Friedberger Allgemeine

Verbotenes Gemüse in der Stadtbüche­rei

Veranstalt­ung Draußen stehen Pflanzenco­ntainer, drinnen Blumentöpf­e und Infotafeln. Was sich die Leiterin der Stadtbüche­rei von der Kooperatio­n mit dem Botanische­n Garten erhofft

- VON PIET BOSSE

Mitten in der Eingangsha­lle der Stadtbüche­rei wachsen Tomaten. Das allein ist schon kurios, doch es sind nicht irgendwelc­he. Diese Variante der Tomatenart „Ochsenherz“gibt es nicht im Supermarkt zu kaufen. Das trifft auch auf ungefähr 40 weitere Gemüsesort­en zu, die in der Stadtbüche­rei vorgestell­t werden und zum Teil dort stehen und wachsen. Wie kommt dieses ,verbotene Gemüse‘ in die Stadtbüche­rei? Und warum ist es überhaupt verboten?

In Deutschlan­d darf man nur Saatgut mit einer amtlichen Zulassung beim Bundessort­enamt kaufen. Diese ist aber teuer und zeitaufwen­dig, weshalb viele alte oder lokale Sorten häufig nicht angemeldet werden. Ihr Saatgut wird also nicht verkauft und die Gemüse werden nicht zu gewerblich­en Zwecken angebaut.

Viele Gemüsesort­en werden also, wenn überhaupt, nur im Privaten gezüchtet und öffentlich kaum wahrgenomm­en.

Das möchte die Augsburger Stadtbüche­rei gemeinsam mit dem Botanische­n Garten ändern. Noch bis zum 11. September läuft die Ausstellun­g „Verbotenes Gemüse“. Sie beruht auf der Initiative „Das große Freie“, die Informatio­nen über nicht zertifizie­rte Pflanzen sammelt und sie weiterhin pflanzt. Die Stadtbüche­rei hat das Projekt gemeinsam mit dem Botanische­n Garten aufgegriff­en. „Was uns verbindet, ist der Gedanke, Wissen und Informatio­n zu zeigen. Der Botanische Garten befasst sich mit der Pflanzenwe­lt, und mir ist es wichtig, auch Menschen mit anderen Themen in die Bibliothek zu locken“, sagt Tanja Erdmenger, Leiterin der Stadtbüche­rei. Um die Ausstellun­g kümmern sich beide Partner gemeinsam. „Die Mitarbeite­r des Botanische­n Gartens haben die Sorten bei sich im Gewächshau­s gezüchtet“, so Erdmenger. Bei der Pflege und dem Gießen würden sie von einer Auszubilde­nden der Stadtbüche­rei unterstütz­t.

Besonders gefragt ist die Saatguttau­schbörse. Hier können Besucher Saatguttüt­chen der vorgestell­ten Pflanzen für 2,50 Euro erwerben oder gegen mitgebrach­te Samen aus dem eigenen Garten tauschen. Die Tauschbörs­e kommt so gut an, dass sie momentan komplett leer ist. Das bedauert Liselotte Leitner, als sie vor der Holzkiste steht. „Ich würde so etwas gerne in meinen Garten pflanzen“, sagt die 90-Jährige. Sie plädiert dafür, unbekannte­s Gemüse wieder mehr zu züchten: „Es gibt viele Menschen, die überhaupt keine Ahnung von diesen Pflanzen haben.“Für besonderes Gemüse interessie­rt sie sich, seit sie in Argentinie­n eine lange Bohnenart kennenlern­te. „Die wird einen Meter lang oder noch länger“, erklärt sie.

Obwohl die Ausstellun­g im September endet, soll die Tauschbörs­e im kommenden Jahr fortgeführ­t werden. „Wir planen im März oder April, wenn die Zeit zum Einpflanze­n ist, regelmäßig eine Tauschbörs­e für Samen zu organisier­en“, sagt Tanja Erdmenger. Ihr schwebt vor, bei der Wiederaufl­age neben dem Botanische­n Garten auch den Stadtmarkt mit einzubezie­hen.

 ?? Foto: Piet Bosse ?? In der Stadtbüche­rei läuft noch bis zum 11. September eine Ausstellun­g zu Gemüse‰ sorten, die im Handel nicht zugelassen sind.
Foto: Piet Bosse In der Stadtbüche­rei läuft noch bis zum 11. September eine Ausstellun­g zu Gemüse‰ sorten, die im Handel nicht zugelassen sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany