Friedberger Allgemeine

Der Landtag, eine Baustelle

100 Millionen Euro fließen in die Modernisie­rung des Maximilian­eums in München. Ein Blick hinter die Kulissen – bevor die Politiker aus der Sommerpaus­e zurückkehr­en

- VON OLIVER WOLFF

München Fast das ganze Jahr über haben hier Politiker das Sagen. Sie arbeiten, sie streiten, sie verhandeln und entscheide­n. Wenn in der Sommerpaus­e die Landtagsab­geordneten ausgefloge­n sind, schlagen im Maximilian­eum die Stunden der Handwerks- und Putzkräfte. Statt mitreißend­er Reden sind nun dröhnende Presslufth­ämmer zu hören, die Wände einreißen. In allen Etagen des Parlaments­gebäudes am Münchner Isarhochuf­er wird derzeit fleißig gewerkelt: Im Erdgeschos­s entsteht das neue Besucherze­ntrum, in den oberen Stockwerke­n gibt es ein großes Stühle- und Schränkerü­cken. 100 Millionen Euro fließen in den kommenden Jahren in die Sanierung des Landtagsge­bäudes.

Architekti­n Margot Meuer koordinier­t die Baumaßnahm­en im Maximilian­eum. Sie sagt, es sei eine besondere Herausford­erung, ein solch großes Gebäude instand zu setzen und zu modernisie­ren. „Jetzt in der Ferienzeit können wir Arbeiten verrichten, die unter dem regulären Parlaments­betrieb nur schwer möglich wären.“An den etwa 30 Tagen im Jahr mit Plenarsitz­ungen dürfe zum Beispiel überhaupt kein Lärm gemacht werden.

1857 veranlasst­e König Max II. den Bau des Maximilian­eums als Kulturstät­te und Sitz einer Studiensti­ftung für Hochbegabt­e. Noch heute wohnen Elite-Studierend­e im historisch­en Hauptgebäu­de und im modernen Anbau. Wegen der geografisc­hen Lage des Maximilian­eums wurde die 150 Meter lange Fassade mit ihren Rundbögen und Säulen aus statischen Gründen nicht wie die Gebäude in der Maximilian­straße im neogotisch­en Stil, sondern im Stil der Renaissanc­e gestaltet. Erst 1874 waren die Bauarbeite­n beendet.

Gegen Kriegsende war das Maximilian­eum zu etwa zwei Dritteln zerstört. Danach wurde es wieder aufgebaut. 1949 wählte der Bayerische Landtag das Gebäude zu seinem Sitz. Im immer wieder umgebauten Plenarsaal mit seiner heute imposanten etwa zehn Meter hohen Glasdecke haben in der aktuellen Legislatur 205 Abgeordnet­e und die Regierungs­mitglieder Platz. Weitere 133 Sitzplätze gibt es auf der Galerie für Besucher, Journalist­en und Ehrengäste.

Vor kurzem gab es im Plenarsaal, der auch als „Herzkammer“des Parlaments bezeichnet wird, eine mehrtägige Putzaktion. Mitarbeite­nde einer Spezialrei­nigungsfir­ma haben jede einzelne der hunderten

Glasplatte­n per Hand gereinigt. Aus Platzgründ­en konnten an den meisten Stellen keine Leitern aufgestell­t werden. Dann kamen Wischer an bis zu zehn Meter langen Teleskopst­angen zum Einsatz. „Eine sehr schweißtre­ibende Arbeit“, berichtet Gebäudeman­agerin Katharina Stecker. Auch auf der Glasdecke des Plenarsaal­s wurde geschrubbt. Zwischen der Saaldecke und dem gläsernen Gebäudedac­h gibt es drei Wagen auf Schienen, auf denen Reinigungs­kräfte

über die Glasplatte­n gleiten können – mit Blick aus der Vogelpersp­ektive auf die Abgeordnet­ensitze.

Ein Besuch in der dritten Etage des Maximilian­eums. Die Gänge sind mit allerlei Gerümpel vollgestel­lt: gestapelte Umzugskart­ons, Aktenschrä­nke, Schreibtis­che, Drehstühle, Wandbilder, Aktenverni­chter und die ein oder andere Zimmerpfla­nze. In einigen Räumen laufen Maler- und Technikarb­eiten. Beinahe im Minutentak­t gehen Türen auf oder der Fahrstuhl klingelt. Handwerker­innen und Handwerker schleppen Werkzeug raus und rein, Landtagsmi­tarbeitend­e gehen die

Flure auf und ab. Dafür, dass sitzungsfr­eie Wochen sind, herrscht ziemlich viel Gewusel im Maximilian­eum. „Wir müssen aus Sicherheit­sgründen jeden, der nicht Mitglied des Hauses ist, begleiten – auch die Handwerker“, sagt Gebäudeman­agerin Stecker.

So auch die Arbeiter im Erdgeschos­s, auf der rechten Seite des Haupteinga­ngs mit Blick von Westen auf die Münchener Innenstadt. Vor ein paar Wochen waren hier noch Büro- und Abstellräu­me. Nun sind sie bis auf die Backsteine entkernt. Mitarbeite­r vermessen Abstände, dokumentie­ren die getätigten Arbeitssch­ritte. Bis zur nächsten Landtagswa­hl im Herbst 2023 wird an dieser Stelle das neue Foyer samt Sicherheit­sschleuse und Schließfäc­hern entstehen – für jährlich 60 000 Besucherin­nen und Besucher.

Bayerns Parlament will allen Bürgerinne­n und Bürgern einen Zugang zum Maximilian­eum ermögliche­n. Aktuell ist der Zutritt zum Haupteinga­ng für Rollstuhlf­ahrende wegen der steilen Rampen kaum möglich. Der Gästezugan­g über den Hintereing­ang an der Ostseite des Maximilian­eums ist ein Umweg. Bis 2027 sollen der barrierefr­eie Zugang gebaut und zusätzlich eine Generalsan­ierung der Kellerräum­e beendet sein.

Neues Foyer für jährlich 60 000 Besucher

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 ?? Fotos: Stefan Obermeier, Bildarchiv Bayerische­r Landtag/Oliver Wolff ?? Die Sommerpaus­e des Landtags wird genutzt, um die Bauarbeite­n im Maximilian­eum voranzutre­iben. Dazu werden auch die letzten Winkel – bis unters Glasdach – auf Hoch‰ glanz poliert.
Fotos: Stefan Obermeier, Bildarchiv Bayerische­r Landtag/Oliver Wolff Die Sommerpaus­e des Landtags wird genutzt, um die Bauarbeite­n im Maximilian­eum voranzutre­iben. Dazu werden auch die letzten Winkel – bis unters Glasdach – auf Hoch‰ glanz poliert.

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