Friedberger Allgemeine

Der schrecklic­h liebe Pedant im Freibad

Kino Erfolgsreg­isseur Marcus H. Rosenmülle­r präsentier­t seine neue Komödie „Beckenrand Sheriff“im Lechflimme­rn. Für Schwimmmei­ster Karl belebte er die turbulente Komik eines Louis de Funès. Dabei behält er durchaus Tiefgang

- VON ALOIS KNOLLER

Wie viele selige Tage als Kinder und Jugendlich­e haben wir alle im Freibad verbracht! Hier gab es Lebensfreu­de pur: das Planschen im Wasser, die Liegewiese, der Kiosk mit Eiscreme und Pommes. Mutproben und erste Flirts fanden hier statt. All das packt der bayerische Erfolgsreg­isseur Marcus H. Rosenmülle­r in seinen neuen Kinofilm „Beckenrand Sheriff“. Zum Filmstart kam er am Mittwochab­end selber ins Lechflimme­rn im Plärrerbad und war zu Tränen gerührt, als ihm zum Abspann der herzlich-kräftige Applaus von 750 Zuschauern entgegenbr­andete. „Für uns Filmemache­r gibt es nix Schöneres als so ein Publikum …“

Rosenmülle­r, einst mit „Wer früher stirbt ist länger tot“gestartet, ist wieder ganz in seinem Element, der turbulente­n Komödie, die keinen Gag auslässt und doch immer nah am Tragischen entlang taumelt. Der Bademeiste­r, pardon: Schwimmmei­ster, so sein Ausbildung­sberuf, gibt dafür eine ideale Figur ab. Die strenge Aufsicht am Beckenrand ist nicht leicht ein Sympathiet­räger. Er gilt als Spaßverder­ber und unerbittli­cher Aufpasser. Hat er auch eine weiche Seite?

Bei dem pedantisch­en Schwimmmei­ster Karl Kruse (Milan Peschel) im Freibad Grubberg hätte das kei

vermutet. Bis eines Tages die Bürgermeis­terin (Gisela Schneeberg­er) findet, das Bad sei zu alt und zu teuer und muss geschlosse­n werden. Für Karl bricht eine Welt zusammen. Hat er nicht genug Scherereie­n mit seinen eigenwilli­gen Badegästen und mit Sali (Dimitri Abold), dem jungen Nigerianer, der ihm als Azubi aufs Auge gedrückt wurde. Der Kerl kann ja nicht einmal schwimmen! Aber unschlagba­r fängt er alle

Bälle, die aufs Tor der schlappen lokalen Wasserball­mannschaft prasseln. Für die spröde Trainerin Silke Wilhelm (Johanna Wokalek) ist Sali ihr Mann. Doch so leicht ist das alles gar nicht, immer wieder verhagelt es das aufkeimend­e Glück am Beckenrand. Für ein Happy End müssen alle ihr Bestes geben, um starke Widerständ­e zu brechen.

In das Drehbuch des Newcomers Marcus Pfeiffer hat sich Rosenmülne­r ler sofort verliebt. „Es ist sehr lustig geschriebe­n. Zugleich gefällt mir daran, dass tiefere Themen verhandelt werden. Man fühlt sich gut unterhalte­n und weiß trotzdem, dass es um Wichtiges geht“, sagt der Regisseur. In seiner eigenen Handschrif­t hat Rosenmülle­r dann noch das Lustige auf die Spitze getrieben und das Ernste klar gemacht. „Gute Komödien sollten auch eine Haltung und eine Botschaft haben“, betont er.

In erster Linie soll sein Film Spaß machen und die Leute zum Lachen bringen. „Liebe, Freundscha­ft und Solidaritä­t sind Werte, die man genauso mit Klamauk herüberbri­ngen kann.“Rosenmülle­rs Vorbild war der französisc­he Komiker Louis de Funès, der überdrehte Pedant, der damit stets auf den Bauch fällt. Als Beckenrand-Sheriff bleibt Milan Peschel der Rolle nichts schuldig, doch hinter der rauen Schale schlägt ein warmes, romantisch­es Herz. „Milan spielte großartig und traute sich, das Overacting mitzumache­n.“

Rosenmülle­r greift unbekümmer­t in die Trickkiste der Klassiker, setzt waghalsige Stunts vom Feinsten ein und geizt nicht mit Spezialeff­ekten. Voll dreht er beim Slapstick auf. Da donnert Sali mit dem Rasentrakt­or über die Tribünenst­ufen und kippt ins Becken. Oder der Nigerianer äfft auf Bairisch die pflichtbef­lissene Polizei nach: Ham ma! Sam ma! Alle kriegen ihr Fett ab: die machtgeile Bürgermeis­terin, der renditegie­rige Bauunterne­hmer Albert Dengler (Sebastian Bezzel), der weltverges­sene Feingeist vom Naturschut­z (Rick Kavanian), auch der selbstverl­iebte Reporter vom Lokalferns­ehen (Rocko Schamoni). Nur Lisa (Sarah Mahita), die junge, verhindert­e Rekordschw­immerin, hat keine Schatten und wird zur Glücksfee für den wassersche­uen Sali.

Augsburg ist für Marcus H. Rosenmülle­r ein Heimspiel. Nirgends laufen seine Kinofilme besser, sein Premierenb­esuch ist ein Muss. Diesmal umso lieber, weil die aus Augsburg kommende Produzenti­n Julia Rappold den Buchautor und den Filmemache­r zusammenge­bracht hat. Die Augsburger Fans hielten ihn nach der Vorstellun­g noch lange auf der Kinowiese fest.

Gedreht hat er „Beckenrand Sheriff“übrigens mitten in der CoronaZeit unter strengen Bedingunge­n. „Die ganze Crew wurde alle zwei Tage getestet und bestimmte Teams durften nie zusammen am Set arbeiten“, erzählt Rosenmülle­r. „Bei den Massenszen­en war das ein riesiger Aufwand.“Trotzdem sei die Produktion für alle Beteiligte­n heilsam gewesen: „Die Dreharbeit­en haben jedem gutgetan.“Und er selbst habe einfach wieder Lust auf Komödiensp­ielen gehabt. Wie seit eh und je.

 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Regisseur Marcus H. Rosenmülle­r vor einem Plakat seines neuen Kinofilms „Becken‰ rand Sheriff“, den er im Lechflimme­rn präsentier­te.
Foto: Siegfried Kerpf Regisseur Marcus H. Rosenmülle­r vor einem Plakat seines neuen Kinofilms „Becken‰ rand Sheriff“, den er im Lechflimme­rn präsentier­te.

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