„Der coolste Beruf der Baubranche“
Gebäude in Holzbauweise sind im Trend. Davon profitiert auch die Dasinger Firma Pletschacher. Hans Röhrle ist dort seit 40 Jahren als Zimmerer und mit dem Unternehmen und dessen Entwicklung eng verbunden
Dasing Die Firma Pletschacher ist vielen wegen der Oktoberfest-Zelte bekannt. Mit denen hat der Zimmerer Hans Röhrle allerdings wenig am Hut. Seit 40 Jahren arbeitet er für das Dasinger Unternehmen, hat dort vier Generationen kennengelernt, den Wandel mitgemacht von einer Zimmerei zu einem Spezialisten für komplexe Holzkonstruktionen. Selber fasst er das so zusammen: „Früher haben wir mehr Dachstühle gebaut, heute mehr Supermärkte.“
Er sei im ganzen Landkreis als einer der besten Zimmerer bekannt, loben ihn seine Chefs. Wer die Geschichte seines Arbeitslebens erzählt, erzählt auch die seines Arbeitgebers, denn, wie er sagt: „Für mich gibt es nur eine Firma.“
Diese Firma war noch klein, als er 1981 mit 17 Jahren dort anfing. Um die 20 Leute waren sie beim Pletschacher, einer davon war Hanz Röhrles Vater. Der nahm ihn schon als Bub mit auf Baustellen, und Hans merkte bald: „Das ist das Richtige für mich.“
Die Vielseitigkeit der Aufgaben, draußen zu arbeiten, hoch über den Dächern, das hat ihm gefallen und gefällt ihm immer noch. Früher habe man eigentlich noch mehr wissen müssen, als heute, meint er. Die Dachstühle wurden 1:1 auf dem Reißboden aufgezeichnet, die Balken per Hand zugeschnitten, Zapflöcher gestemmt. „Heute ist das mehr ein Puzzle, das der Computer macht“, sagt Röhrle.
In einer der modernen Hallen am Waldweg werden die Daten in den Computer eingegeben, Maschinen schneiden dann alles perfekt zu. Pletschacher kann hier theoretisch sogar im Dreischichtbetrieb arbeiten und übernimmt auch Auftragsarbeiten für Firmen, die technisch nicht derart gut gerüstet sind. Hans Röhrle hält sich vom Computer allerdings lieber fern, auch seinen Meister hat er nie gemacht, seine Erfahrung aber wiege mehr als jeder Meisterbrief, weiß Juniorchefin Sandra Pletschacher. Wenn es knifflig wird auf einer Baustelle, dann holt man den Röhrle Hans. Er kann - Computer hin oder her - Balken nach dem Augenmaß so zuschneiden, dass sie perfekt passen.
Anspruchsvolle Baustellen hat die Firma viele. Die Unternehmensgruppe, die in den 1980er-Jahren vor allem für die großen Bauträger der Region Dachstühle baute, wuchs mittlerweile auf fast 120 Mitarbeiter. Die Entwicklung habe mit der Wiedervereinigung an Fahrt aufgenommen, sagt Geschäftsführer Peter Pletschacher. Mitte der 1990er begann der Trend der Holzhäuser, seit 20 Jahren gibt es eine rasante Entwicklung im Ingenieurholzbau. Kindergärten, Supermärkte, Turnhallen (darunter die in Dasing), Ausstellungsräume, Hotels all das hat das Unternehmen schon errichtet, sogar einen Flugzeughangar in Mühlhausen.
Der Beruf des Zimmerers hat sich in dieser Zeit stark verändert, er verbinde jetzt Tradition und Moderne, sagt Pletschacher, der selber Zimmerermeister ist. „Es war und ist der coolste Beruf in der Baubranche“, ergänzt seine Frau Sandra. Angesichts des bundesweiten Baubooms - Pletschacher übernimmt Projekte in der gesamten Republik - ist kein Ende der Entwicklung in Sicht, die Auftragsbücher sind weiter gut gefüllt. All dies könnten Gründe sein, warum die Firma trotz des Fachkräftemangels keine großen Nachwuchssorgen hat. Fünf Azubis haben im September begonnen, eine davon ist die 33-jährige Jessica Strack-Walther aus Aichach.
Mit 33 noch einmal eine Lehre anfangen, und das als Frau in einem typischen Männerberuf? StrackWalther weiß, was sie will. Röhrles Urteil „manche Lehrlinge heutzutage hatten noch nie einen Hammer in der Hand“trifft auf diese zierliche Person nicht zu. Nach ihrer Scheidung habe sie alles selber machen müssen („ich habe schon zwei Küchen gebaut“) und gemerkt, wie viel Spaß ihr das macht. Und mit bald vier Kindern aus zwei Ehen sei ihr erster Beruf als Köchin einfach nicht mehr das Richtige - weder vom Einkommen noch von den Arbeitszeiten her.
Strack-Walther hat schon vor der Ausbildung ein paar Monate bei der Firma gearbeitet und gesehen, dass es passt, dass sie das Handwerk mag, aber auch verstehen will, was hinter einer Konstruktion steckt. Zwei Jahre dauert die Lehre, danach hat sie weitere Pläne, will auf jeden Fall den Meister machen. „Ich will nicht stehen bleiben.“
Das wollen ihre Arbeitgeber auch nicht. Kürzlich wurde ein eigenes Architekturbüro in München gegründet. Das vergangene Jahr war auch für Pletschacher nicht ganz leicht: Corona, Holz-Lieferengpässe, Preisexplosion bei Baustoffen, keine Großveranstaltungen. Was bedeutet es da, wenn heuer auch noch die Wies’n ausfällt? Peter Pletschacher winkt ab: „Unsere Unternehmensgruppe ist wie ein Stuhl mit vier Füßen.“Holzbau, Zeltbau und -verleih, Entwicklung und schlüsselfertiges Bauen. Ein Sektor stütze den anderen. Es laufen Arbeiten an einem neuen Wies’nzelt, für die Düsseldorfer Winterwelt wird eine riesige Almhütte gebaut, auf dem Augsburger Gaswerkareal errichtet Pletschacher im Herbst das „Tonhaus“für Bandübungsräume
Vielleicht hat es ja geholfen, dass Hans Röhrles Vater immer noch über das Unternehmen wacht. 93 Jahre alt (Hobby: Feldkreuze bauen) geht er jeden Morgen zu Fuß zwei Kilometer zur Dasinger Kirche. Wenn er auf dem Weg bei der Firma vorbei kommt, bleibt er kurz stehen und macht ein Segenszeichen - Familie eben.
Und deswegen wird trotz allem oder gerade deswegen bei Pletschacher am Wochenende gefeiert. Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind mit Partnern eingeladen. Es soll eine Pletschacher-Wies’n werden.
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