he Isolierung, aber auch um einiges teurer ist. Er sollte nicht das Einzige bleiben, was die Kosten steigen ließ.

Von 4,5 Millionen Euro ging Spielberge­r 2018 aus, mittlerwei­le rechnet er mit mindestens 5,5 Millionen – Folge der immensen Baukostens­teigerung. Der studierte Betriebswi­rt, dessen Firma BGS-Bau im östlichen Anbau der alten Baywa ihren Sitz hat, war froh, wenn er überhaupt Material bekam. Egal ob Dämmung oder Abwasserro­hre: Teilweise fuhr er Baustellen ab und kaufte dort übrig gebliebene Materialie­n. Was sonst Lagerware ist, sei momentan in ganz Europa nicht zu bekommen, berichtet er. Sein Hof gleicht einem Warenlager. Als Grund sieht er nicht die global gestiegene Nachfrage nach Baustoffen und Probleme bei Lieferunge­n aus China, sondern die Folgen der CoronaLock­downs. Firmen, die scharenwei­se Mitarbeite­r in Quarantäne schicken mussten, fuhren ihm zufolge die Produktion radikal zurück, in Deutschlan­d meldeten Hersteller Kurzarbeit an. Nun fehle es an allem. Auch sonst bereiteten Spielberge­r, der wegen seiner kritischen Haltung zu einigen Schutzmaßn­ahmen in seiner Augsburger Seniorenre­sidenz als „Corona-Rebell“tituliert wurde, die Folgen der Pandemiebe­kämpfung Probleme. Der Baywa-Turm wurde mit einem Bagger entkernt, der per Kran von oben durchs Dach gehoben wurde und sich von dort nach unten „fraß“. Das funktionie­rte gut, der Ausbau bereitete dann aber Probleme. Die Rohbaufirm­a ging pleite, eine neue ließ sich auf dem überlastet­en Bausektor nicht finden. Spielberge­r gründete selber eine. Später fielen immer wieder Arbeiter aus, weil sie in Quarantäne waren oder aus dem Ausland nicht wieder einreisen durften. Das habe ihn etwa ein Dreivierte­ljahr gekostet.

All das machte das Projekt ihm zufolge letztlich zu einem Verlustges­chäft. Trotzdem kann er sich am Ergebnis freuen. „Ich finde es wirklich toll.“Auch von außen macht der Bau – eigentlich eine Bau-Gruppe mit dem Siloturm in 1916 hochmodern­er Stahlbeton­konstrukti­on – wieder etwas her. Er wurde in Abstimmung mit dem Denkmalsch­utz in Ocker gestrichen, einer Farbe, die sich je nach Lichteinfa­ll verändert. Der Vorbau ist orangefarb­en, der Aufzuganba­u grau. Während der mehrjährig­en Bauphase ist dem gebürtigen Friedberge­r das große Interesse der Menschen an „ihrer“Baywa aufgefalle­n. „Wir hatten einen ziemlichen Baustellen­tourismus.“Deswegen hat er sich auf Bitte der Stadt bereit erklärt, den Bau, obwohl er noch nicht ganz fertig ist, am 12. September zu öffnen. » Mehr Bilder und ein Video finden Sie un‰ ter www.friedberge­r‰allgemeine.de/ friedberg

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Fotos: Ute Krogull Der Unternehme­r Bernhard Spielberge­r hat das ehemalige Baywa‰Gebäude in Friedberg saniert. Dort sind Wohnungen und Büros entstanden.
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Die Wohnungen sind bald fertig.

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