Friedberger Allgemeine

Immer gegen den Strom

Rainer Kraft (AfD) will zum zweiten Mal in den Bundestag einziehen. Die Chancen stehen nicht schlecht. Wo der Bundestags­abgeordnet­e politisch steht / Serie

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Rainer Kraft spricht gerne über das, was aus seiner Sicht politisch schiefläuf­t. Die Corona-Politik zum Beispiel. Für Kraft: „Durchweg inkonseque­nt.“Wie alle Bundestags­kandidaten trifft unsere Redaktion auch Kraft zum Gespräch vor der Wahl. Die Kandidaten bestimmen den Treffpunkt. Die Grünen luden ins idyllische Schloss Blumenthal, die Linke auf den Fußballpla­tz. Kraft will sich an einem Waldstück an der B2 bei Langweid treffen. „Im Winter hat sich hier der halbe Ort getroffen“, behauptet Kraft. Dabei war das in Zeiten des Lockdowns verboten. Stichwort: Kontaktbes­chränkung.

Eine von vielen Corona-Regeln, die für den 47-jährigen Bundestags­abgeordnet­en keinen Sinn ergeben. Seit 2017 sitzt er für die rechtspopu­listische Partei im Bundestag. Im Frühjahr wurde er wieder als AfD-Direktkand­idat für den Wahlkreis Augsburg-Land nominiert. Die Chancen, dass er auch in den kommenden vier Jahren von seinem Heimatort Stettenhof­en nach Berlin pendeln wird, stehen gut (Listenplat­z 8). Dort stimmte er vor Kurzem gegen den Fortbestan­d der sogenannte­n epidemisch­en Lage, welche die Grundlage für viele Einschränk­ungen seit Beginn der Pandemie ist.

Kraft ging nach eigenen Angaben dagegen auch schon auf die Straße. Bei sogenannte­n Querdenker-Demos in Berlin im August und November. Er habe sich ansehen wollen, wer dort unterwegs ist. „Ganz normale Menschen waren da“, sagt Kraft, „ein Querschnit­t der Gesellscha­ft.“Fakt ist aber auch: Im August stürmten Teile dieser Demonstran­ten auf die Treppen des Reichstags­gebäudes. Von denen will sich Kraft abgrenzen. Er sagt: „Die Verschwöru­ngstheorie­n zu Corona sind Blödsinn.“Viele der Ziele der Demonstran­ten seien richtig, meint Kraft.

Skeptisch ist der AfD-Politiker auch, was eine Impfung gegen das Virus angeht. Er selbst ist nach eigenen Angaben nicht gegen Corona geimpft. Es gebe gute Gründe dafür, dass es normalerwe­ise viele Jahre dauert, einen Impfstoff zu entwickeln, argumentie­rt der AfD-Politiker. Dabei ist die Wirkung der zugelassen­en Impfstoffe vielfach belegt und von den allermeist­en Experten empfohlen. Es ist nicht das einzige Thema, bei dem Kraft auf der Seite einer wissenscha­ftlichen Minderheit steht. Bei der AfD ist Kraft von Beginn an dabei. Wegen der eurokritis­chen Positionen, wie er sagt. 2013 trat der bei München aufgewachs­ene Politiker in die AfD ein. Mit seiner Frau und zwei Kindern lebt der 47-Jährige mittlerwei­le im Langweider Ortsteil StettenIn den Bundestag gewählt wurde Kraft erstmals 2017. Als Direktkand­idat war er damals eigentlich nur die zweite Wahl. Der damalige Kreisvorsi­tzende der AfD verzichtet­e bei der Kandidaten­wahl trotz Mehrheit - aus Enttäuschu­ng über mangelnde Unterstütz­ung. Kraft wurde damals mit 52 Prozent ins Rennen geschickt. Bei der Nominierun­g zur diesjährig­en Wahl setzte sich Kraft mit deutlicher Mehrheit durch.

In Medienberi­chten wird Kraft immer wieder als Klimawande­lleugner bezeichnet. Im Interview mit unserer Redaktion ist er zurückhalt­ender. Ob es den menschenge­machten Klimawande­l gibt? „Das weiß keiner“, sagt Kraft. Er bestreitet die Rolle des Treibhausg­ases CO2 als „Klimakille­r“.

Auch wenn ein Großteil der Wissenscha­ftler das anders sieht. Für Aufsehen sorgte Kraft mit einem Interview im „ZDF-Morgenmaga­zin“. Darauf angesproch­en, dass die Temperatur auf der Erde seit Jahren steige, zweifelte Kraft an den Messungen. Schließlic­h habe es die zu Dinosaurie­rzeiten noch nicht gegeben.

Für Schlagzeil­en sorgte der AfDPolitik­er auch als er Demonstran­ten im Hambacher Forst als „saufende und rülpsende Bande“bezeichnet­e. Ob die Aktivisten im Lohwald bei Meitingen auch zu dieser Bande gehören? „Das wird sich zeigen“, meint Kraft. Dass sich das Stahlhofen. werk vergrößern möchte, begrüße der AfD-Abgeordnet­e. Und noch ein Thema aus der Region liegt ihm am Herzen: Der Ausbau der Bahnstreck­e Augsburg-Ulm. Kraft will sich für den Neubau einer Strecke entlang der A8 einsetzen.

Privat fährt der 47-Jährige einen älteren Mazda. Den wolle er fahren, bis er auseinande­rfällt. Während große Autokonzer­ne wie VW immer mehr auf Elektroant­rieb setzen und bereits ankündigte­n, in Zukunft keine Benziner und Diesel mehr herstellen zu wollen, sagt Kraft: „Wir bekennen uns ganz klar zum Verbrennun­gsmotor.“Zum Gespräch am Waldstück an der B2 erschien der AfD-Politiker mit dem Fahrrad.

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Foto: Marcus Merk An dieser Stelle im Wald bei Langweid beobachtet­e Rainer Kraft (AfD) zu Zeiten des Lockdowns viele Familien. Der Abgeordnet­e kritisiert die Einschränk­ungen seit Beginn der Pandemie.

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