Immer gegen den Strom
Rainer Kraft (AfD) will zum zweiten Mal in den Bundestag einziehen. Die Chancen stehen nicht schlecht. Wo der Bundestagsabgeordnete politisch steht / Serie
Landkreis Augsburg Rainer Kraft spricht gerne über das, was aus seiner Sicht politisch schiefläuft. Die Corona-Politik zum Beispiel. Für Kraft: „Durchweg inkonsequent.“Wie alle Bundestagskandidaten trifft unsere Redaktion auch Kraft zum Gespräch vor der Wahl. Die Kandidaten bestimmen den Treffpunkt. Die Grünen luden ins idyllische Schloss Blumenthal, die Linke auf den Fußballplatz. Kraft will sich an einem Waldstück an der B2 bei Langweid treffen. „Im Winter hat sich hier der halbe Ort getroffen“, behauptet Kraft. Dabei war das in Zeiten des Lockdowns verboten. Stichwort: Kontaktbeschränkung.
Eine von vielen Corona-Regeln, die für den 47-jährigen Bundestagsabgeordneten keinen Sinn ergeben. Seit 2017 sitzt er für die rechtspopulistische Partei im Bundestag. Im Frühjahr wurde er wieder als AfD-Direktkandidat für den Wahlkreis Augsburg-Land nominiert. Die Chancen, dass er auch in den kommenden vier Jahren von seinem Heimatort Stettenhofen nach Berlin pendeln wird, stehen gut (Listenplatz 8). Dort stimmte er vor Kurzem gegen den Fortbestand der sogenannten epidemischen Lage, welche die Grundlage für viele Einschränkungen seit Beginn der Pandemie ist.
Kraft ging nach eigenen Angaben dagegen auch schon auf die Straße. Bei sogenannten Querdenker-Demos in Berlin im August und November. Er habe sich ansehen wollen, wer dort unterwegs ist. „Ganz normale Menschen waren da“, sagt Kraft, „ein Querschnitt der Gesellschaft.“Fakt ist aber auch: Im August stürmten Teile dieser Demonstranten auf die Treppen des Reichstagsgebäudes. Von denen will sich Kraft abgrenzen. Er sagt: „Die Verschwörungstheorien zu Corona sind Blödsinn.“Viele der Ziele der Demonstranten seien richtig, meint Kraft.
Skeptisch ist der AfD-Politiker auch, was eine Impfung gegen das Virus angeht. Er selbst ist nach eigenen Angaben nicht gegen Corona geimpft. Es gebe gute Gründe dafür, dass es normalerweise viele Jahre dauert, einen Impfstoff zu entwickeln, argumentiert der AfD-Politiker. Dabei ist die Wirkung der zugelassenen Impfstoffe vielfach belegt und von den allermeisten Experten empfohlen. Es ist nicht das einzige Thema, bei dem Kraft auf der Seite einer wissenschaftlichen Minderheit steht. Bei der AfD ist Kraft von Beginn an dabei. Wegen der eurokritischen Positionen, wie er sagt. 2013 trat der bei München aufgewachsene Politiker in die AfD ein. Mit seiner Frau und zwei Kindern lebt der 47-Jährige mittlerweile im Langweider Ortsteil StettenIn den Bundestag gewählt wurde Kraft erstmals 2017. Als Direktkandidat war er damals eigentlich nur die zweite Wahl. Der damalige Kreisvorsitzende der AfD verzichtete bei der Kandidatenwahl trotz Mehrheit - aus Enttäuschung über mangelnde Unterstützung. Kraft wurde damals mit 52 Prozent ins Rennen geschickt. Bei der Nominierung zur diesjährigen Wahl setzte sich Kraft mit deutlicher Mehrheit durch.
In Medienberichten wird Kraft immer wieder als Klimawandelleugner bezeichnet. Im Interview mit unserer Redaktion ist er zurückhaltender. Ob es den menschengemachten Klimawandel gibt? „Das weiß keiner“, sagt Kraft. Er bestreitet die Rolle des Treibhausgases CO2 als „Klimakiller“.
Auch wenn ein Großteil der Wissenschaftler das anders sieht. Für Aufsehen sorgte Kraft mit einem Interview im „ZDF-Morgenmagazin“. Darauf angesprochen, dass die Temperatur auf der Erde seit Jahren steige, zweifelte Kraft an den Messungen. Schließlich habe es die zu Dinosaurierzeiten noch nicht gegeben.
Für Schlagzeilen sorgte der AfDPolitiker auch als er Demonstranten im Hambacher Forst als „saufende und rülpsende Bande“bezeichnete. Ob die Aktivisten im Lohwald bei Meitingen auch zu dieser Bande gehören? „Das wird sich zeigen“, meint Kraft. Dass sich das Stahlhofen. werk vergrößern möchte, begrüße der AfD-Abgeordnete. Und noch ein Thema aus der Region liegt ihm am Herzen: Der Ausbau der Bahnstrecke Augsburg-Ulm. Kraft will sich für den Neubau einer Strecke entlang der A8 einsetzen.
Privat fährt der 47-Jährige einen älteren Mazda. Den wolle er fahren, bis er auseinanderfällt. Während große Autokonzerne wie VW immer mehr auf Elektroantrieb setzen und bereits ankündigten, in Zukunft keine Benziner und Diesel mehr herstellen zu wollen, sagt Kraft: „Wir bekennen uns ganz klar zum Verbrennungsmotor.“Zum Gespräch am Waldstück an der B2 erschien der AfD-Politiker mit dem Fahrrad.