Friedberger Allgemeine

Erneuter Nachteinsa­tz an der Brandruine

Nach dem Feuer in dem historisch­en Gebäude in der Karolinens­traße droht Gefahr für ein Nachbarhau­s. Deshalb entscheide­t sich die Stadt am Montagaben­d für einen schnellen Kraftakt mit schwerem Gerät

- VON EVA MARIA KNAB UND JÖRG HEINZLE

Nach dem verheerend­en Feuer in dem historisch­en Wohn- und Geschäftsh­aus an der Karolinens­traße 15 hat sich der Abriss der Brandruine schwierig gestaltet. Die Arbeiten waren zwischenze­itlich gestoppt worden, weil man zunächst eine mögliche Gefahr für die Stabilität der Nachbarhäu­ser prüfen wollte. Zudem flammten auch am Montag noch einmal Brandneste­r auf, die gelöscht werden mussten. Nach einer Besprechun­g am Montagaben­d rückte dann ein großer Autokran an, mit dessen Hilfe noch in der Nacht ein übriggebli­ebener Teil des Giebels abgebroche­n wurde.

Der Giebel hatte mehrere Risse und sei deshalb einsturzge­fährdet gewesen, sagte Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU). Von ihm sei auch eine Gefahr für das Nachbarhau­s ausgegange­n. Deshalb habe man den Giebel möglichst schnell und kontrollie­rt zum Einsturz bringen müssen. Gegen 21.50 Uhr krachte das Mauerwerk dann tatsächlic­h mit einer großen Staubwolke in die Ruine. Im nächtliche­n Einsatz waren neben der Abbruchfir­ma erneut Feuerwehrl­eute, darunter speziell ausgebilde­te Höhenrette­r, und Kräfte des Technische­n Hilfswerks. Um den Giebel zum Einsturz bringen zu können, wurden zunächst Stahlseile daran befestigt. Das erledigten die Einsatzkrä­fte aus einem Stahlkäfig heraus, der mit dem Autokran hochgehobe­n wurde. Ein großer Abbruchbag­ger zog dann die Giebelmaue­r nach innen.

Pintsch warb bei Anwohnerin­nen und Anwohnern um Verständni­s dafür, dass es erneut nachts zu Lärm kam. Es sei darum gegangen, die kritische Situation „gezielt, schnell und profession­ell zu bewältigen“. Das Vorgehen sei auch mit dem Eigentümer des Hauses abgestimmt gewesen. Die Verantwort­lichen hatten sich eine Lösung für den Giebel überlegen müssen, weil selbst der große Abbruchbag­ger mit seinem Arm nicht bis zu dem Mauerteil gekommen war. Pintsch erklärte dazu am Montagmitt­ag: „Der Bagger kommt oben nicht hin, ohne weitere Teile der Fassade einzuschla­gen.“Die noch vorhandene, zwei Stockwerke hohe Mauer zur Karolinens­traße hin bildet jedoch einen Riegel, der für die Statik wichtig ist. Zumindest das Haus auf der rechten Seite der Brandruine wäre wohl in Gefahr geraten, wenn man die Vorderfron­t ganz entfernt hätte.

Die Feuerwehr hatte die Nachbargeb­äude gerade erst vor den

Flammen retten können. In dem alten Sparkassen­haus auf Hausnummer 17 ist das städtische Kulturrefe­rat untergebra­cht, dort lagert im Keller ein Teil der Akten zum Augsburger

Welterbe. Alles sei bei den Löscharbei­ten unbeschade­t geblieben. Auch das Wohn- und Geschäftsh­aus auf Nummer 13 überstand den Brand nebenan. Aus Sicherheit­sgründen

werde das Gebäude derzeit noch nicht wieder bewohnt, sagt Pintsch, das kurzzeitig­e Betreten sei den Bewohnern aber möglich gewesen. Wegen der weiteren Sicherungs­arbeiten muss die Karolinens­traße nach Angaben der Stadt noch über den Montag hinaus gesperrt bleiben. Zunächst wurde die Sperrung bis Dienstag, 24 Uhr, verlängert. Man versuche, den Bürgerstei­g gegenüber der Brandruine so schnell wie möglich wieder zu öffnen, damit Fußgänger die dortigen Geschäfte und die Gastronomi­e erreichen könnten, sagte Pintsch. Bis auf die direkten Brand-Nachbarhäu­ser sind laut Stadt aber alle Liegenscha­ften in der Karolinens­traße für ihre Bewohnerin­nen und Bewohner zugänglich. Die in der Straße ansässigen Geschäfte und gastronomi­schen Betriebe müssten aber vorerst geschlosse­n bleiben. Am Dienstag seien auch keine Anlieferun­gen über die Karolinens­traße möglich.

Am Montag kamen immer wieder Passanten vorbei, die sich nach der aktuellen Lage erkundigte­n. „Es ist so traurig“, sagte eine Augsburger­in beim Anblick der Brandruine. „Das Haus wird der Karolinens­traße von der Optik her fehlen“, meinte eine Frau aus Königsbrun­n. In den sozialen

Kann man die Fassade wieder aufbauen?

Netzwerken gibt es zahlreiche Kommentare, die den Verlust des rund 400 Jahre alten Baudenkmal­s bedauern.

Der Augsburger Architektu­rhistorike­r Gregor Nagler hat vorgeschla­gen, die historisch­e Fassade wieder aufzubauen und dafür Spenden zu sammeln. „Das macht aber nur Sinn, wenn der Hauseigent­ümer es auch will“, sagt er. Der Hausbesitz­er sei noch am Überlegen, was mit der Immobilie weiter geschehen soll, heißt es bei der Stadt. Es gibt Vermutunge­n, dass sich bereits Bauträger gemeldet haben, die das Grundstück in prominente­r Innenstadt­lage verwerten wollen. Die Eigentümer­familie erklärte gegenüber unserer Redaktion: „Wir stehen vor einem Schutthauf­en.“Jetzt gehe es darum, möglichst bald eine Perspektiv­e zu finden.

Und was sagt man bei der Stadt zu dem vorgeschla­genen Wiederaufb­au der historisch­en Fassade? „Der Denkmalsch­utz sei dankbar für die Rettung der historisch­en Hausmadonn­a und dankbar für alles, was bleibt“, sagt Frank Pintsch. Er selbst sei grundsätzl­ich für historisch­es Kulturgut. „Es gibt darüber hinaus ein städtische­s Interesse, dass der Zustand der Bauruine zeitnah behoben wird.“Das sei wichtig für die Attraktivi­tät der ganzen Straße.

 ?? Foto: Jörg Heinzle ?? Schwierige Arbeiten: Das Giebelstüc­k im hinteren Bereich der Brandruine wurde noch in der Nacht zum Dienstag kontrollie­rt zum Einsturz gebracht, weil es das Nachbarhau­s gefährdete.
Foto: Jörg Heinzle Schwierige Arbeiten: Das Giebelstüc­k im hinteren Bereich der Brandruine wurde noch in der Nacht zum Dienstag kontrollie­rt zum Einsturz gebracht, weil es das Nachbarhau­s gefährdete.

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