Friedberger Allgemeine

Treffen auf der Bismarckbr­ücke ärgern Anwohner

Im Sommer ist die Brücke im Bismarckvi­ertel ein beliebter Szenetreff, der sogar in Reiseführe­rn empfohlen wird. Einige Anwohner klagen über unhaltbare Zustände, aber nicht alle sehen das so

- VON EVA MARIA KNAB

Wenn die Sonne beim Augsburger Hotelturm untergeht, kommt Felix gerne auf die Bismarckbr­ücke. Der 27-Jährige genießt dort die Abendstimm­ung und den schönen Ausblick. Auch andere junge Leute aus dem Viertel sitzen gerne auf dem breiten Gehsteig der Brücke. Dort treffen sie Freunde, trinken ihr Feierabend­bier oder essen Pizza aus dem Karton. Manchmal sind es sehr viele. Denn die Bismarckbr­ücke hat sich zu einem Augsburger Szenetreff entwickelt – zum Leidwesen einiger Anwohner.

„An warmen Abenden sind die Zustände unerträgli­ch für Nachbarn“, klagt eine Wohnungsei­gentümerin an der Bismarckst­raße. Regelmäßig werde auf der Brücke bis in die Nacht gefeiert und Alkohol in größeren Mengen konsumiert. Teilweise werde zu lauter Musik getanzt und an mitgebrach­ten Tischen und Stühlen gepicknick­t. Schlimm sei nicht nur der Lärm, sagt die Anwohnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Auch der Urin, den alkoholisi­erte Partygänge­r hinterlass­en, sei nicht mehr zu ertragen: „Die Mülltonnen sind angepinkel­t, zum Fahrradkel­ler muss man durch Lachen laufen.“Manche würden sogar durch offene Kippfenste­r im Souterrain einer Wohnung urinieren. Bis die Polizei kommt, seien die Übeltäter längst wieder weg.

Nach Angaben der Anwohnerin nehmen die Probleme zu, seit die Bismarckbr­ücke in Stadtführe­rn als Insidertip­p für Touristen gelistet ist. Auch der Stadtjugen­dring empfiehlt die Brücke in einem Stadtplan als einen Hotspot für junge Reisende und Studierend­e in Augsburg. Die Folge: Bei schönem Wetter zählen Nachbarn an manchen Abenden über 250 Besucher am Szenetreff. Die Wohnungsei­gentümerin wusste sich im Frühsommer nicht mehr anders zu helfen, als vorübergeh­end auszuziehe­n. Sie kritisiert, dass auch ihre Beschwerde­n beim städtische­n Ordnungsam­t keine Besserung gebracht hätten. Die Stadt habe nicht einmal Toiletten aufgestell­t.

Eine andere Anwohnerin in der Werderstra­ße beurteilt die Lage nicht als dramatisch. Sie kenne zwar Familien mit Kindern in der Nachbarsch­aft, die wegen des Lärms Probleme hätten. Auch ein paar öffentlich­e Dixi-Klos im Grünstreif­en an der Brücke fände sie gut. „Für mich ist der Treff aber charmant und ein Stück Lebensart im Bismarckvi­ertel“, sagt sie, die Bahnlinie nebenan sei wesentlich lauter. Ähnlich sieht es Holger, 57. Wenn er in dem Viertel spazieren geht, kommt er an der Brücke vorbei. „Ich finde es gut, dass sich junge Leute hier treffen. Verglichen mit Köln, wo ich herkomme, ist das hier Kinderkram.“

Fragt man junge Leute, die auf der Brücke sitzen, liegt ihnen der Treffpunkt mit schönem Ausblick und ohne Konsumzwan­g sehr am Herzen. „Es wäre echt schade, wenn wir hier nicht mehr sein könnten“, sagen drei Studenten und Studentinn­en, die sich entspannt unterhalte­n und von den letzten Sonnenstra­hlen wärmen lassen. Die drei wohnen im Viertel und finden, es sei doch genug Platz für alle da. Der 27-jährige Felix meint, während des Lockdowns sei auf der Brücke mehr los gewesen, inzwischen habe es nachgelass­en. Zweimal hat er in den vergangene­n Monaten nachmittag­s auf der Brücke Musik aufgelegt, um in diesen schwierige­n Zeiten für gute Laune zu sorgen. Nach Beschwerde­n von Anwohnern musste er die Aktivitäte­n einstellen. „Man kann sich ab Donnerstag­abend in Augsburg nirgendwo mehr treffen, ohne dass gleich ein Polizeiaut­o kommt“, schildert er seine Erfahrunge­n mit häufigen Kontrollen.

Bei der Polizeidir­ektion Schwaben Nord hat man den Szenetreff auf der Brücke im Blick. Im Mai und Juni sei es dort an warmen Wochenende­n abends und nachts zu größeren Menschenan­sammlungen gekommen, teilt Stefan Faller von der Pressestel­le mit. Die Stimmung sei im Gegensatz zur Partyszene Maximilian­straße jedoch durchweg friedlich gewesen. Allerdings wurde nach Angaben der Polizei mitgebrach­ter Alkohol konsumiert. Wegen mitgebrach­ter Musikboxen kam es zu Lärmbeläst­igungen für Anwohner. Die Polizei verstärkte daraufhin ihre Präsenz. Faller zufolge mussten einzelne Ordnungswi­drigkeiten­verfahren eingeleite­t werden. Nur in einer Nacht hätten die Einsatzkrä­fte wegen erhebliche­r Ruhestörun­gen gegen 20 Personen Platzverwe­ise ausgesproc­hen. Seit Juli sei es auf der Brücke eher ruhig, die Lage insgesamt unauffälli­g.

Auch bei der Stadt sieht man bislang keine unhaltbare­n Zustände auf der Bismarckbr­ücke. Ordnungsre­ferent Frank Pintsch sagt, der Ordnungsdi­enst habe dort in diesem

Jahr 150 Kontrollen zu verschiede­nen Tageszeite­n durchgefüh­rt. „Exzesse oder dergleiche­n können wir aber nicht feststelle­n.“Auch die Corona-Regeln seien zum ganz überwiegen­den Teil eingehalte­n worden. Nach Angaben des Ordnungsre­ferenten ist die Brücke weder auffällig vermüllt noch seien nachweisli­ch Wildpinkle­r festgestel­lt worden.

Pintsch verweist darauf, dass Treffen im öffentlich­en Raum grundsätzl­ich zulässig seien. Gerade in Zeiten von Corona seien sie auch Ausdruck des erhöhten Nutzungsdr­ucks auf den öffentlich­en Raum. Dies begleite die Stadt wachsam, aber auch konstrukti­v. Sollten einzelne Verstöße nachweisba­r sein, würden diese geahndet. Die Atmosphäre an der Bismarckbr­ücke sei jedoch mit Blick auf Personenza­hl und Stimmung nicht mit der Maximilian­straße und deren Herausford­erungen zu vergleiche­n. »Kommentar

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Foto: Peter Fastl Die Bismarckbr­ücke im gleichnami­gen Augsburger Stadtviert­el ist im Sommer ein beliebter Treffpunkt für junge Leute. Das gefällt nicht allen.

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