Rafal Gikiewicz
Nein, so richtig großstädtisch wirkt das alles nicht. Die ersten drei Ligaspiele hat die Hertha aus Berlin verloren, das bisher letzte klar mit 0:5 gegen die Bayern. Dass dann die Nerven ein wenig blank liegen, wundert nicht weiter. Nach der jüngsten Blamage in München gab Trainer Pal Dardai, der schon den Klassenerhalt als halbes Wunder bezeichnet hat, zu Protokoll, dass die Leistung beschämend gewesen und man psychologisch nicht in der besten Lage sei. Dem widersprach umgehend Hauptgeschäftsführer Carsten Schmidt und rüffelte vor laufenden Kameras den Übungsleiter: „Ich finde, dass wir gegen Wolfsburg und Köln nicht in der Psychologie die Defizite hatten, sondern teilweise in der Taktik und teilweise auch in der Bereitschaft.“Nachdem sich auch Sportdirektor Arne Friedrich meldete und meinte, „Wir werden die Länderspielpause nutzen, uns neu ausrichten, und die richtigen Erkenntnisse ziehen!“und sich daraufhin Investor Lars Windhorst für die klaren Worte bedankte, konnte man fast davon ausgehen, dass die Hertha sich in der Länderspielpause um einen neuen Trainer kümmern würde.
Auch in Sachen Transfers macht man zuletzt keine gute Figur. Man ließ zugegebenermaßen schwierige Typen wie die
Stürmer Matheus Cunha und Dodi Lukebakio ziehen, sportlich gleichwertiger Ersatz wurde aber nicht gefunden. Am letzten Tag der Transferperiode unterhielt die Alte Dame dann die Fußballnation mit einer besonderen Posse: Die Social-Media-Redaktion des Vereins wollte am Deadline Day mit einem Ladebalken anzeigen, zu wie viel Prozent Herthas Transfers abgewickelt sind – nach der Verpflichtung von Myziane Maolida stand der Balken früh am Tag bei 22 Prozent. Rechenfreudige Hertha-Fans erwarteten also noch vier, fünf Zugänge, doch es tat sich – nichts. Immerhin: BayernLegende Franck Ribery, mittlerweile stolze 38 Jahre alt, hätte man wohl um ein Haar verpflichtet. Der Franzose entschied sich dann aber doch für Salernitana, Aufsteiger in die Seria A. Letztendlich glättete Geschäftsführer Fredi Bobic, der sich seinen Einstand beim Hauptstadtklub sicherlich etwas ruhiger gewünscht hat, die Wogen. Für ihn gilt: Nach der Länderspielpause geht die Saison erst richtig los. Die Mannschaft aus dem großen B startet also gegen die Mannschaft aus dem kleinen B: Die Hertha gastiert am Sonntag in Bochum. Der Aufsteiger aus dem Ruhrgebiet hat bisher gegen Wolfsburg und Köln knappe Niederlagen hinnehmen müssen, einmal konnte das Team von Ex-FCA-Profi Thomas Reis drei Punkte gegen Mainz einfahren.