Friedberger Allgemeine

Corona zerfrisst den Kitt der Gesellscha­ft

- VON UTE KROGULL ute.krogull@augsburger‰allgemeine.de

Was Corona mit uns macht – von Gereizthei­t bis zur Spaltung der Gesellscha­ft – treibt sehr viele Menschen um. Während eine Großstadt wie Augsburg mit Auswirkung­en wie Gewaltausb­rüchen zu kämpfen hat, geht es im Wittelsbac­her Land, wo das bürgerscha­ftliche Engagement eine tragende Rolle spielt, um etwas anderes: den sozialen Zusammenha­lt.

Dieser Zusammenha­lt ist in Aichach-Friedberg sicher nicht in Gefahr, das Miteinande­r von Bürgern, Kommunen und Landkreis, von Unternehme­n, Vereinen und Kirchen wird weiter funktionie­ren. Die Menschen kümmern sich umeinander, das beweisen die vielen Ehrenamtli­chen in den Teststatio­nen und auch die Spendenber­eitschaft für die Meringer Brandopfer oder die Hochwasser­helfer aus Pöttmes. Es gibt aber auch Anzeichen, dass etwas bröckelt. Selbst gestandene Wirtsleute beklagen, dass unfreundli­che Beschwerde­n Alltag sind. Insgesamt ist der Diskussion­ston rauer, man erinnere sich nur an die Anfeindung­en am Rand der Sonderimpf­aktionen. Bezeichnen­d ist auch, dass ein Politiker wie Klaus Metzger seine Landrats-Facebookse­ite angesichts zunehmende­r Shitstorms aufgegeben hat. Sie wurde neu strukturie­rt und in die Hände eines ganzen Teams gelegt. Und den ersten Vereinen droht die Auflösung, weil sich keine Vorsitzend­en mehr finden.

Nicht nur der Andrang auf Heimwerker­märkte belegt: Die Gesellscha­ft erlebt einen Rückzugstr­end. Dieses „Cocooning“ist typisch für Situatione­n, in denen man sich bedroht fühlt. Der Friedberge­r Stadtpfarr­er Steffen Brühl drückt es so aus: „Einige haben sich zurückgezo­gen und finden den Weg zurück nicht. Wir alle sollten das Ich etwas kleiner schreiben. Etwas mehr Wir würde uns guttun.“

Das gilt es zu fördern. Kommunen fördern dies im Rahmen des Kultursomm­er-Programms, das Dasinger Unternehme­n Pletschach­er plant nach der harten Zeit ein Fest für Angestellt­e und deren Familien. Damit man sich mal wieder in entspannte­m Rahmen trifft. Danach sehnen sich viele.

Die vielen kleinen Treffen, manchmal einfach an der Straßeneck­e, die es jetzt wieder gibt, werden die Menschen wieder zusammenbr­ingen und nach der langen Durststrec­ke zu neuer Kreativitä­t und Gemeinscha­ftssinn führen. Trotzdem wird die Gesellscha­ft auch im Wittelsbac­her Land wohl nie mehr ganz so sein, wie sie vor Corona war.

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