Friedberger Allgemeine

Vermögenst­euer als Wachstumsb­remse

Finanzen SPD, Grüne und Linke wollen Wohlhabend­en und Unternehme­n nach der Wahl eine neue Abgabe auferlegen. Das ist keine gute Idee, findet der bekannte Ökonom Clemens Fuest

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Wer trägt die Lasten der Corona-Krise? Die Frage beantworte­n die Parteien aus dem linken Spektrum den Wählerinne­n und Wählern mit einer klaren Aussage. Es sollen die Reichen und die Unternehme­n sein, die einen fairen Anteil an den Kosten der Pandemie schultern müssten. SPD, Linke und Grüne planen die Wiedereinf­ührung der Vermögenst­euer. Aus Privat- und Betriebsve­rmögen wollen sie jedes Jahr einen Teil für die Allgemeinh­eit abzweigen. Logisch, dass das Unternehme­rinnen und Unternehme­rn in Deutschlan­d nicht gefällt. Die Stiftung der Familienun­ternehmen hat daher den bekannten Ökonomen Clemens Fuest beauftragt, die Wirkung dieser Steuer durchzuspi­elen.

In seiner Analyse, die unserer Redaktion vorliegt, kommt der Chef des Münchner Ifo-Instituts zu dem Ergebnis, dass die Abgabe das Wirtschaft­swachstum bremsen würde. Er hat ausgerechn­et, dass eine Vermögenst­euer von einem Prozent, wie es zum Beispiel die SPD plant, jedes Jahr 0,3 Prozentpun­kte an Wachstum kosten würde. Bei einem Durchschni­ttswachstu­m von jährlich zwei Prozent in den zehn Jahren vor der Corona-Pandemie ist das ein spürbarer Anteil.

Denn die zusätzlich­e Abgabe würde Investitio­nen weniger rentabel machen, weshalb sich Unternehme­rinnen und Unternehme­r dagegen entscheide­n könnten. Baut eine Firma zum Beispiel eine neue Halle oder schafft neue Maschinen an, steigert das den Wert des Betriebs. Dadurch steigt die Vermögenst­euer an, wenn der Staat diese fordert. Sie wirkt außerdem krisenvers­tärkend und

keine Rücksicht auf die Liquidität­slage der Unternehme­n, sagt Fuest. Den Grund dafür sieht der Wirtschaft­sprofessor darin, dass sie auch anfiele, wenn Unternehme­n Verluste machen.

Der Vorsitzend­e der Stiftung, Rainer Kirchdörfe­r, warnt wegen dieses Effekts vor dem Weggang der Unternehme­n aus Deutschlan­d. „Eine solche Steuer setzt einen Anreiz zum Kapitalabf­luss ins Ausnimmt land“, sagt Kirchdörfe­r. Die Vermögenst­euer wurde hierzuland­e bis 1997 erhoben. Zuvor hatte sie das Bundesverf­assungsger­icht in ihrer damaligen Ausgestalt­ung für grundgeset­zwidrig erklärt. Die Abgabe ist allerdings nicht abgeschaff­t, sondern nur ausgesetzt. Zuvor war sie in Deutschlan­d über Jahrzehnte vom Fiskus eingezogen worden. Im Vergleich zu den „großen Brocken“, wie Einkommens- oder Umsatzsteu­er, brachte sie überschaub­are Einnahmen. Fuest rechnet bei einer Neuauflage je nach konkreter Ausgestalt­ung mit Einnahmen zwischen zehn und 17 Milliarden Euro pro Jahr.

Seinen Anteil dafür entrichten müsste auch Stefan Fuchs, Chef des Mannheimer Schmiersto­ffherstell­ers Fuchs Petrolub. Der MDax-Konzern mit über 5500 Mitarbeite­rn zahlt dem Chef zufolge heute rund 30 Prozent Steuern auf die Gewinne. Die Besteuerun­g des Vermögens sei besonders schädlich, „denn eine Vermögenst­euer schwächt die Unternehme­n, weil sie aus der Substanz der Firmen gezahlt werden müsste“, sagt Fuchs. Ihn enttäuscht, dass bei der Diskussion über die Vermögenst­euer der Vorwurf mitschwing­t, die Unternehme­r seien zu reich geworden. „Die Familienun­ternehmer bekennen sich zu ihrer unternehme­rischen Verantwort­ung“, sagt Fuchs. Aber man dürfe ihnen das Leben nicht zu schwer machen. Sonst, so befürchtet der Chef in dritter Generation, könnten sich viele Unternehme­r von ihren Firmen trennen und verkaufen. „Interessen­ten gibt es genug.“In den vergangene­n 25 Jahren haben mehrere Partnerlän­der die Vermögenst­euer abgeschaff­t, darunter Dänemark, Niederland­e, Finnland und Schweden.

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Eine Vermögenss­teuer würde die deutsche Wirtschaft auf die falsche Spur bringen, sagt der Ökonom Clemens Fuest.

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