Feiern, aber wo? Das wünscht sich die Jugend
Pandemie Der Stadtrat sucht nach Lösungen, um Treffpunkte für junge Menschen zu schaffen, an denen sie niemanden stören. Doch die Jugendlichen fühlen sich teils auch missverstanden – und haben eigene Ideen
Jugendliche haben es in der CoronaKrise besonders schwer. Nicht nur die Angst vor der Pandemie und die Sorge um die eigene Zukunft plagen viele - auch die Möglichkeiten, zusammenzukommen und ungestört zu feiern oder die Freizeit zu verbringen sind nach wie vor massiv eingeschränkt. Das sorgt für Frust. Die Bismarckbrücke gilt als beliebter Treffpunkt, doch es gibt Konflikte mit einem Teil der Anwohner. Wo soll die Jugend zum Feiern aber hin?
Der Augsburger Stadtrat will demnächst darüber diskutieren, wie die Stadt helfen könnte. Vor allem überdachte Treffpunkte stehen dabei im Mittelpunkt der Überlegungen. Unter anderem wird über „Chill-Container“nachgedacht, die in Kombination mit mobilen Toiletten in Grün- und Sportanlagen aufgestellt werden sollen. Doch käme so etwas bei den jungen Leuten überhaupt an?
„Chill-Container“, was soll das denn sein?“, fragt sich Max Kandler. Der 22-Jährige lebt in der Innenstadt und verbringt hier auch seine Freizeit. Wenn er abends mit seinen Freunden loszieht, dann werden verschiedene Stationen angesteuert: Parkbänke, Spielplätze hauptsächlich ungestört und ohne motzende Erwachsene. „Wenn auf einer Bank zwei 50-Jährige sitzen, setze ich mich nicht dazu“, sagt er. Das habe mit schlechten Erfahrungen zu tun, mit grundloser Pöbelei, weil von jungen Leuten immer nur Schlechtes erwartet werde. „Man wird vorverurteilt - wir können gar nicht zeigen, dass wir unseren Dreck wieder mitnehmen und niemanden stören“, so seine Erfahrung. Viele ältere Erwachsene gingen auf Konfrontationskurs, obwohl es gar keinen Grund dafür gibt, hat er festgestellt.
Diese Schilderung hört Streetworker Norman Henning vom Stadtjugendring regelmäßig. Der unter anderem für die Innenstadt zuständige Sozialarbeiter berichtet, wie wenig die jungen Leute in der Bevölkerung haben. „Das Bild der Jugend ist schlecht, obwohl viele Jugendliche sich beispielsweise vorbildlich um ihre Plätze kümmern“, sagt er. Kollegin Lamina Simreen pflichtet ihm bei. „Die Jugendlichen haben das Gefühl, sie machen alles falsch“, erzählt sie. „Egal was sie tun, sie ecken irgendwo an.“Dabei sei die heutige Jugend oft viel vernünftiger als noch vor Jahren. Eine ordentliche Ausbildung, Sport und gesunde Ernährung sei für viele ihrer Klienten wichtiger als Feiern und Randale. „Aber viele Erwachsene wollen das gar nicht sehen und halten an ihren Vorurteilen fest“, bedauert Simreen.
Für Max Kandler wären geeignete „Jugendspielplätze“attraktiver, als irgend ein Container in der Stadt. „Einen Platz für Leute von 16 bis 24 Jahren, an dem wir uns treffen können und unsere Ruhe haben“, wünscht er sich. Mit Sportmöglichkeiten wie Tischtennis, einem Basketballkorb oder einem Fußballfeld. Und es müssten mehrere solche Orte sein, denn zu den Eigenheiten der Jugendkultur gehöre es, von Platz zu Platz zu ziehen und zu schauen, wo gerade etwas los ist. „Wenn schon ein Treffpunkt in der Stadt, dann ein richtiger Jugendtreff - der darf ruhig das ganze Erdgeschoss eines Ladengeschäfts groß sein“, findet er.
Laura Karim, 17, möchte ihren achtzehnten Geburtstag in einem Klub feiern und freut sich auf Oktober – in der Hoffnung, dass die Diskotheken dann wieder ihre Türen öffnen. Der Schülerin gefällt die Idee der Stadt bezüglich der Container. Sie würde diese auch nutzen, sagt sie: „Besonders wenn es regnet, ist es toll, dann kann man sich trotzdem mit Freunden treffen.“Sie fände es toll, wenn die Container mit Sofas, Kissen, guter Musik und gemütlicher Beleuchtung ausgestattet wären.
Auch der Sheridan-Park ist beliebt bei jungen Leuten, an diesem Tag spielen dort einige Jugendliche Basketball. An sich klinge der Plan, Container für Jugendliche aufzustellen, nicht schlecht, findet Paul Fabian. Ihm ist aber nicht klar, wie die Umsetzung erfolgen soll: „Was genau können wir in den Containern machen? Und müssen wir irgendwelche Regeln befolgen?“AntworLobby ten darauf gibt es freilich noch keine. Die Stadt hat noch nicht einmal abschließend geklärt, ob die Container überhaupt kommen.
Im Moment seien die üblichen Treffpunkte der Jugendlichen an mehreren Orten in der Stadt, vor allem aber am Rathausplatz, meint Dennis Dietmann. Der 19-Jährige würde die Container nicht nutzen, er bevorzugt es eher, sich draußen mit Freunden zu treffen: „Ich wünsche mir lieber, dass die Parks schöner gemacht werden und die Stadt mehr Bänke aufstellt.“
Franziska Kneilmann ist auch im Sheridan-Park unterwegs. Sie verbringt mit Freunden gerne Zeit in der Innenstadt oder eben auch im Park. Sie kann sich die Idee mit den Containern gut vorstellen: „Dann kann man sich auch im Winter treffen. Wäre gut, wenn man sich dort auch hinsetzen kann.“Die Jugendlichen sind zufrieden mit der Innenstadt als Treffpunkt, hoffen aber, dass die Klubs bald aufmachen: „Ich freu mich darauf, mal ins Kesselhaus zu gehen. Wegen Corona war ich noch nie in einem Klub“, sagt Paul Fabian. »Kommentar
Zur Jugendkultur gehört es, von Platz zu Platz zu ziehen