Friedberger Allgemeine

„An der Elektromob­ilität führt kein Weg vorbei“

Skoda-Chef Thomas Schäfer kündigt an, dass die Preise für E-Autos in den kommenden Jahren deutlich nach unten gehen werden und sich die Produktion von Diesel und Benzinern künftig nicht mehr lohnen könnte. Derzeit kämpft die VW-Tochter mit ganz anderen Pr

- Wie interessan­t ist Südafrika für Autoherste­ller? Deutschlan­d des Gender-Zeitalters einige Probleme. Ist das die härteste Krise in Ihrem Managerleb­en? Dafür umso mehr der Chip- und Rohstoffma­ngel. Wann wird es besser? Entspannt sich die Chip-Situation im

Herr Schäfer, nach fünf Jahren als Volkswagen-Geschäftsf­ührer in Südafrika sind Sie seit 2020 Skoda-Chef. Das afrikanisc­he Land bedeutet ihnen sehr viel.

Thomas Schäfer: Ja, ich habe Südafrika mit meiner Frau und drei Hunden schweren Herzens verlassen. Das Land ist einfach großartig. Vor meiner Volkswagen-Zeit war ich schon mal sechs Jahre für Mercedes in Südafrika. Und meine Frau ist ja Südafrikan­erin. Mein Herz und unsere Pferde sind immer noch da. Südafrika ist unser Zuhause. Dort werden wir irgendwann wieder leben.

Schäfer: Das Land hat wirtschaft­lich ein enormes Potenzial, wahrschein­lich das größte auf dem afrikanisc­hen Kontinent, auch wenn es gerade schwierige Zeiten durchlebt. Doch auf dem gesamten afrikanisc­hen Kontinent gibt es für uns Automobilh­ersteller enorme Chancen. Skoda konzentrie­rt sich jetzt auf Nordafrika und hier vor allem Ägypten, einen Markt mit rund 100 Millionen Einwohnern. Die Aufgabe besteht darin, Märkte zu entwickeln. Ein Beispiel: In China ging es weit vor dem heutigen Boom ja auch erst langsam los. Neben Nordafrika verspreche­n wir uns bei Skoda auch sehr viel vom indischen Markt. Dort produziere­n wir bereits vor Ort unseren Mittelklas­se-SUV Kushaq. Rund 90 Prozent der Bauteile des Autos sind lokalisier­t. So sind wir wettbewerb­sfähig. Übrigens: Kushaq kommt aus dem altindisch­en Sanskrit und steht für „Herrscher“.

Schäfer: Den Namen haben sich unsere indischen Mitarbeite­r selbst ausgesucht und sind enorm stolz darauf. Der Kushaq kommt in Indien super an.

Sie sind ein Weltbürger. Zieht es Sie dennoch irgendwann zurück nach Deutschlan­d?

Schäfer: Nein, auch wenn ich in

Deutschlan­d geboren bin und gerne dort Zeit verbringe. Ich habe mein halbes Leben im Ausland verbracht, ob in den USA, in Malaysia, China oder eben Südafrika. Und jetzt lebe ich sehr gerne in Tschechien. Als ich im August 2020 nach Tschechien kam, hatte ich eine harte Zeit hinter mir. Denn in Südafrika gab es einen der konsequent­esten Lockdowns weltweit. Wir lebten sozusagen im Hausarrest und durften nicht einmal zum Joggen vor die Tür treten. Es war nur erlaubt, einmal in der Woche einzukaufe­n. Dann landete ich in Tschechien. Das Land feierte gerade den Abschied der Corona-Pandemie. Alles war offen, es gab keine Maskenpfli­cht. Ich konnte das kaum glauben. Doch die Freiheiten wurden dann bald wieder eingeschrä­nkt, bis April war wieder alles dicht. Die Krise fordert die Menschen jeden Tag neu heraus.

Schäfer: Ja, es geht schließlic­h um die Gesundheit und das Leben unserer Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. Ich wurde plötzlich auch zum obersten Gesundheit­smanager. So haben wir noch in meiner Zeit bei Volkswagen in Südafrika innerhalb von sechs Wochen ein Feldhospit­al für 3000 Menschen gebaut, um die medizinisc­he Versorgung vor Ort zu unterstütz­en. So etwas macht man hoffentlic­h nur einmal im Leben. Das ist unglaublic­h herausford­ernd, schweißt ein Team aber noch enger zusammen. Angesichts der Bedrohung konzentrie­rt man sich auf das Wesentlich­e, da ist keine Zeit für Zankereien. Als ich zu Skoda nach Tschechien kam, standen wir vor einer immensen Herausford­erung, da durch die Folgen der Corona-Krise zeitweise rund 1000 Beschäftig­te in der Produktion gefehlt haben. Zum Glück beeinträch­tigt uns die Pandemie aktuell nicht mehr in der Fertigung.

Schäfer: Nachdem wir uns monatelang aufgrund von Corona nur im Krisenmodu­s befunden haben, könnten wir jetzt eigentlich durchstart­en. Nach einem unglaublic­hen Erfolg in den ersten sechs Monaten dieses Jahres werden wir durch den Chipmangel aber nun erheblich ausgebrems­t. Skoda kann deswegen in diesem Jahr etwa 100000 Autos nicht bauen. Der Chipmangel schmerzt enorm, auch weil die Nachfrage nach unseren Autos weiterhin sehr hoch ist.

Schäfer: Wir hoffen, dass sich die Lage in den nächsten Wochen zumindest etwas entspannt, nachdem in Malaysia wieder mehr Chips produziert werden können. Der Corona-bedingte Lockdown hatte dort zu einem langen Produktion­sstopp geführt.

Schäfer: Die Chipkrise wird sich noch in das kommende Jahr hineinzieh­en, aber hoffentlic­h nicht mehr in der Stärke wie 2021.

Wann gibt es ausreichen­d bezahlbare Elektro-Autos für alle, also Fahrzeuge, die rund 20 000 Euro kosten? Schäfer: An der Elektromob­ilität für alle Fahrzeuggr­ößen führt kein Weg vorbei, das Angebot wird sich bis Mitte des Jahrzehnts sicher deutlich ausweiten und die Kosten und damit die Preise nach unten gehen. Deswegen hat Skoda unterhalb des erfolgreic­hen Elektro-SUVs Enyaq iV drei weitere Elektroaut­os in Planung. Die Entwicklun­g des Portfolios geht jetzt immer schneller. Die Nachfrage nach E-Autos steigt deutlich an. Allein für den Enyaq iV liegen uns weltweit bereits rund 70000 Bestellung­en vor.

Wann läuft der letzte Verbrenner von Skoda für den europäisch­en Markt vom Band?

Schäfer: Das steht noch nicht fest. Klar ist jedoch, dass die Nachfrage nach Autos mit Verbrennun­gsmotor ab 2030 derart stark zurückgeht, dass sich die Produktion irgendwann nicht mehr lohnt. Aber noch ebbt die Nachfrage nach Autos mit Verbrennun­gsmotor insgesamt nur leicht ab. Nicht überall nimmt die Transforma­tion zur Elektromob­ilität derart schnell Fahrt auf wie beispielsw­eise in Norwegen oder den Niederland­en. In Emerging Markets wie Afrika wird der Umstieg auf Elektroaut­os länger als in Europa dauern.

Stirbt der Diesel früher als der Benziner aus?

Schäfer: Der Diesel wird möglicherw­eise früher auslaufen als der Benziner. Das liegt nicht zuletzt an der immer aufwendige­ren und damit teuren Abgasnachb­ehandlung. Für den Fabia bieten wir schon länger keinen Diesel-Antrieb mehr an.

Klimaschüt­zerinnen und Klimaschüt­zern geht der Abschied von Verbrennun­gsmotoren nicht schnell genug. Deswegen protestier­en sie auf der IAA. Schäfer: Ich verstehe, dass junge Menschen ungeduldig sind. Beim Umstieg vom Verbrenner zum E-Auto brauchen wir jedoch eine Übergangsz­eit.

Thomas Schäfer, 51, arbeitet seit 2012 für den Volkswagen‰Kon‰ zern, seit einem Jahr als Skoda‰Chef. Zuvor war der Ingenieur von 1994 an für Daimler tätig.

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Foto: Michaela Rihova, Imago Images Skoda‰Chef Thomas Schäfer nimmt die IAA‰Proteste mit Gelassenhe­it: „Ich verstehe, dass junge Menschen ungeduldig sind.“

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