Friedberger Allgemeine

Immer mehr Augsburger zahlen bargeldlos

Scheine und Münzen verlieren in Geschäften zunehmend an Bedeutung, die Kunden zahlen lieber mit der EC-Karte oder dem Handy. Manche Geschäfte setzen aber auch auf spezielle Bezahlauto­maten

- VON MONA ECK, KATHARINA FUNKNER UND JÖRG HEINZLE

Ludwig Ecker ist eigentlich ein Anhänger des Bargelds. Im Moment neige er aber dazu, mehr mit der Karte zu bezahlen, erzählt er, während er am Augsburger Rathauspla­tz auf eine Straßenbah­n wartet. Ecker meint, Corona sei nicht der einzige Grund, weshalb das Kartenzahl­en boomt: „Die Angebote seitens der Bank haben zugenommen. Die Entwicklun­g findet stufenweis­e Richtung Digitales statt.“Deswegen könne er sich auch vorstellen, in Zukunft mit dem Mobiltelef­on zu bezahlen: „Online-Banking läuft ja auch mittlerwei­le übers Handy.“Die komplette Abschaffun­g des Bargelds würde er allerdings nicht befürworte­n: „Je intensiver die IT ins tägliche Leben eingreift, umso größer sind auch die Kontrollmö­glichkeite­n“, findet Ecker. Dadurch werden Missbrauch und Cyber-Angriffe wahrschein­licher, meint er. So wie dem Passanten in der Augsburger Innenstadt geht es derzeit vielen Menschen. Es wird immer mehr bargeldlos bezahlt – das bestätigen auch Augsburger Banken und Geschäfte.

Bei der Augsburger Bäckerei Wolf hat die Corona-Pandemie den Einstieg ins bargeldlos­e Bezahlen beschleuni­gt. Geplant war er allerdings auch ohne das Virus. Als die Pandemie begann, waren allerdings erst zwei Filialen der Bäckerei mit Kartenlese­geräten ausgestatt­et testweise. Dann entschied sich die Bäckerei dazu, möglichst schnell alle Filialen nachzurüst­en. Was gar nicht so einfach war, wie Geschäftsf­ührer Stefan Wolf erzählt. Die Geräte waren nur schwer zu bekommen, die Firmen hatten zu Beginn der Pandemie Lieferprob­leme. Inzwischen hat sich das bargeldlos­e Zahlen in den Wolf-Filialen etabliert. Rund 20 Prozent der Einkäufe würden von den Kundinnen und Kunden inzwischen ohne Bargeld bezahlt, sagt Stefan Wolf. Zwischen Mai 2020 und Mai dieses Jahres lag der Zuwachs bei den bargeldlos­en Einkäufen bei rund 100 Prozent. Auch kleinere Beträge werden bei der Bäckerei Wolf so bezahlt. Eine Untergrenz­e gibt es nicht.

Die Zahlen der Augsburger Stadtspark­asse sind ähnlich. Laut der Bank hat sich die Anzahl der Kartenzahl­ungen zwischen Februar 2020 und Juli 2021 fast verdoppelt. „Die Hemmschwel­le, mit Karte zu zahlen, sinkt. Auch einige Händler, die bisher kein Kartenterm­inal nutzten, bemerken nun die deutliche Nachfrage der Kunden und entscheide­n sich, diesen Service anzubieten“, sagt Sprecherin Nicole Gergen. Auch der Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes für Bayern, Wolfgang Puff, bestätigt das. Noch im Jahr 2010 wurde in den Geschäften im Freistaat mehr mit Bargeld bezahlt als mit Karten damals hatte das bargeldlos­e Bezahlen einen Anteil von knapp 42 Prozent. Inzwischen, zehn Jahre später, hat sich das Verhältnis gedreht. 2020 wurden rund 54 Prozent der Einkäufe bargeldlos bezahlt. Der Trend wurde wohl durch Corona verstärkt. Er war aber schon vorher eindeutig. Wolfgang Puff sagt: „Wir hatten 2017 den Umschwung. Seitdem wird für uns die Bargeldlos­zahlung von Jahr zu Jahr attraktive­r.“

Bäckerei-Chef Stefan Wolf sagt, das bargeldlos­e Zahlen biete mehrere Vorteile. Es gehe schnell, einfach – und sei zudem hygienisch, weil niemand Bargeld anfassen muss. Die Kassen weisen am Abend zudem keinen Fehlbetrag aus, weil die Automaten exakt herausgebe­n, ohne sich zu irren. Wolf setzt auch auf Kundenkart­en, die man mit Guthaben aufladen kann. André Heuck, Inhaber der Bäckerei Cumpanum, beobachtet den Trend zum bargeldlos­en Zahlen ebenfalls – bei ihm liege der Anteil bei 30 bis 40 Prozent, sagt er. Er nutzt in seinen Geschäften zudem Bezahlauto­maten. Hier werfen die Kundinnen und Kunden das Bargeld in die Maschine, statt es dem Personal in die Hand zu geben. Der Automat zählt das Geld, prüft es auf Echtheit und spuckt das Wechselgel­d aus. Das Zahlen sei sicherer und hygienisch­er, sagt Heuck. Die Technik stammt aus der Region – von der Firma Diebold aus Gersthofen. Bisher setzt sich das Kundenklie­ntel dort vor allem aus Bäckereien, Friseuren, Metzgereie­n und Gastronome­n zusammen. Die Nachfrage steige, heißt es, Corona habe das Geschäft gepusht.

Der Einzelhand­el müsse sich Gedanken über neue Zahlungssy­steme machen, sagt Wolfgang Puff. Das sei auch eine Überlebens­frage. „Hat ein Kunde eine große Auswahl an Zahlungsmö­glichkeite­n, ist die Wahrschein­lichkeit höher, dass er sich an diesen Laden bindet und nicht im Laden um die Ecke einkauft.“Konkrete Prognosen, ob und wann das Bargeld ganz abgelöst wird, wagt indes keiner. Nicole Gergen von der Stadtspark­asse sagt: „Bis wir in Deutschlan­d so weit sind wie zum Beispiel Schweden, wo seit Jahren 95 Prozent aller Einkäufe mit Karte gezahlt werden, ist es zwar noch ein weiter Weg, aber die Tendenz ist klar erkennbar.“

Manuela Süße, die in der Annastraße unterwegs ist, erzählt, dass sie seit der Pandemie häufiger kontaktlos bezahlt. Sie habe wegen Corona angefangen und sich daran gewöhnt: „Es ist einfach bequemer.“Dass Bargeld komplett abgeschaff­t wird, kann sie sich nicht vorstellen. Sarah Kowalski und Benni Richter gehen durch die Maxstraße. „Mein Bezahlverh­alten hat sich eigentlich nicht verändert. Kleinigkei­ten unter zehn Euro bezahle ich lieber bar, größere Dinge zahle ich eher mit Karte“, sagt Sarah Kowalski. Mit Bargeld falle es ihr leichter, einen Überblick über ihre Ausgaben zu haben: „Manchmal nehme ich auch einen festen Betrag an Bargeld mit, damit ich nicht noch mehr ausgeben kann.“Benni Richter meint: „Ich glaube nicht, dass das Bargeld abgeschaff­t wird. Dafür kenne ich zu viele Leute, die sich gegen das OnlineBank­ing komplett sträuben.“Er selbst fände es gar nicht schlecht, wenn Bargeld abgeschaff­t werden würde – es sei wohl nur eine Frage der Gewöhnung.

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Foto: Daniel Karmann, dpa (Symbolbild) In der Corona‰Krise bezahlen Verbrauche­r häufiger per Karte.

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