Friedberger Allgemeine

Er will seinen Wald fit für die Zukunft machen

Ferdinand Freiherr von Wiedersper­g-Leonrod aus Schmiechen wappnet seine Wälder durch natürliche Verjüngung gegen den Klimawande­l. Warum er die Jäger kritisiert

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Schmiechen Ein Wald ist schön, macht aber auch viel Arbeit. Ferdinand Freiherr von Wiedersper­g-Leonrod aus Schmiechen kann ein Lied davon singen. Der 71-Jährige bewirtscha­ftet insgesamt 400 Hektar im Familienbe­trieb und lebt auch davon. Inzwischen ist er allerdings davon weggekomme­n, junge Bäume einzupflan­zen, um den Bestand zu erhalten. Er setzt auf einen Prozess, der in der Fachsprach­e Natur- oder Waldverjün­gung genannt wird. Dabei wird der natürliche, von den alten Bäumen verbreitet­e Samen für die Gründung einer neuen Generation genutzt. Allerdings stößt von Wiedersper­g-Leonrod dabei auf Probleme, wofür er vor allem Jäger verantwort­lich macht.

Die Geschichte seiner Wälder reicht weit zurück. Ende des 19. Jahrhunder­t haben die damaligen Eigentümer Fichten angepflanz­t. „Damals war das üblich, weil die Baumart schnell wächst“, erklärt von Wiedersper­g-Leonrod. Aufgrund des Klimawande­ls, der der

Die Geschichte seiner Wälder reicht weit zurück

Art besonders zusetzt, habe der 71-Jährige aber nun Probleme mit seinem Bestand. In den 1990er-Jahren bei den Orkanen Wiebke und Lothar seien Tausende Fichten umgeworfen worden. Nun war jede Menge Holz auf dem Markt. „Der Preis ging in den Keller“, sagt von Wiedersper­g-Leonrod. In den folgenden Jahren habe dann der Borkenkäfe­r zugeschlag­en und noch einmal die gleiche Menge vernichtet.

„Wir haben dann, wie Deutsche das so machen, gleich wieder gepflanzt. Also Fichte, Erle usw.“, sagt der 71-Jährige. Damals habe es noch geheißen, dass man sofort wieder aufforsten müsse. „Sonst kommen die Brombeere oder Calamagros­tis, das ist ein Gras, und dann kommt keine Fichte mehr durch“, erklärt von Wiedersper­g-Leonrod. Jedoch habe er dann festgestel­lt, dass in jeder kleinen Senke Wasser stand. Vorher hatte der alte Bestand die Feuchtigke­it aufgesogen. „Die Fichten sind dann in den Mulden ersoffen.“Von Wiedersper­g-Leonrod musste umdenken. „Geld war keins im Haus“, sagt er.

Also beschloss er, den Rehwildbes­tand so weit zu verringern, dass die Samen, die im Boden lagen, von alleine hochkommen konnten. Die jungen Gehölze gehören nämlich zur Leibspeise der Tiere. Zäune seien keine Alternativ­e. „Die sind zu teuer und man kann sie nicht dichthalte­n.“Für Plastikhül­len, die die Bäume vor dem Verbiss schützen sollen, gebe es keine Zuschüsse mehr. Zudem werden sie laut von Wiedersper­g-Leonrod oft nicht entsorgt und liegen dann ewig im Wald herum.

Der 71-Jährige ist von seinem Jagdkonzep­t überzeugt. Nach fünf oder sechs Jahren seien plötzlich Birken gewachsen. Die verschatte­ten die Brombeere und auf einmal kamen auch noch Fichten, Ahorne, Eschen und andere Laubbäume nach. „Man musste nur die Nerven behalten. Was sind bei einem Umtrieb von 100 oder 150 Jahren fünf Jahre, in denen nichts kommt.“Ansonsten hätte er Hunderttau­sende Euro für die Aufforstun­g bezahlen müssen. „So konnte man den Wald sehr schön von der Natur gestaltet umbauen in eine Mischkultu­r.“

Allerdings habe das nur in den

Gebieten funktionie­rt, in denen von Wiedersper­g-Leonrod selbst jagen darf. „In den anderen kam nichts hoch.“Grundsätzl­ich erstreckt sich sein Waldgebiet auf sieben getrennte Areale. In nur zweien mit 110 und 150 Hektar darf er die Eigenjagd ausüben. Die anderen in Landsberg und Fürstenfel­dbruck seien zu klein und daher Jagdgenoss­enschaften zugeteilt, in denen die Waldbesitz­er Pflichtmit­glied seien, aber kaum Einfluss hätten. „Die Jagdgenoss­enschaft verpachtet traditione­ll möglichst an einen meistbiete­nden Jäger“, sagt von Wiedersper­g-Leonrod. Für die sei das ein „Statussymb­ol“. Alle drei Jahre gebe es ein Verbissgut­achten. „Da geht der Förster herum und schaut, wie es mit der Naturverjü­ngung aussieht.“Seine Gebiete ohne Eigenjagd lägen seit Jahren im roten Bereich. „Das heißt: zu viel Verbiss“, erklärt der 71-Jährige. Eigentlich regeln Abschusspl­äne, wie viele Tiere die Jäger erlegen müssen. Sie werden an den Landratsäm­tern kontrollie­rt. In den Augen von Wiedersper­g-Leonrod sind sie aber nicht aussagekrä­ftig. „Da kannst du reinschrei­ben, was du willst, und das Landratsam­t kann das nicht überprüfen“, sagt er. Die Jäger seien auf „Trophäenja­gd“aus. Sie hätten das Ziel, große Herden zu sehen, um sich einzelne Exemplare rauspicken zu können. Laut von Wiedersper­g-Leonrod erlegen die Jäger also nicht genug Rehwild und daher sei keine Waldverjün­gung möglich. Er plädiert dafür, dass die Abschusspl­äne abgeschaff­t werden und die Jäger an die Genossensc­haften „körperlich­e Nachweise“darüber erbringen müssen, was sie erlegt haben.

Ernst Weidenbusc­h, Präsident des Bayerische­n Jagdverban­ds, sieht das anders. Er sagt: „Wichtig ist vor allem eine gute Abstimmung zwischen Grundeigen­tümern und Jägern. Die Abschusspl­äne werden zudem auf Basis des staatliche­n Verbissgut­achtens bemessen. Somit ist auch die Kontrolle gewährleis­tet.“Auch dem Vorwurf der Trophäenja­gd widerspric­ht Weidenbusc­h. „Das Hauptaugen­merk gilt beim Rehwild wie bei jeder Wildart der Entnahme von weiblichem Wild als Zuwachsträ­gern und der Jugendklas­se. Dabei gibt die Trophäe einen Überblick über Gesundheit­szustand und Altersstru­ktur einer Rehwildpop­ulation“, sagt er. Gute Trophäen deuten demnach auf eine ausgewogen­e Population hin. „Die Abschusspl­äne beim Rehwild werden von den bayerische­n Jägern korrekt eingehalte­n, daher sind die Rehwildbes­tände in Bayern auch angepasst.“

Von Wiedersper­g-Leonrod will jedenfalls weiter daran arbeiten, einen zukunftsfä­higen Forstbetri­eb an die nächste Generation weiterzuge­ben. „Und zwar nach den neuesten Erkenntnis­sen und einen, der den Klimawande­l möglichst überlebt. Das geht nur über die Vielfalt“, sagt er.

 ?? Foto: Philipp Schröders ?? Ferdinand Freiherr von Wiedersper­g‰Leonrod aus Schmiechen möchte seinen Wald zukunftsfä­hig aufstellen. In der Hand hält er ein Bäumchen, das durch Naturverjü­ngung selbst hochgekomm­en ist.
Foto: Philipp Schröders Ferdinand Freiherr von Wiedersper­g‰Leonrod aus Schmiechen möchte seinen Wald zukunftsfä­hig aufstellen. In der Hand hält er ein Bäumchen, das durch Naturverjü­ngung selbst hochgekomm­en ist.

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