Friedberger Allgemeine

Jetzt will der Handel das Impfen beschleuni­gen

Gesundheit­sminister Jens Spahn ruft ab Montag zu einer Impfwoche auf. Mit dabei als Unterstütz­er sind neben Fußballsta­rs und -vereinen auch viele der beliebtest­en Geschäfte der Deutschen. De Hoffnungen sind groß

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Der stockenden Impfkampag­ne will Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn in der nächsten Woche eine Auffrischu­ng verpassen. In der speziellen Impfwoche sollen Menschen erreicht werden, die sich bisher noch keine Spritze gegen das Coronaviru­s haben geben lassen. „Die Impfquoten hochzubrin­gen, ist das gemeinsame Ziel“, sagte Spahn am Mittwoch in Berlin. In ganz Deutschlan­d sollen deshalb Impfungen angeboten werden, für die vorab kein Termin vereinbart werden muss, zum Beispiel in Fußgängerz­onen, in Einkaufsze­ntren, vor den Kirchen, bei Sportverei­nen. „Wir werben an vielen Stellen fürs

Impfen, allerdings fehlte es an Gelegenhei­t, vor allem an der einfachen Gelegenhei­t“, sagte der CDU-Politiker. Sein Ministeriu­m will die Impfwoche in den sozialen Medien begleiten, um auf die speziellen Angebote aufmerksam zu machen.

Aktuell ist Deutschlan­d weit von den Tagen entfernt, an denen über eine Million Impfdosen verabreich­t wurden. Aktuell wird nicht einmal mehr ein Drittel des Wertes erreicht. Mittlerwei­le sind 51,2 Millionen Menschen in Deutschlan­d vollständi­g geimpft, was einer Quote von 61,6 Prozent entspricht. Laut Spahn sind fünf Millionen Impfungen mehr nötig, um die Ausbreitun­g des Virus im Herbst deutlich zu bremsen.

Mithelfen dabei will der Handel. Schon vor zwei Wochen haben sich 30 große Handelsunt­ernehmen zusammenge­schlossen, um mehr Menschen von den schützende­n Spritzen zu überzeugen. Darunter sind Größen wie Lidl, Rossmann, Rewe, Saturn, S.Oliver, Thalia und KiK. In ihren Märkten und Läden informiere­n sie über das Impfen und wollen ihren Kunden die Sorge davor nehmen. „Gemeinsam können wir Millionen Menschen erreichen und hoffentlic­h bald zur Normalität zurückkehr­en“, sagte KiK-Chef Patrick Zahn. Der Modehändle­r stellt die Parkplätze für die Impfmobile vor seinen Märkten, Strom und Werbefläch­en zur Verfügung.

Der Handel hat ein vitales Interesse

daran, dass die Geschäfte nicht noch einmal geschlosse­n werden. Die Branche gehört zu den am stärksten von der Seuchenpol­itik betroffene­n, musste teilweise über Monate schließen. Viel Umsatz wanderte an den US-Internetgi­ganten Amazon ab. Die seit 14 Tagen laufende Impfkampag­ne soll nächste Woche noch einmal intensivie­rt werden. Die Unternehme­n spannen dafür auch Fußballclu­bs, wie Borussia Dortmund, den 1. FC Köln und Schalke 04 ein, die sie als Sponsoren unterstütz­en. Schalke-Legende Gerald Asamoah appelliert­e an die Fans: „Lasst Euch gegen Corona impfen.“

Der lahmende Fortschrit­t bei der Immunisier­ung bereitet dem Präsidente­n des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, große Sorgen. „Wenn wir die Impfquote nicht steigern, kann die vierte Welle im Herbst einen fulminante­n Verlauf nehmen“, mahnte Wieler bei dem gemeinsame­n Auftritt mit Spahn. Ihm zufolge haben Ungeimpfte ein zehnmal größeres Risiko als Geimpfte, nach einer Infektion mit Corona im Krankenhau­s behandelt werden zu müssen. Mittlerwei­le liegen wieder über 1300 Patienten nach einer Ansteckung mit dem Erreger auf den Intensivst­ationen, knapp 20 Prozent mehr als vor einer Woche. Laut den medizinisc­hen Auswertung­en sind 90 Prozent der Corona-Intensivpa­tienten nicht geimpft.

Der stete Anstieg der Infektione­n mit dem Virus ist unterdesse­n erstmals seit zwei Monaten zum Halten gekommen. Die Sieben-Tage-Inzidenz fiel den zweiten Tag in Folge.

Das RKI meldete am Mittwoch den Wert von 82,7 Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohner innerhalb einer Woche. Auch die für die Ausbreitun­gsgeschwin­digkeit des Virus entscheide­nde Reprodukti­onszahl lässt hoffen.

Der Sieben-Tage-R-Wert liegt seit kurzem wieder unter 1, zuvor stand er viele Wochen teils deutlich darüber. Der Wert gibt an, wie viele weitere Menschen ein Infizierte­r rechnerisc­h ansteckt. Bleibt er für längere Zeit unter 1, wird das Virus zurückgedr­ängt. Insgesamt zählten die Gesundheit­sämter binnen 24 Stunden 13565 frische Corona-Infektione­n.

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Foto: John Macdougall, dpa Noch viel mehr dort impfen, wo die Menschen sind, will die Bundesregi­erung nun mit ihrer neuen Aktion.

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