Friedberger Allgemeine

Folter‰Vorwürfe gegen die Polizei

Justiz Im Prozess um den Mord an einer Starnberge­r Familie gibt es einen brisanten Antrag. Und noch einen Verdächtig­en

- Britta Schultejan­s, dpa

Starnberg/München Der Prozess um den Mord an einer Familie in Starnberg wirft immer mehr Fragen auf. Stimmt die Annahme der Staatsanwa­ltschaft, dass ein junger Mann seinen Freund bestehlen wollte und darum ihn und dessen Eltern kaltblütig erschoss? Wie verlässlic­h ist das Geständnis, das er bei der Polizei abgab? Und welche Rolle spielt ein anderer Freund des ermordeten Sohnes, bei dem Munition aus der Tatwaffe gefunden wurde? Mit diesen Fragen hat sich das Landgerich­t München II am Montag befasst.

Am Anfang der Verhandlun­g steht ein brisanter Antrag: Die Verteidigu­ng des als Mittäter angeklagte­n 20 Jahre alten Slowaken will verhindern, dass die Aussage des Haupttäter­s bei der Polizei als Beweismitt­el berücksich­tigt wird. Der Grund: Sie werfen der Polizei nicht weniger als Folter vor.

Der angeklagte 21-Jährige hatte nach Polizeiang­aben in einer Arrestzell­e in Fürstenfel­dbruck ein Geständnis abgelegt und seinen Freund und Mitbewohne­r, den 20-Jährigen, als Komplizen belastet. Die Staatsanwa­ltschaft ist überzeugt, dass der heute 21 Jahre alte Hauptangek­lagte in der Nacht im Januar 2020 die Familie auslöschte – eine 60 Jahre alte Frau, ihren 64 Jahre alten Mann und den gemeinsame­n Sohn. Anschließe­nd habe er die Waffensamm­lung des Sohnes gestohlen. Die Vernehmung bei der Polizei ist das einzige Mal, dass er sich bislang zu den Vorwürfen äußerte. Die Aussage hat also großes Gewicht. In dem Antrag heißt es nun: Die „angeblich gewonnenen Informatio­nen beruhen auf verbotenen Vernehmung­smethoden“. Die Anwälte werfen der Polizei „Erniedrigu­ng, Quälerei und Misshandlu­ng“bei dem Verhör in Fürstenfel­dbruck vor. Die Polizei weist das entschiede­n zurück: „Der Vorwurf der Folter entbehrt jeglicher Grundlage“, sagt ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Oberbayern Nord, die Staatsanwa­ltschaft München II schließt sich dieser Stellungna­hme an. „Die Zelle war dunkel, abgesehen von einer Neonlampe“, führen die Anwälte weiter aus. Der Angeklagte, der ihren mitangekla­gten Mandanten in seiner Aussage belastete, sei „entweder ganz nackt oder nur mit einer Unterhose bekleidet und darüber hinaus lediglich notdürftig mit einer braunen Decke“versorgt gewesen.

Zunächst waren die Ermittler bei der Tat von einem anderen Szenario ausgegange­n. Nämlich davon, dass der Sohn erst seine Eltern und dann sich erschoss. Die Verteidigu­ng des Mitangekla­gten hat aber auch an der neuen Version der Staatsanwa­ltschaft Zweifel. Sie legt deshalb großes Augenmerk auf einen 19-jährigen Freund des Tatverdäch­tigen und Opfers: Bei ihm fand das SEK Munition aus der Tatwaffe. Ermittlung­en gegen ihn wurden aber eingestell­t. Ob das richtig war, daran zweifelt die Verteidigu­ng des 20-Jährigen.

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Foto: dpa Einer der beiden Angeklagte­n wird beim Prozessauf­takt im August in den Ge‰ richtssaal gebracht.

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