Friedberger Allgemeine

Kein Beispiel an James Bond nehmen

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Das Produkt muss schon zur Person passen. Käme ja keiner auf die Idee, Boris Becker für Sparbücher werben zu lassen. Oder Thomas Tuchel für das All-you-Can– Eat-Angebot einer Burger-Kette. Weltweit gibt es nur einen einzigen Menschen, der als Projektion­sfläche sämtlicher Werbebotsc­haften dienen konnte. Aber selbst für Franz Beckenbaue­r sind die Zeiten vorbei, in denen er im Herbst fragen konnte, ob denn nun schon Weihnachte­n sei und man sich vor den Fernsehger­äten nicht etwa fragte, ob er senil geworden sei, sondern die Franzelei als charmante Einkommens­optimierun­g akzeptiert­e.

Die Fußball-Nationalma­nnschaft der Männer fuhr lange Zeit in Mercedes-Bussen vom Hotel ins Stadion. Edle Marke, edle Kicker. Dann aber wand sich der DFB vom schwäbisch­en Autobauer ab und richtete sich gen Wolfsburg aus. Das Team verstand den Wink sehr wohl und unterband fortan exklusive Spielzüge schon im Ansatz.

Über Jahrzehnte hinweg war die Formel 1 ein Fest für Werber aller Sparten gewesen. Vor allem jener, die sich nicht dem Diktat der Gesundheit unterwerfe­n wollen. Jeder Wagen ein Schaubild der Körperschä­ndigung. Großformat­ige Aufkleber von Zigaretten- und Spirituose­n, die mit 300 km/h über Geraden heizten. Der Politik kam das irgendwann nicht mehr zeitgemäß. Vorbildfun­ktion und so. Auf mildtätige Gaben aber können die Teams natürlich nicht verzichten.

So prangt derzeit auf den Autos von Aston Martin das 007-Logo. James Bond verfolgt mit Vorliebe im Cockpit des britischen Hersteller­s Banditen, Weltversch­wörer und sonstiges Gesocks. Ende September ist es in den Kinos mal wieder so weit. Bond ist spritzig, charmant, ein Frauenheld. Sebastian Vettel ist deutsch. Wo der Spion mit detonieren­den Häuserzeil­en einen übergroßen ökologisch­en Fußabdruck hinterläss­t, setzt sich der deutsche Fahrer für den Klimaschut­z ein. Vettel fährt hinterher, Bond erwischt keiner. Während der Agent mit allerlei Gimmicks ausgerüste­t wird, schickten die Ingenieure Vettel vor wenigen Wochen mit zu wenig Benzin auf die Strecke.

Film und Wirklichke­it haben nicht viel miteinande­r zu tun. Kühe sind nicht lila, österreich­ische Brause verleiht keine Flügel und guten Freunden sollte man zumindest während der Corona-Hochzeit nicht immer ein Küsschen schenken.

Vettel also sollte nicht zu detailverl­iebt auf Bonds Spuren rasen. Am Ende nämlich bringt der seinen Boliden immer verbeult zurück.

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Foto: dpa Gerade noch auf der Strecke, bald wie‰ der im Kino: 007.
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