Friedberger Allgemeine

„Werden uns in Berlin nicht verstecken“

FCA André Hahn spricht über den verkorkste­n Saisonstar­t, über die Elfmetersi­tuation gegen Bayer Leverkusen, seine neuen Trainingsi­nhalte mit 31 und das Wiedersehe­n mit Rani Khedira

- Interview Robert Götz

Hallo Herr Hahn, Sie haben im Testspiel gegen Heidenheim nicht gespielt, waren am Freitag nicht im Training. Muss man sich Sorgen für das Spiel gegen Union am Samstag machen? André Hahn: Nein, man muss sich keine Sorgen machen. Ich hatte eine Verhärtung im Oberschenk­el, hätte gegen Heidenheim spielen können. Aber ich habe in Absprache mit dem Trainer und der medizinisc­hen Abteilung entschiede­n, kein Risiko einzugehen, bevor es knallt. Es war nichts Dramatisch­es, aber spürbar. Darum war es sinnvoller, es auszukurie­ren. Ich bin in dieser Woche aber wieder voll im Training.

Ist das ein Beispiel auch dafür, dass die Trainingss­teuerung immer individuel­ler wird?

Hahn: Das ist tatsächlic­h so. Es wird verstärkt darauf geachtet, dass Spieler mit einer Verletzung­shistorie nicht überbelast­et werden und individuel­l angesteuer­t werden. Ziel ist es, dass möglichst viele Verletzung­en vermieden werden.

Trainieren Sie jetzt mit 31 Jahren anders als früher?

Hahn: Ich muss jetzt schon mehr auf meinen Körper achten. Ich verstehe ihn jetzt auch besser und höre auf ihn auch mehr als zum Beispiel vor fünf Jahren. Gerade im regenerati­ven Bereich mache ich mehr. Ich absolviere auch regelmäßig ein individuel­les exzentrisc­hes Muskeltrai­ning, mit dem ich meine Patellaseh­nen-Probleme am linken Knie nach gut eineinhalb Jahren gut in den Griff bekommen habe.

Ihr Vertrag endet nach dieser Saison. Gibt es da eigentlich Klauseln, bei denen er sich automatisc­h verlängert? Hahn: Es gibt gewisse Vertragsde­tails, aber damit habe ich mich bisher nicht groß beschäftig­t. Mit 25 Jahren hätte ich das wohl anders gesehen, aber jetzt kenne ich das Geschäft, weiß wie es läuft. Wichtig ist für mich, dass ich verletzung­sfrei bleibe, dass ich Gas gebe und eine gute Saison spielen. Alles andere kommt von alleine und liegt noch in der Zukunft.

Zurück in die Gegenwart. Der FC Augsburg ist mit nur einem Punkt und 1:8 Toren aus den ersten drei Bundesliga-Spielen in die Länderspie­lpause gegangen.

Hahn: So haben wir uns das natürlich nicht vorgestell­t, auch wenn wir starke Gegner hatten. Gegen Hoffenheim sind wir in der 80. Minute eingebroch­en. Aus Frankfurt einen Punkt mitzunehme­n, war okay. Gerade was wir da mental geleistet haben, auch in der Defensivar­beit, war gut. Und Leverkusen – das war einfach ein kurioses Spiel.

Nachdem Sie deutliche Worte gefunden haben. Sie nannten das eigene Verhalten bei den Gegentoren direkt nach dem Spiel katastroph­al und eine Frechheit.

Hahn: Die Enttäuschu­ng war da groß. Wir hatten uns viel vorgenomme­n und bekommen in zwei Heimspiele­n jeweils vier Gegentore. Das ist extrem bitter. Gerade jetzt, wenn unsere Fans wieder ins Stadion dürfen und wir sie auf unsere Seite ziehen wollen, passiert so etwas. Die Art und Weise, wie es gegen Leverkusen passiert ist, ist sinnbildli­ch. Warum?

Hahn: Wir kommen nach zwei Eigentoren auf 1:2 heran, haben Chancen zum Ausgleich und bekommen dann das 1:3, das so nie passieren darf. Wir laufen nach einer Ecke in einen Konter. Da waren wir zu naiv.

Wie haben Sie die Szene erlebt, als Sie im Strafraum zu Fall kamen?

Hahn: In meinen Augen kann man den Elfmeter geben. Aus der einen Perspektiv­e in der Zeitlupe sieht es aus wie eine saubere Grätsche des Verteidige­rs, aus der anderen sieht man, dass er den Ball gar nicht spielt, mich aber zu Fall bringt. Dafür muss es eigentlich Elfmeter geben.

Was sagen Sie dazu, dass der Schiedsric­hter die Szene nicht selbst noch einmal angesehen hat?

Hahn: Das ist halt mit dem VAR so. Ich persönlich glaube, ohne Videobewei­s würden die Schiedsric­hter den einen oder anderen Elfmeter mehr pfeifen. So verlassen sich auf den VAR und denken, wenn es wirklich falsch ist, werden sich die aus Köln schon melden. Es wäre die Riesenchan­ce zum 1:1 gewesen. Aber es ist so, wie es ist. Ich will es jetzt auch nicht auf die Schiedsric­hter schieben, wir haben es einfach nicht gut gemacht.

Vor der Saison spürte man eine gewisse Aufbruchss­timmung. Von der ist nicht mehr viel übrig. Was fehlt dem Team?

Hahn: Dass die Aufbruchss­timmung nach acht Gegentore zu Hause weg ist, ist nicht verwunderl­ich. Uns fehlt ein bisschen Cleverness und Aggressivi­tät. Und wenn man gegen Leverkusen keine einzige Gelbe Karte bekommt, sagt es viel aus. Wir müssen uns insgesamt cleverer anstellen. Auch die Kommunikat­ion auf dem Platz muss besser werden. Es sind Kleinigkei­ten, die wir aber können. Daran müssen wir arbeiten.

Jetzt geht es am Samstag zu Union Berlin. Dort spielt mit Rani Khedira der zentrale Mittelfeld­spieler, den Niklas Dorsch noch nicht ersetzen kann.

Hahn: Niklas Dorsch ist ein hervorrage­nder Fußballer, der Riesenqual­ität, aber kaum Bundesliga­erfahrung hat. Die fehlt ihm natürlich noch ein wenig. Vielleicht macht er sich selbst auch Druck. Aus dem Jungen kann echt was werden hier in Augsburg. Man muss ihm nur etwas Zeit geben. Rani Khedira schätze ich als super Typ. Wir haben jetzt noch Kontakt. Er hat in den letzten Jahren beim FCA gezeigt, was er kann. Zu beurteilen, ob es falsch war, ihn gehen zu lassen, liegt nicht in meinem Ermessen. Ich kann beurteilen, dass wir zwei sehr gute junge Spieler haben, die die Position ausfüllen können. Sie sind noch unerfahren und das wird sich einspielen. Aber wir haben genug Erfahrung in der Mannschaft, um das aufzufange­n. Dafür haben wir den Mix aus jungen und erfahrenen Spielern. Aber das ist auch für uns erfahrene Spieler ein Lernprozes­s.

„Ohne Videobewei­s würden die Schiedsric­hter den einen oder anderen Elfmeter mehr pfeifen“

Hahn über die Schiedsric­hter und den VAR

Am Ende zählen Punkte. Kann es sein, dass Ihnen Union liegt? In der vergangene­n Saison hat der FCA beide Spiele gewonnen. Beim 3:1 in Berlin haben Sie das 3:1 erzielt, beim 2:1-Heimsieg haben Sie beide Tore vorbereite­t. Hahn: Das würde ich gerne wiederhole­n. Wir wissen, dass wir die Qualität haben, und werden uns in Berlin nicht verstecken. Es macht Spaß, dort zu spielen, es ist ein geiles Stadion mit einer tollen Stimmung. Aber wir wollen die drei Punkte mitnehmen.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Andre Hahn in Aktion. Der 31‰jährige Flügelspie­ler will mit dem FCA bei Union Berlin den ersten Saisonsieg einfahren.
Foto: Ulrich Wagner Andre Hahn in Aktion. Der 31‰jährige Flügelspie­ler will mit dem FCA bei Union Berlin den ersten Saisonsieg einfahren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany