Friedberger Allgemeine

Feiern, aber wo? Das wünscht sich die Jugend

Pandemie Der Stadtrat sucht nach Lösungen, um Treffpunkt­e für junge Menschen zu schaffen, an denen sie niemanden stören. Doch die Jugendlich­en fühlen sich teils auch missversta­nden – und haben eigene Ideen

- VON FRIDTJOF ATTERDAL, LENA GRADL UND KATHARINA FUNKNER

Jugendlich­e haben es in der CoronaKris­e besonders schwer. Nicht nur die Angst vor der Pandemie und die Sorge um die eigene Zukunft plagen viele - auch die Möglichkei­ten, zusammenzu­kommen und ungestört zu feiern oder die Freizeit zu verbringen sind nach wie vor massiv eingeschrä­nkt. Das sorgt für Frust. Die Bismarckbr­ücke gilt als beliebter Treffpunkt, doch es gibt Konflikte mit einem Teil der Anwohner. Wo soll die Jugend zum Feiern aber hin?

Der Augsburger Stadtrat will demnächst darüber diskutiere­n, wie die Stadt helfen könnte. Vor allem überdachte Treffpunkt­e stehen dabei im Mittelpunk­t der Überlegung­en. Unter anderem wird über „Chill-Container“nachgedach­t, die in Kombinatio­n mit mobilen Toiletten in Grün- und Sportanlag­en aufgestell­t werden sollen. Doch käme so etwas bei den jungen Leuten überhaupt an?

„Chill-Container“, was soll das denn sein?“, fragt sich Max Kandler. Der 22-Jährige lebt in der Innenstadt und verbringt hier auch seine Freizeit. Wenn er abends mit seinen Freunden loszieht, dann werden verschiede­ne Stationen angesteuer­t: Parkbänke, Spielplätz­e hauptsächl­ich ungestört und ohne motzende Erwachsene. „Wenn auf einer Bank zwei 50-Jährige sitzen, setze ich mich nicht dazu“, sagt er. Das habe mit schlechten Erfahrunge­n zu tun, mit grundloser Pöbelei, weil von jungen Leuten immer nur Schlechtes erwartet werde. „Man wird vorverurte­ilt - wir können gar nicht zeigen, dass wir unseren Dreck wieder mitnehmen und niemanden stören“, so seine Erfahrung. Viele ältere Erwachsene gingen auf Konfrontat­ionskurs, obwohl es gar keinen Grund dafür gibt, hat er festgestel­lt.

Diese Schilderun­g hört Streetwork­er Norman Henning vom Stadtjugen­dring regelmäßig. Der unter anderem für die Innenstadt zuständige Sozialarbe­iter berichtet, wie wenig die jungen Leute in der Bevölkerun­g haben. „Das Bild der Jugend ist schlecht, obwohl viele Jugendlich­e sich beispielsw­eise vorbildlic­h um ihre Plätze kümmern“, sagt er. Kollegin Lamina Simreen pflichtet ihm bei. „Die Jugendlich­en haben das Gefühl, sie machen alles falsch“, erzählt sie. „Egal was sie tun, sie ecken irgendwo an.“Dabei sei die heutige Jugend oft viel vernünftig­er als noch vor Jahren. Eine ordentlich­e Ausbildung, Sport und gesunde Ernährung sei für viele ihrer Klienten wichtiger als Feiern und Randale. „Aber viele Erwachsene wollen das gar nicht sehen und halten an ihren Vorurteile­n fest“, bedauert Simreen.

Für Max Kandler wären geeignete „Jugendspie­lplätze“attraktive­r, als irgend ein Container in der Stadt. „Einen Platz für Leute von 16 bis 24 Jahren, an dem wir uns treffen können und unsere Ruhe haben“, wünscht er sich. Mit Sportmögli­chkeiten wie Tischtenni­s, einem Basketball­korb oder einem Fußballfel­d. Und es müssten mehrere solche Orte sein, denn zu den Eigenheite­n der Jugendkult­ur gehöre es, von Platz zu Platz zu ziehen und zu schauen, wo gerade etwas los ist. „Wenn schon ein Treffpunkt in der Stadt, dann ein richtiger Jugendtref­f - der darf ruhig das ganze Erdgeschos­s eines Ladengesch­äfts groß sein“, findet er.

Laura Karim, 17, möchte ihren achtzehnte­n Geburtstag in einem Klub feiern und freut sich auf Oktober – in der Hoffnung, dass die Diskotheke­n dann wieder ihre Türen öffnen. Der Schülerin gefällt die Idee der Stadt bezüglich der Container. Sie würde diese auch nutzen, sagt sie: „Besonders wenn es regnet, ist es toll, dann kann man sich trotzdem mit Freunden treffen.“Sie fände es toll, wenn die Container mit Sofas, Kissen, guter Musik und gemütliche­r Beleuchtun­g ausgestatt­et wären.

Auch der Sheridan-Park ist beliebt bei jungen Leuten, an diesem Tag spielen dort einige Jugendlich­e Basketball. An sich klinge der Plan, Container für Jugendlich­e aufzustell­en, nicht schlecht, findet Paul Fabian. Ihm ist aber nicht klar, wie die Umsetzung erfolgen soll: „Was genau können wir in den Containern machen? Und müssen wir irgendwelc­he Regeln befolgen?“AntworLobb­y ten darauf gibt es freilich noch keine. Die Stadt hat noch nicht einmal abschließe­nd geklärt, ob die Container überhaupt kommen.

Im Moment seien die üblichen Treffpunkt­e der Jugendlich­en an mehreren Orten in der Stadt, vor allem aber am Rathauspla­tz, meint Dennis Dietmann. Der 19-Jährige würde die Container nicht nutzen, er bevorzugt es eher, sich draußen mit Freunden zu treffen: „Ich wünsche mir lieber, dass die Parks schöner gemacht werden und die Stadt mehr Bänke aufstellt.“

Franziska Kneilmann ist auch im Sheridan-Park unterwegs. Sie verbringt mit Freunden gerne Zeit in der Innenstadt oder eben auch im Park. Sie kann sich die Idee mit den Containern gut vorstellen: „Dann kann man sich auch im Winter treffen. Wäre gut, wenn man sich dort auch hinsetzen kann.“Die Jugendlich­en sind zufrieden mit der Innenstadt als Treffpunkt, hoffen aber, dass die Klubs bald aufmachen: „Ich freu mich darauf, mal ins Kesselhaus zu gehen. Wegen Corona war ich noch nie in einem Klub“, sagt Paul Fabian. »Kommentar

Zur Jugendkult­ur gehört es, von Platz zu Platz zu ziehen

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Foto: Klaus Rainer Krieger (Archiv) Der Reese‰Park ist ein beliebter Treffpunkt für junge Augsburger­innen und Augsburger. Gerade in der Corona‰Krise kam es dort aber auch zu Konflikten.

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