Premium-Aerotec-Beschäftigte bangen weiter
Der Rückzug des österreichischen Milliardärs Michael Tojner aus dem Ringen um die Augsburger Airbus-Tochter hat für Aufsehen gesorgt. Doch der Konzern hält an der Zerschlagung fest und will weiter verkaufen
Augsburg Besser spät als nie – auf diesen Nenner lässt sich die Reaktion der IG Metall auf den angekündigten Rückzug des österreichischen Investors Michael Tojner im Poker um den Augsburger Flugzeugteilebauer Premium Aerotec bringen. Michael Leppek, IG-Metall-Vorstandsmitglied und ehemaliger Augsburger IG-Metall-Chef, sagte unserer Redaktion: „Es hat mich überrascht, dass Airbus Tojner nicht früher aus dem Spiel genommen hat.“Der Gewerkschafter ist noch immer verärgert über die Vorgänge beim Wechsel des ehemaligen Premium-Aerotec-Finanzchefs in das Lager des Konkurrenten Montana Aerospace von Tojner.
Es gab zwar nie offizielle Gespräche über einen Verkauf von Premium Aerotec an Tojners Firma. Allerdings gab es Verstimmungen darüber, dass der Manager bei seinem Wechsel natürlich auch Wissen um Lage und Stimmung im Unternehmen zu seinem neuen Arbeitgeber mitnahm. Der offizielle Rückzug von Tojner bestätigt nun zumindest, dass er großes Interesse an einer Übernahme von zumindest Teilen von Premium Aerotec hatte. „Wir bemühen uns derzeit nicht mehr um
Aerotec und beenden damit diese vielen Diskussionen“, sagte der 55-Jährige unserer Redaktion. Sein Unternehmen Montana Aerospace habe Anfang der Woche den belgischen Zulieferer Asco mit 1200 Beschäftigten übernommen und kümmere sich nun erst einmal um die Integration dieses neuen Unternehmensteils.
Seit Anfang September verhandeln IG Metall und Airbus über den geplanten Umbau des europäischen Riesenkonzerns. Airbus will die Einzelteilfertigung des Augsburger Tochterunternehmens Premium Aerotec ausgliedern und an einen Investor verkaufen. Davon wären allein an dem schwäbischen Standort etwa 2000 von noch rund 2800 Arbeitsplätzen betroffen.
Zuletzt ging man am vergangenen Dienstag in der zweiten Runde ergebnislos und ohne weiteren Termin auseinander. Leppek, der an den Verhandlungen teilnahm, sagte unserer Redaktion: „Wir sind tief enttäuscht. Die Arbeitgeberseite geht nicht auf unsere Forderungen ein. Sie wollen nicht auf Basis unserer Vorstellungen verhandeln.“Jetzt würden die Mitglieder vor Ort in den Tarifkommissionen befragt.
In diese kurze Phase des Atemholens ist nun der österreichische Investor gestoßen. Unter den Beschäftigten von Premium Aerotec, die erst im Frühjahr den Weggang von gut 500 Kolleginnen und Kollegen über freiwillige Abfindungsprogramme verkraften mussten, dürfte die Absage von Tojner kaum für BePremium ruhigung gesorgt haben. Erst recht, da Tojner ausdrücklich nicht von einer endgültigen Absage reden wollte. Man nehme sich in Sachen Premium Aerotec „für zwölf Monate aus dem Spiel“, sagte der Milliardär, der auch beim aufstrebenden Ellwanger Batteriefertiger Varta investiert hat. Für weitere Gespräche Ende 2022 oder Anfang 2023 stehe man gerne wieder zur Verfügung.
Wenig beeindruckt klang dagegen, was Airbus zur Absage von Tojner zu sagen hatte: „Wir begrüßen die Entscheidung von Montana, den Erwerb des Einzelteilgeschäfts von Premium Aerotec nicht weiterzuverfolgen. Wir zielen auf langfristige strategische Investoren ab, die das Einzelteilgeschäft in Deutschland stärken können und den Kundenstamm diversifizieren, Arbeitsplätze sichern und die langfristige Rentabilität des Einzelteilunternehmens gewährleisten würden. Wir waren bereits zu dem Schluss gekommen, dass Montana die Anforderungen an einen neuen Eigentümer des Unternehmens nicht erfüllen würde und dass wir Montana daher nicht in den Verkaufsprozess einbeziehen würden, der in den nächsten Wochen beginnen soll.“So heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Im Übrigen bleibe Tojners Montana Aerospace „ein angesehener und geschätzter Zulieferer für Airbus und Premium Aerotec“. Damit ist klar, was sich in den ergebnislosen Verhandlungen mit der Gewerkschaft abgezeichnet hat: Airbus rückt nicht von seinem Plan der Zerschlagung ab.
Völlig unklar ist aber, wer die Interessenten sind, mit denen Airbus die Verkaufsgespräche starten will. Leppek sagt dazu: „Es müsste ein Investor sein, der auch Tarifverträge achtet und der, zumindest nicht in großem Stil, parallel für den Wettbewerb arbeitet. Mir fällt niemand ein, der diese Mindestanforderungen erfüllt.“
IG-Metall-Verhandlungsführer Friedrich sieht nun Airbus am Zug: „Wir werden in der kommenden Woche entscheiden, wie wir weitermachen, und den Druck auf Airbus erhöhen. Airbus ist gefragt, ein verbessertes Angebot zu machen, damit wir in einer neuen Verhandlungsrunde einen Schritt nach vorne machen können.“Und er bekräftigt, unabhängig vom Ausgang der Wahl, seine Hoffnung auf mehr Rückendeckung aus dem Kanzleramt: „Berlin muss sich entscheiden, ob man weiter zusehen will, dass sich die Machtverhältnisse bei Airbus verschieben.“