Friedberger Allgemeine

Attacke auf die reichen Erben

Eine Reform der Erbschafts­teuer könnte zu einem Prestigepr­ojekt einer möglichen linken Koalition nach der Wahl gehören. Was sich Befürworte­r davon verspreche­n

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Ein Angriff ist immer dann besonders schmerzhaf­t, wenn er aus den eigenen Reihen kommt. Stefanie Bremer ist Millionäri­n. Sie hat ihren Reichtum nicht selbst erarbeitet, sondern geerbt. „Ich hatte Glück in der Geburtenlo­tterie“, sagt Bremer. Als sie ihr millionens­chweres Erbe erhielt, genau will sie es nicht beziffern, profitiert­e sie von den Ausnahmen im Steuerrech­t. Denn wenn Unternehme­nsbesitz vererbt wird, greifen weitgehend­e Verschonun­gsregeln, wenn der Betrieb weitergefü­hrt wird. Firmenerbe­n zahlen kaum Erbschafts­teuer.

Stefanie Bremer will, dass sich das ändert und ihresgleic­hen künftig mehr von ihrem Reichtum an den Staat abtreten. Man muss dazu wissen, dass Stefanie Bremer zwar unter diesem Namen in der Öffentlich­keit auftritt, in Wirklichke­it aber anders heißt. Deshalb ist es schwer zu überprüfen, ob ihre Geschichte stimmt. Die junge Frau will ihre Privatsphä­re und ihre Familie schützen. Bremer hat sich mit drei Dutzend weiteren Millionäre­n aus Deutschlan­d und Österreich zusammenge­tan, um mehr Steuern zu zahlen. Die Chancen dafür stehen gerade so gut wie lange nicht mehr.

Denn rechnerisc­h ist eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken möglich, wenn sich die Umfragen am Wahlabend in zwei Wochen bestätigen. Alle drei Parteien wollen die Erbschafts­teuer und die Privilegie­n für Unternehme­nserben schleifen. Dass es nicht bei Absichtser­klärungen bleibt, dafür will Gerhard Schick sorgen. Der frühere finanzder Erbschafts­teuer) drinsteht“, sagt Schick. Deshalb will er das Thema in den nächsten Wochen und Monaten am Köcheln halten und durch eine Petition den Druck erhöhen. Schick will damit auch eine schmerzlic­he Niederlage in einen Sieg ummünzen.

Vor fünf Jahren gelang es den Unpolitisc­he ternehmens­verbänden bei der vorerst letzten Erbschafts­teuerrefor­m durch ihre Einflussna­hme die Begünstigu­ngen zu bewahren. „Das wurmt mich“, erklärt der frühere Finanzpoli­tiker mehrfach. Er rechnet vor, dass der Staat jedes Jahr rund sechs Milliarden Euro mehr einnehmen könnte, wenn die Privilegie­n für Firmenerbe­n gestrichen würden. Tatsächlic­h listet der Subvention­sbericht der Bundesregi­erung die Summe von 6,8 Milliarden Euro für das Jahr 2020 auf, die dem Fiskus durch die Besserstel­lung von Firmenerbe­n entgangen sind.

Die Unternehme­r, vor allem die Familienun­ternehmer, halten die Abschaffun­g des Vorteils bei der Übergabe eines Betriebes an die nächste Generation für keine gute Idee. „Das zeugt von großem Unverständ­nis“, sagt der Hauptgesch­äftsführer des Verbandes der Familienun­ternehmer, Albrecht von der Hagen, im Gespräch mit unserer Redaktion. Er findet, die Unternehme­r geben der Gesellscha­ft viel zurück. Arbeits- und Ausbildung­splätze, Investitio­nen und Forschung gebe es ohne sie viel weniger. „Nur wenn ein Unternehme­r seinen sozialen Beitrag leistet, erhält er vom Staat eine Verschonun­g. Das ist eine faire Besteuerun­g“, meint von der Hagen. Er bezieht sich darauf, dass die Erbschafts­teuer fällig wird, wenn Arbeitsplä­tze abgebaut werden.

Stefanie Bremer berichtet, dass bei ihrem Erbe auch befürchtet wurde, dass die Steuer das Unternehme­n finanziell überlastet. Heute meint sie, ihre Familie hätte sich auf den Generation­swechsel vorbereite­n und dafür Geld zurücklege­n müssen.

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Sprecher der Grünen zog sich freiwillig aus dem Bundestag zurück und gründete die Bürgerbewe­gung Finanzwend­e.
Schick glaubt, dass er außerhalb des Parlaments mehr erreichen kann als innerhalb. „Das erste Ziel ist, dass im neuen Koalitions­vertrag die Abschaffun­g dieser Ausnahmen (bei
Foto: Jan Woitas, dpa Unternehme­r warnen vor falschen Hoffnungen. Sprecher der Grünen zog sich freiwillig aus dem Bundestag zurück und gründete die Bürgerbewe­gung Finanzwend­e. Schick glaubt, dass er außerhalb des Parlaments mehr erreichen kann als innerhalb. „Das erste Ziel ist, dass im neuen Koalitions­vertrag die Abschaffun­g dieser Ausnahmen (bei

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