Endlich wieder im Freien Klavier spielen…
Musik Die Aktion „Play me, I’m yours“ist zurück und mit ihr viele Hobbypianisten. Manche sind schüchtern, andere seit Jahren Stammgäste an den bunt bemalten Open-Air-Instrumenten
Es ist immerhin ein kleines Jubiläum, das die nächsten Wochen in Augsburg für zauberhafte Klänge sorgt: Bis 26. September dürfen Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Aktion „Play me, I’m yours“in der Stadt Klavier spielen und zuhören – und das, ohne Karten kaufen zu müssen. Es ist das fünfte Jahr in Folge, in dem das Augsburger Stadtmarketing so für etwas Leichtigkeit im Sommer sorgen will. Die acht Klaviere sind in der Innenund Altstadt, aber auch in Pfersee und Oberhausen aufgestellt. Wir haben an einigen Standorten vorbeigeschaut und mit Passantinnen und Passanten gesprochen.
Erster Halt ist in der Bäckergasse. Hier steht ein Klavier namens „Lieblingsstück“, das von Jugendlichen der Konfirmandengruppe der Kirchengemeinde Zu den Barfüßern bemalt wurde. „Ich bin seit drei Jahren dabei, also seit ich in Augsburg wohne“, sagt Valentin Ramloll, dem die Aktion gut gefällt. Der junge Mann spielt seit 16 Jahren Klavier, und das kann man auch hören. „Ich liebe es, an einem Klavier einen Zwischenstopp einzulegen, meiner Musik freien Lauf zu lassen und dann wieder zu gehen, wann ich will“, sagt der 23- Jährige. Neben seinem Physikstudium plant er, musikalisch unter anderem auf Youtube aktiv zu werden.
Gerade ist er dabei, Videos zu posten, in seinem eigenen kleinen Tonstudio daheim nimmt er seine Musik auf. „Ich habe mich zwischen einem Musikstudium und Physik entscheiden müssen. Aber ich hatte
Angst, dass ich den Spaß an der Musik verliere durch so ein Studium, in dem es um Noten und gute Leistungen geht. Jetzt studiere ich Physik, wo ich praktischerweise technische Grundlagen erlernt habe, die ich gut in meinem Tonstudio gebrauchen kann“, sagt Ramloll. „Ich habe bei mir daheim aber leider nur ein E-Piano. Deswegen ist es umso toller, jetzt auf den unterschiedlichen Klavieren kostenlos spielen zu können.“
Auch Sophie Krämer ist von der Aktion angetan. „Ich bin jedes Jahr dabei gewesen, ich liebe es einfach“, sagt die 16-Jährige. Sie spiele sonst täglich daheim auf dem Klavier. „Daheim ist es auch schön, aber hier draußen mit der schönen städtischen
Atmosphäre macht es einfach so viel Freude.“
Die Zehntklässlerin habe früher auch Auftritte gehabt, sagt sie, doch das sei mit viel Stress verbunden gewesen. „Seit ich keinen Druck mehr habe und auch keinen Klavierunterricht mehr, macht es mir so viel mehr Spaß. Letztes Jahr war ich sogar drei Stunden am Stück an einem Klavier in der Stadt gesessen, weil das Flair einfach so schön war.“Und sie fragt sich, warum die Aktion nicht mehrmals im Jahr stattfinden könne. „Das würde sicherlich vielen gefallen“, so Krämer.
Auch auf dem Stadtmarkt steht ein Klavier, welches Künstlerin Johanna Schreiner unter dem Titel „Blumenwiese“bemalt hat. „Ich sitze hier fast täglich“, so Jürgen Hartwig. Der 60-Jährige ist auch seit Beginn der Aktion dabei und findet die Idee toll. „Es ist einfach eine super Gelegenheit für jeden, sich mal an einem Klavier zu versuchen oder eben seine Stücke auch Zuhörern zu präsentieren“, so Hartwig. Er spiele bereits seit seiner Kindheit. „Schade, dass es die Aktion nicht schon viel länger gibt. Ich hätte das auf jeden Fall auch als Kind schon genutzt“, sagt der 60-Jährige. Unterricht hatte er nicht immer, „aber dafür bin ich immer schon mit Leidenschaft und Experimentierfreude dabei“. Die Aktion sei ein Gewinn für jedermann, sowohl für die Musizierenden als auch für die Zuhörer.
Am Königsplatz steht das Klavier „Yoli Pakini“, das von den Schülerinnen Lara Del Zenero und Clara Heuermann gestaltet wurde. Hier treffen wir auf die zehnjährige Luisa Nuack und ihren Vater. „Ich spiele seit drei Jahren Klavier, bin aber jetzt zum ersten Mal bei der Aktion dabei“, sagt die Schülerin. Sie sei sehr interessiert an Mozart und Beethoven, von beiden übe sie gerade fleißig Lieder. „Ich möchte entweder Zahnärztin werden oder Pianistin“, weiß Luisa schon jetzt. Sie ist anfangs etwas schüchtern, doch nachdem ihr Vater ihr Mut zugesprochen hat, traut sie sich doch, ein paar Takte zu spielen. Sie und die Zuhörer, die nach und nach dazukommen, haben ihre Freude.