Mehr Grundschüler brauchen flexible Betreuung
Der jahrelange Ausbau der gebundenen Ganztagsklassen in Augsburg ist gestoppt, die offenen Angebote werden immer beliebter. An den Grundschulen legen die Schülerzahlen zu
Mit dem Rechtsanspruch für Grundschulkinder auf Ganztagsbetreuung kommen auf die Kommunen besondere Herausforderungen zu. In Augsburg laufen Vorbereitungen, um das Angebot auszubauen. Ab dem Schuljahr 2026/27 soll es zunächst für die Erstklässler einen Betreuungsplatz geben, jedes Jahr kommt eine weitere Jahrgangsstufe dazu. Schon jetzt nehme die Stadt diese Entwicklung in die Pläne für ihre Bauvorhaben auf, so Schulamtsleiter Markus Wörle. „Im Herbst gibt es dazu auch Gespräche im Kultusministerium.“
Bereits heute nutzen zahlreiche Familien die verschiedenen Betreuungsmöglichkeiten. Nach den Zahlen des Staatlichen Schulamts nimmt an den Grund- und Mittelschulen mit zusammen rund 14.200 Schülerinnen und Schülern etwa jedes dritte Kind ein Angebot direkt an der Bildungsstätte in Anspruch. Rechnet man noch die externen Horte dazu, dürften rund 60 Prozent aller Mädchen und Jungen über den Unterricht hinaus versorgt werden.
Dabei scheint die Nachfrage nach den vor einigen Jahren noch so begehrten gebundenen Ganztagsklassen abzunehmen. Im Bereich der Grundschulen bleibt es aktuell noch bei 15 Standorten mit insgesamt 64 Klassen. Bei den Mittelschulen haben jedoch sowohl die Standorte als auch die Anzahl der Klassen um je zwei abgenommen. Nach Einschätzung des Schulamts ist manchen Familien die gebundene Ganztagsklasse zu starr. Hier müssen die Kinder und Jugendlichen Montag bis Donnerstag den ganzen Tag in der Schule verbringen, freitags ist früher Schluss. „Viele bevorzugen ein flexibles Betreuungsangebot, damit das Kind am Nachmittag auch mal für den Sportverein Zeit hat“, sagt Dominik Dennerle, der stellvertretende Amtsleiter. Die Folge: An den Grundschulen werden künftig fast 500 Mädchen und Jungen mehr als im Vorjahr in offenen Ganztagsgruppen bis 14 oder 16 Uhr betreut. Sechs weitere Schulen sind dazugekommen, die diese auch an einzelnen Tagen buchbare Variante anbieten. Die dritte Form, die sogenannte Mittagsbetreuung, ist deutlich zurückgegangen. Dies hat laut Dennerle wohl auch mit den Kosten zu tun. Hier fallen Gebühren an, während bei den offenen und gebundenen Ganztagsangeboten die Familien in aller Regel nur das Essen bezahlen.
Gebühren werden auch im Hort verlangt. Dass diese Betreuungsform sehr gefragt ist, hängt mit den Öffnungszeiten zusammen. Während die Angebote an den Schulen in den Ferien pausieren, decken die Horte einen guten Teil der unterrichtsfreien Zeit ab. Auch in Hinblick auf den
Rechtsanspruch plant die Stadt bei Baumaßnahmen gleich Hortplätze mit. So sind in dem Neubau der Haunstetter Johann-Strauß-Schule insgesamt acht Gruppen vorgesehen.
Zurück zum Schulstart, wo sich ein Bayerntrend in Augsburg zu bestätigen scheint: Während die Anzahl der Mittelschüler (4883) im Vergleich zum Vorjahr stagniert, legen die Grundschulen zu. 9314 Kinder werden ab Dienstag eine Augsburger Grundschule besuchen, 219 mehr als im vergangenen Jahr. Allein 2422 Erstklässler zählt Augsburg. Die Zunahme habe mehrere Ursachen, angefangen von Zuzügen bis hin zu mehr Geburten, heißt es vonseiten des Schulamts. Ein besonderer Schüleranstieg sei im Stadtteil Lechhausen festzustellen, sagt Dennerle. Dass sich die Lage an der Grundschule Kriegshaber – im Sprengel liegt das Neubaugebiet Reese-Areal – entspannt habe, liege an der nahe gelegenen neuen, von der katholischen Kirche betriebenen Bischof-UlrichGrundschule.
Sowohl an den Grund- als auch den Mittelschulen sind die Klassen minimal größer geworden. In den Jahrgangsstufen 1 bis 4 werden im Schnitt etwa 20 Kinder gemeinsam unterrichtet, an der Mittelschule sind 19. Normalerweise wären die Klassen um einiges stärker. Hier greift ein besonderes Instrument: In allen Jahrgangsstufen einer Schule, in denen mehr als die Hälfte der Kinder Migrationshintergrund hat, werden bei Bedarf zusätzliche Klassen gebildet, damit keine Klasse mehr als 25 Schüler hat. Das sind sehr viele, denn an den staatlichen Grundschulen beträgt der Migrationsanteil im Schnitt gut 66 Prozent, an den Mittelschulen haben sogar fast 81 Prozent der Kinder und Jugendlichen ihre Wurzeln im Ausland.