Friedberger Allgemeine

Auf den Spuren von Frank Lloyd Wright

Als Ein- und Ausblick: Unterwegs in Illinois wird der legendäre Architekt in vielen seiner Werke erlebbar

- VON VERENA WOLFF

Er gilt als berühmtest­er Architekt der USA, sein Präriestil und seine „organische Architektu­r“sind weit verbreitet und bis heute beliebt: Frank Lloyd Wright (1867–1959) ist eine Institutio­n, und sein Werk bietet heute Touristen etliche Ziele, nicht zuletzt in Chicago und Umgebung – wenn sie denn wieder einreisen dürfen. Bis dahin bleibt aus der Ferne ein interessan­ter Einblick – und damit eventuell ja ein Ausblick auf die nächste USA-Reise.

In Oak Park, heute ein Vorort im Westen der größten Stadt im USBundesst­aat Illinois, baute Wright sein Home and Studio, das als Museum erhalten ist. In diesem Haus, das er im Alter von 33 Jahren fertigstel­lte, können Besucher vieles von dem sehen, was er später auch in anderen Gebäuden umgesetzt und verfeinert hat. Geometrisc­he Formen dominieren das vergleichs­weise kleine Haus, das zu Wrights Lebzeiten noch an Felder grenzte. Außen ist das Haus mit Holzschind­eln besetzt. Die Räume gehen ineinander über und können immer wieder umgestalte­t werden.

Schon in Oak Park schuf Wright eine Designspra­che, die er später häufig verwenden sollte: eingebaute Holzmöbel, geometrisc­he Formen, aufwendige Bleiglassc­heiben sowie eine Farbpalett­e, die von Grün über Gold bis zu Rottönen reichte und an die Natur vor der Tür erinnert.

„Er holte die Natur nach innen, durch Farben, durch Formen, durch viel Licht und Fenster“, erklärt Felix Griggs, ein Guide des Wright Trusts, der Touren in Chicago und ins Umland anbietet. „Und er versuchte, Gebäude so in die Natur zu setzen, dass sie nicht störten.“Wright lebte nicht nur in Oak Park, sondern er arbeitete dort auch in seinem Studio, das er 1898 als eigenen Flügel anbaute.

Nicht nur Wrights Haus ist in Oak Park zu sehen. Insgesamt zwei Dutzend Gebäude lassen sich auf einer Tour zu Fuß erkunden. Das markantest­e ist der Unity Temple. Wright baute dieses massive, kantige Gebäude aus nacktem Beton. Seine lapidare Erklärung: „Beton ist günstig, mein Budget beträgt nur 45 000 Dollar.“

Wie bei anderen Gebäuden spielte Wright mit dem Eingang, die Türen sind nicht leicht zu finden. Im Foyer geht die Gemeinde durch eine flache, dunkle Passage, die er „das Kloster“nannte – zur Besinnung und in Vorbereitu­ng auf den Gottesdien­st. Der Altarraum überrascht dann durch 25 Oberlichte­r aus gelblichem Glas. Sie sorgen bei jedem Wetter dafür, dass es innen wirkt, als scheine draußen die Sonne.

Das Spiel mit der Eingangstü­r ist auch bei zahlreiche­n anderen Gebäuden zu sehen, zum Beispiel im Robie House, einem Wohnhaus im

Chicagoer Univiertel. Es gilt als Wrights ausgefeilt­estes Haus im Präriestil und steht auf der Welterbeli­ste der Unesco. Es gibt – wie passend – sogar eine Lego-Version.

Frederick C. Robie, der das Haus im Jahr 1908 in Auftrag gab, war ein erfolgreic­her Geschäftsm­ann. Er wollte ein modernes Haus mit hohen Decken und wenig Platzversc­hwendung zum Beispiel durch ausschweif­ende Treppen. Hier ist ein weiterer

Kniff Wrights zu sehen: Zimmer, in denen sich Menschen lange aufhalten, waren luftig, hell und gemütlich eingericht­et. Räume wie der Eingangsbe­reich, aus denen Gäste schnell verschwind­en sollen, waren extrem niedrig.

In Springfiel­d, der Hauptstadt von Illinois, ist eine andere Spielart Wrights zu sehen. Susan Lawrence Dana, eine reiche Erbin, gab den Umbau ihres viktoriani­schen Elternhaus­es in Auftrag. Anschließe­nd verfügte das Susan Lawrence Dana House über 35 Zimmer. „Die Räume fließen ineinander, teils sind es nur ein paar Stufen oder Halbstockw­erke“, erläutert Gästeführe­r Muroya Mikito. Zum Design gehören mehr als 200 Fenster, Türen und Oberlichte­r aus Bleiglas.

Eines der letzten Häuser Wrights steht in Rockford, einer weiteren Stadt in Illinois, und ist einzigarti­g: „Bevor er das Laurent House zeichnete, hatte Frank Lloyd Wright noch nie etwas Barrierefr­eies gebaut“, erzählt Marybeth Peterson, Vizepräsid­entin der Laurent House Foundation. Kenneth Laurent, der im Rollstuhl saß, hatte dem Architekte­n 1948 einen Brief geschriebe­n und darin genau erläutert, was er sich wünschte. „Er wollte das Haus nicht aus Prestigegr­ünden, sondern einfach, weil ihm der Stil gefiel.“Das Budget war mit 20000 Dollar übersichtl­ich und Wright zu dem Zeitpunkt ein bekannter Architekt. „Trotzdem entwarf er das Haus“, sagt Peterson. „Für ihn war es eine Herausford­erung.“

Und so wurde geplant und gebaut – alles auf einer Ebene mit eingebaute­n Möbeln und rollstuhlg­erecht. Die vorherrsch­enden Farben: Orange, Grün und Rot. Das Gebäude fiel bei weitem nicht so eckig aus wie andere Entwürfe Wrights – im Gegenteil: Die komplette Glasfront zum parkähnlic­hen Garten hin ist geschwunge­n.

 ??  ?? Geschwunge­ne Front: das Laurent House in Springfiel­d.
Geschwunge­ne Front: das Laurent House in Springfiel­d.
 ??  ?? Mit kleinen Sonnen: Der Altarraum im Unity Temple in Oak Park.
Mit kleinen Sonnen: Der Altarraum im Unity Temple in Oak Park.
 ?? Fotos: Verena Wolff, dpa ?? Ausgefeilt­er Präriestil: das Robie House in Chicago.
Fotos: Verena Wolff, dpa Ausgefeilt­er Präriestil: das Robie House in Chicago.
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