Lernen, mit dem Virus zu leben
Die von der Corona-Pandemie geplagten Deutschen müssen wohl ein neues Wort lernen. Es gibt nunmehr nicht nur eine Impfmüdigkeit, sondern auch eine Impfkampagnenverdrossenheit. Das ist jedenfalls das Gefühl, das nach der jüngsten Pressekonferenz zurückblieb, auf der Gesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Lothar Wieler zum x-ten Male für das Impfen warben. Ganz klar: Das Thema ist ernst, und es soll auch weiterhin geimpft werden. Aber die Art, wie die Politik damit umgeht, nervt mittlerweile ungeheuer. Denn mal ehrlich: Wer sich bis heute nicht hat impfen lassen, der wird sich durch Spahns gebetsmühlenartig vorgetragene Bitte auch nicht dazu bewegen lassen. Die vom Minister angekündigte Impfaktionswoche dürfte eine ähnliche geringe Wirkung haben und die Quote von knapp 62 Prozent Doppelgeimpften nicht nennenswert erhöhen. Selbst RKIChef Lothar Wieler, der einen aufopferungsvollen Job erledigt, macht mit seiner ständigen Mahnung, die Pandemie sei „noch nicht vorbei“, aus Impfgegnern keine Impfbefürworter. Mittlerweile sind die Willigen doppelt geimpft und die Impffaulen hinreichend bedient. Mit Bratwürsten und Theatertickets als Lockmittel beispielsweise. Es fehlt an Fantasie, wie das Impfen noch einfacher gemacht werden kann. Helfen könnte es allenfalls noch, wenn sich mehr Vorbilder immunisieren lassen würden: Spitzensportler, Theaterleute oder sogenannte Influencerinnen. Aber vor allem muss die Politik eine ganz neue Kampagne starten. In Zukunft sollte vermittelt werden, wie man der Realität ins Auge blickt und mit dem Virus lebt.