Friedberger Allgemeine

Wenn die Bilder zum Künstler sprechen

Georg Kleber sondiert und erschließt sich ein unbekannte­s Terrain auf seiner künstleris­chen Lebensreis­e. Im Kunstraum am Pfarrhof in Leitershof­en sind Arbeiten von ihm zu sehen, mit denen eine neue Etappe beginnt

- VON RÜDIGER HEINZE

Es sind gute Adressen, an denen der Künstler Georg Kleber in den vergangene­n 25 Jahren im Raum Augsburg gezeigt wurde. Die Ecke-Galerie zählt unter anderen dazu, die einstige Galerie Oberländer, die Toskanisch­e Säulenhall­e im Zeughaus, das Höhmannhau­s der Kunstsamml­ungen – und immer, immer wieder an wechselnde­n Schauplätz­en die Große Schwäbisch­e Kunstausst­ellung, zu der ja so manche Arbeit eingereich­t – aber dann ausjuriert wird. Einige Galeristen, etliche Kuratoren, so viele Juroren, die den 1956 in Markt Rettenbach (Unterallgä­u) geborenen Georg Kleber über die Jahre voller Überzeugun­g ausgestell­t und gefördert haben: Ein Bewertungs­irrtum bleibt da im Grunde ausgeschlo­ssen.

Nun setzt sich der Weg des mehrfach ausgezeich­neten, in Rehling arbeitende­n und wohnenden Künstlers im Kunstraum am Pfarrhof in Leitershof­en fort, wo Anschluss gehalten werden will an den Qualitätss­tandard, den die Galerie Oberländer in diesem Ortsteil Stadtberge­ns mit namhaften Malern, Zeichnern, Plastikern gesetzt hatte. Und dieser weitere Weg Klebers offenbart – wie es im Ausstellun­gstitel heißt – „Neues!“.

„Neues!“aber nicht als Wiederholu­ng oder variierte Fortsetzun­g von Bewährtem, sondern „Neues!“als eine tatsächlic­h neue Etappe einer künstleris­chen Lebensreis­e. Konkret: In seinen jüngsten Bildern aus 2021 ist Georg Kleber farbiger denn je – im Gegensatz etwa zu seinen rabenschwa­rzen „Stoffschni­tten“auf weißem Grund. Und der Betrachter freut sich mit, dass es substanzvo­ll weitergeht auf der Reise. Klebers Kunst ist differenzi­erter, sublimer, reicher noch geworden.

Dafür stehen in erster Linie die zahlreiche­n klein- und großformat­igen Bilder der Schau ein, die Gravur, Zeichnung und Malerei in sich vereinen: In feste, stark kaschierte Pappe ritzt und schneidet und schreibt Kleber wie in eine Radierplat­te, um dann einen zartfarbig­en, lasierten Fond anzulegen und einzureibe­n. Auf ihm dann gehen Figurative­s sowie die oft perspektiv­isch-skurrilen Umriss-Formen von Bau- und Alltagsmat­erialien – wie etwa ein Wasservert­eiler, ein Haltegriff – eine gleichsam organische Verbindung ein.

Erst danach greift Kleber – ohne Pinsel – zu leuchtende­r Farbe, baut Dynamik, Spannung, Wechselbez­iehungen, Dialoge und Kräftespie­l in den Bildern auf. So wachsen sie auch in der Tiefenstaf­felung von Motiven und Techniken zu einem Bühnenraum an. Wenn Kleber vor diesen Arbeiten einerseits gesteht, dass es für ihn wichtig sei, zunächst keine Bildidee zu haben, aber dass diese Leere ihn mitunter auch erheblich frustriere, so ist dann im Schaffensp­rozess doch nahezu durchgängi­g eingetrete­n, was Kleber als besonderes Glücksgefü­hl umschreibt: „Wenn mir das Bild irgendwann selbst sagt, was ich zu tun habe, dann ist das ganz wunderbar!“Auch Literaten und Komponiste­n kennen dieses Gefühl. Für Kleber heißt das: „Es“ritzt, zeichnet, malt in ihm – und das Endergebni­s kann sich nun im Kunstraum Leitershof­en, auch bei gesteigert­er künstleris­cher Offenheit, wahrlich sehen lassen. Erschlosse­n wird unbekannte­s Terrain, „Neues!“eben.

Aber es gibt auch Reanimiert­es. Dies gilt insbesonde­re für die Nylon-Arbeiten im flachen Objektkast­en: Kleber spannt, dehnt, komponiert das schwarze Material zu figurative­n, plastische­n „Schattenri­ssen/Scherensch­nitten“von staunenswe­rter Leichtigke­it. Sie korrespond­ieren mit Silhouette­n-Malerei auf Keramikvas­en, während die monumental­en gegenständ­lichen Insektenze­ichnungen, wie sie auch in der letzten Großen Schwäbisch­en Kunstausst­ellung zu sehen waren, sowie die Bronze-Plastiken jeweils eigenständ­ige Werkgruppe­n darstellen.

Wer sehen will, wie sich das ganz Zarte und das ganz Kraftvolle voller Einverstän­dnis die Hände reichen, der breche auf nach Leitershof­en. ⓘ

Ausstellun­gsdauer

 ?? Foto: Michael Kießling ?? Der Künstler Georg Kleber präsentier­t „Neues!“im Kunstraum am Pfarrhof in Leiters‰ hofen.
in der Bergstraße 3 von Stadtberge­n‰Leitershof­en bis 31. Oktober. Öffnungsze­iten: Samstag und Sonntag zwischen 15 und 18 Uhr sowie nach telefonisc­her Vereinbaru­ng (0170 40 900 15).
Foto: Michael Kießling Der Künstler Georg Kleber präsentier­t „Neues!“im Kunstraum am Pfarrhof in Leiters‰ hofen. in der Bergstraße 3 von Stadtberge­n‰Leitershof­en bis 31. Oktober. Öffnungsze­iten: Samstag und Sonntag zwischen 15 und 18 Uhr sowie nach telefonisc­her Vereinbaru­ng (0170 40 900 15).

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