Friedberger Allgemeine

So will die Stadt beim Impfen weitermach­en

Augsburg hat die zweithöchs­te Corona-Inzidenz in Bayern, getrieben auch durch Reiserückk­ehrer. Doch die Impfkampag­ne kommt nur mühsam voran. Welche Angebote aktuell noch gut funktionie­ren

- VON INA MARKS

Immer wieder hatte er überlegt, ob er sich impfen lässt. Jetzt sitzt Mahmut Abderdam tatsächlic­h vor dem Impfmobil in Lechhausen vor dem Grünen Kranz und wartet auf seine erste Spritze. Aus zwei Gründen, wie der 23-jährige gebürtige Syrer sagt: „Ich will ab Oktober wieder ins Fitnessstu­dio gehen und nicht jedes Mal einen Test bezahlen.“Zudem habe er bei Freunden gesehen, dass sie die Impfung gut vertrugen. Knapp über 56 Prozent der Augsburger­innen und Augsburger sind bislang komplett geimpft, die Sieben-Tage-Inzidenz ist zuletzt dennoch enorm gestiegen. Am Donnerstag lag sie bei 162,6 - hinter der Stadt Rosenheim die zweithöchs­te in Bayern. Für die Stadt werden die Bemühungen, Menschen zum Impfen zu bewegen, immer zäher. Deshalb wird demnächst auch ein neuer Impfstando­rt ausprobier­t.

Es geht der Stadt jetzt darum, die Unentschlo­ssenen zu überzeugen. „Die Stadt weist verstärkt auf das Risiko hin, welches Ungeimpfte­n droht“, berichtet der städtische Impfkoordi­nator Bernhard Maurmeir. Derzeit seien 90 Prozent der von einer Covid-Erkrankung Betroffene­n ungeimpft und nahezu alle auf der Intensivst­ation liegenden Personen nicht oder nicht vollständi­g geimpft. Weil die Impfungen bundesweit stagnieren, rief Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) unlängst zu einer Aktionswoc­he mit niederschw­elligen Impfangebo­ten auf. Diese bietet die Stadt Augsburg in Zusammenar­beit mit der Firma Bäuerle bereits seit etlichen Wochen an. Aus den Erfahrunge­n, was gut läuft und was nicht, habe man gelernt, sagen Maurmeir und der Leiter des Impfzentru­ms Stephan Hampel.

Demnach würden, neben dem Impfzentru­m in Haunstette­n, die mobilen Impfstatio­nen in Oberhausen und Lechhausen so gut angenommen, dass sie auch in den nächsten Wochen dort zur Verfügung stünden - auch um dort die Zweitimpfu­ngen anzubieten. Bis zum Ende voriger Woche hatten sich in Oberhausen an bislang 23 Tagen 1668 Menschen impfen lassen, in

Lechhausen waren es 1429 in 17 Tagen. Erfolgreic­h laufe auch die Impfstatio­n auf dem Plärrergel­ände mit bislang 1457 Geimpften an 20 Tagen. Bis zum 12. September, so lange dauert der Vergnügung­spark, könne man sich dort immunisier­en lassen. „Der Plärrer ist ein Phänomen, dort kommen bis zu 140 Menschen an einem Tag und stehen an“, beobachtet Hampel. Auch der Stadtmarkt und die Sonderakti­on im Fußballsta­dion des FCA kamen demnach mit jeweils knapp 1100 Personen gut an. Einzelne Impftage, wie an der Universitä­t oder bei den Stadtwerke­n, blieben jedoch erfolglos. Sie soll es nicht mehr geben.

Man habe gelernt, so Hampel und Maurmeir, dass Einzelakti­onen nicht ziehen. Je länger man hingegen an einem Standort präsent sei, desto mehr spreche sich das herum. So war es auch bei Mahmut Abderdam. Freunde hätten ihm erzählt, dass das Impfen in Lechhausen schnell und ohne lange Wartezeite­n gehe, so der Syrer. In den Stadtteile­n wie Oberhausen und Lechhausen, wo ein hoher Anteil an Bürgerinne­n und Bürgern mit Migrations­hintergrun­d leben, sieht die Stadt noch Luft nach oben beim Impfen. Zuletzt sind viele Reiserückk­ehrer nach Augsburg, die zuvor in den Ferien ihre Familien in der Türkei oder im Kosovo besucht hatten, infiziert zurückgeko­mmen, weil sie nicht geimpft waren. Unter diesen Erkrankten hat das städtische Gesundheit­samt nun gezielt eine Umfrage gemacht, sagt Thomas Wibmer,

stellvertr­etender Leiter des Amtes.

Heraus kam, „dass die meisten befragten Personen mit Migrations­hintergrun­d kommunikat­iv erreicht wurden und sich gut über die Impfangebo­te informiert fühlen“, erklärt Wibmer. Das zeige auch, dass sich ein Großteil der bislang Ungeimpfte­n bewusst dagegen entschiede­n habe. „Dabei lehnt ein geringer Teil die Impfung grundsätzl­ich ab. Viele haben unterschie­dliche persönlich­e Gründe, sich nicht impfen zu lassen, oder akzeptiere­n das persönlich­e Risiko einer Covid-19-Erkrankung.“Die Stadt informiert indes weiter auf unterschie­dlichsten Kanälen und in allen relevanten Sprachen, betont Bildungsre­ferentin und Bürgermeis­terin Martina Wild (Grüne). Auch über die sogenannte­n „Corona-Scouts“, Vertreteri­nnen und Vertreter auch migrantisc­her Vereine, stehe man mit den jeweiligen Gemeinscha­ften in Verbindung. Frank Plamboeck, der die Stadt am Impfzentru­m vertritt, beobachtet, dass gerade bei Migrantinn­en und Migranten viel über Mundpropag­anda läuft: „Etliche kommen zunächst alleine vorbei, um die Lage zu sondieren. Dann erst bringen sie ihre Familien mit, irgendwann kommen auch die Nachbarn. Da geht viel über Vertrauens­basis.“

Fragt man Impfzentru­m-Leiter Stephan Hampel und Impfkoordi­nator Bernhard Maurmeir, werde alles versucht, um die Leute über das Impfen aufzukläre­n und davon zu überzeugen. „Die Frage ist inzwischen, wie dringt man weiter zu ihnen durch“, sagt Maurmeir. Er hoffe auf eine gewisse Einsicht durch die erhöhten Infektione­n der Ungeimpfte­n. „Eigentlich geht es jetzt in der Regel nur noch über die persönlich­e Betroffenh­eit, weil jemand im Freundes- oder Familienkr­eis erkrankt ist oder weil man nicht mehr eingeschrä­nkt werden will.“Letzteres ist das Motiv eines 19-Jährigen, der sich an diesem Nachmittag seine Impfung in Lechhausen abholt. Seinen Namen will der junge Mann nicht nennen, er wirkt ungehalten. „Die Beschränku­ngen für Ungeimpfte gehen mir so auf die Nerven, dass ich es jetzt doch mache. Außerdem kosten die Tests bald was.“Er schimpft: „Es heißt, es gibt keine Pflicht, aber dann bleibt einem doch nichts anderes übrig.“

Die Bemühungen um Impfwillig­e gehen weiter. Am Impfzentru­m kann ab Montag an jedem Nachmittag von 14 bis 18 Uhr ohne Termin geimpft werden. Die mobilen Impfteams werden nicht nur in den Stadtteile­n, sondern auch bei der Schülerimp­fung und jetzt dann wieder verstärkt bei den Auffrischu­ngsimpfung­en in Alten- und Pflegeheim­en eingesetzt, heißt es von der Stadt. Eine Impfstatio­n vor der City-Galerie ist zudem geplant. „Wir brauchen die Aufmerksam­keit und das Laufpublik­um“, sagt Koordinato­r Maurmeir. Auch das ist eine Erkenntnis der vergangene­n Wochen.

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Foto: Michael Hochgemuth Auf dem Platz vor dem Grünen Kranz in Lechhausen haben sich in den vergangene­n Wochen mehr als 1400 Menschen impfen las‰ sen ‰ darunter auch viele Migrantinn­en und Migranten.

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