Der Landtag, eine Baustelle
100 Millionen Euro fließen in die Modernisierung des Maximilianeums in München. Ein Blick hinter die Kulissen – bevor die Politiker aus der Sommerpause zurückkehren
München Fast das ganze Jahr über haben hier Politiker das Sagen. Sie arbeiten, sie streiten, sie verhandeln und entscheiden. Wenn in der Sommerpause die Landtagsabgeordneten ausgeflogen sind, schlagen im Maximilianeum die Stunden der Handwerks- und Putzkräfte. Statt mitreißender Reden sind nun dröhnende Presslufthämmer zu hören, die Wände einreißen. In allen Etagen des Parlamentsgebäudes am Münchner Isarhochufer wird derzeit fleißig gewerkelt: Im Erdgeschoss entsteht das neue Besucherzentrum, in den oberen Stockwerken gibt es ein großes Stühle- und Schränkerücken. 100 Millionen Euro fließen in den kommenden Jahren in die Sanierung des Landtagsgebäudes.
Architektin Margot Meuer koordiniert die Baumaßnahmen im Maximilianeum. Sie sagt, es sei eine besondere Herausforderung, ein solch großes Gebäude instand zu setzen und zu modernisieren. „Jetzt in der Ferienzeit können wir Arbeiten verrichten, die unter dem regulären Parlamentsbetrieb nur schwer möglich wären.“An den etwa 30 Tagen im Jahr mit Plenarsitzungen dürfe zum Beispiel überhaupt kein Lärm gemacht werden.
1857 veranlasste König Max II. den Bau des Maximilianeums als Kulturstätte und Sitz einer Studienstiftung für Hochbegabte. Noch heute wohnen Elite-Studierende im historischen Hauptgebäude und im modernen Anbau. Wegen der geografischen Lage des Maximilianeums wurde die 150 Meter lange Fassade mit ihren Rundbögen und Säulen aus statischen Gründen nicht wie die Gebäude in der Maximilianstraße im neogotischen Stil, sondern im Stil der Renaissance gestaltet. Erst 1874 waren die Bauarbeiten beendet.
Gegen Kriegsende war das Maximilianeum zu etwa zwei Dritteln zerstört. Danach wurde es wieder aufgebaut. 1949 wählte der Bayerische Landtag das Gebäude zu seinem Sitz. Im immer wieder umgebauten Plenarsaal mit seiner heute imposanten etwa zehn Meter hohen Glasdecke haben in der aktuellen Legislatur 205 Abgeordnete und die Regierungsmitglieder Platz. Weitere 133 Sitzplätze gibt es auf der Galerie für Besucher, Journalisten und Ehrengäste.
Vor kurzem gab es im Plenarsaal, der auch als „Herzkammer“des Parlaments bezeichnet wird, eine mehrtägige Putzaktion. Mitarbeitende einer Spezialreinigungsfirma haben jede einzelne der hunderten
Glasplatten per Hand gereinigt. Aus Platzgründen konnten an den meisten Stellen keine Leitern aufgestellt werden. Dann kamen Wischer an bis zu zehn Meter langen Teleskopstangen zum Einsatz. „Eine sehr schweißtreibende Arbeit“, berichtet Gebäudemanagerin Katharina Stecker. Auch auf der Glasdecke des Plenarsaals wurde geschrubbt. Zwischen der Saaldecke und dem gläsernen Gebäudedach gibt es drei Wagen auf Schienen, auf denen Reinigungskräfte
über die Glasplatten gleiten können – mit Blick aus der Vogelperspektive auf die Abgeordnetensitze.
Ein Besuch in der dritten Etage des Maximilianeums. Die Gänge sind mit allerlei Gerümpel vollgestellt: gestapelte Umzugskartons, Aktenschränke, Schreibtische, Drehstühle, Wandbilder, Aktenvernichter und die ein oder andere Zimmerpflanze. In einigen Räumen laufen Maler- und Technikarbeiten. Beinahe im Minutentakt gehen Türen auf oder der Fahrstuhl klingelt. Handwerkerinnen und Handwerker schleppen Werkzeug raus und rein, Landtagsmitarbeitende gehen die
Flure auf und ab. Dafür, dass sitzungsfreie Wochen sind, herrscht ziemlich viel Gewusel im Maximilianeum. „Wir müssen aus Sicherheitsgründen jeden, der nicht Mitglied des Hauses ist, begleiten – auch die Handwerker“, sagt Gebäudemanagerin Stecker.
So auch die Arbeiter im Erdgeschoss, auf der rechten Seite des Haupteingangs mit Blick von Westen auf die Münchener Innenstadt. Vor ein paar Wochen waren hier noch Büro- und Abstellräume. Nun sind sie bis auf die Backsteine entkernt. Mitarbeiter vermessen Abstände, dokumentieren die getätigten Arbeitsschritte. Bis zur nächsten Landtagswahl im Herbst 2023 wird an dieser Stelle das neue Foyer samt Sicherheitsschleuse und Schließfächern entstehen – für jährlich 60 000 Besucherinnen und Besucher.
Bayerns Parlament will allen Bürgerinnen und Bürgern einen Zugang zum Maximilianeum ermöglichen. Aktuell ist der Zutritt zum Haupteingang für Rollstuhlfahrende wegen der steilen Rampen kaum möglich. Der Gästezugang über den Hintereingang an der Ostseite des Maximilianeums ist ein Umweg. Bis 2027 sollen der barrierefreie Zugang gebaut und zusätzlich eine Generalsanierung der Kellerräume beendet sein.
Neues Foyer für jährlich 60 000 Besucher