Landwirtschaft leidet unter dem Klimawandel
Wie Bio-Erzeuger im Wittelsbacher Land mit dem unbeständigen Wetter zurechtkommen. Besonders eine Pflanze hat Schwierigkeiten mit dem vielen Regen
Ach die Landwirte, die jammern doch immer. Entweder über die schlechten Preise für ihre Lebensmittel oder über das Wetter. Diese Meinung haben viele Menschen, die mit der Landwirtschaft nicht viel am Hut haben. Es gibt kaum eine Berufsgruppe, die so unter öffentlicher Beobachtung steht wie die Landwirtinnen und Landwirte.
Jeder meint, er könne sein Wissen dazu geben, wenn es um Tierhaltung oder Anbaumethoden geht. Dabei ist gerade für den Laien oft nicht zu sehen, wie hoch der Aufwand beim Pflanzenbau ist. Monatelang wird der Boden gehegt und gepflegt, die Saat ausgebracht, gedüngt und schließlich der richtige Zeitpunkt der Ernte abgewartet. Doch alles Fachwissen nützt nichts, wenn der Klimawandel zuschlägt. Egal, ob es sich um Biolandwirtschaft oder konventionelle Produktion handelt, das Wetter hat den Betrieben in den letzten Jahren übel mitgespielt. War es voriges Jahr mit den langen Trockenperioden eindeutig zu heiß, so setzten heuer die Kälte und der Regen den Pflanzen zu. Die Auswirkungen der Klimaveränderung sind mittlerweile so spürbar, dass wir alle gefordert sind, um dagegen zu wirken.
Das kann nicht allein von der Landwirtschaft geschultert werden, die einen wesentlichen Beitrag zu unserer Ernährung und zum Erhalt der Landschaft beiträgt.
AichachFriedberg Große Hitze oder viel Regen: Landwirte hatten in den vergangenen Jahren immer wieder mit extremen Wetterbedingungen zu kämpfen. In diesem Jahr ist vor allem die feuchte Witterung ein Problem. Bio-Landwirte aus dem Wittelsbacher Land berichten von zum Teil dramatischen Ernteausfällen.
Bei Bio-Landwirt Christoph Reiner aus Petersdorf ist vor allem die Kartoffelernte katastrophal ausgefallen. Er betreibt seinen Hof seit 2003 in sechster Generation. So starke Ernteausfälle bei seinen Kartoffeln habe er noch nie erlebt, sagt Reiner. Für diese Pflanze ist vor allem der viele Regen problematisch. Er verursacht vermehrt Kartoffelfäule und macht sie unbrauchbar für den Verzehr. „Es gibt Kartoffelarten, die anfälliger für Schädlinge und Krankheiten sind. Aber die Nässe verschärft das Problem bei allen Sorten“, sagt Reiner. Seit 2016 bewirtschaftet er seinen Hof nach den Richtlinien des Bioland-Verbandes. Das bedeutet etwa, dass er auf chemische Dünger verzichtet. Deswegen ist sein landwirtschaftlicher Betrieb stärker von extremen Wetterlagen betroffen als konventionelle Betriebe.
Auf den Feldern des Landwirts wachsen die Kartoffeln auf sogenannten Dämmen. Das sind Erdaufhäufungen, in die die Pflanzen gelegt werden. Auf diese Weise soll nicht nur das Wasser abgehalten werden. Sondern es erleichtert Reiner und seinen Mitarbeitern auch die Pflanzenpflege. Der starke Regen hat jedoch die Dämme weggespült. In diesem Jahr konnten die Pflegemaßnahmen deswegen nur zwei- bis dreimal stattfinden. In trockeneren Zeiten ist es mindestens doppelt so oft. Außer Kartoffeln baut Reiner auch Getreide an. Dort waren die Ausfälle etwas geringer. Der Ertrag lag etwa ein Fünftel unter denen der Vorjahre. Grundsätzlich gebe es immer ein gewisses Risiko in der Landwirtschaft – unabhängig von der Anbaumethode, so Reiner.
Hubert Birkmeir betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb im Pöttmes Ortsteil Schorn. Er baut sein Getreide und Gemüse nach den Vorgaben des Demeter-Verbandes an. Seine Ernte beschreibt er als durchwachsen. Der Grund auch hier: das Wetter. „In dem Ausmaß ist der viele Regen schon ungewöhnlich“, berichtet er am Telefon. Seit etwa vier Monaten sei es sehr regnerisch. „Das ist eine Folge des Klimawandels“, sagt er. Das ist vor allem für seine Kartoffeln und Tomaten ein Problem. Die ständige feuchte Witterung habe den Pflanzen zu schaffen gemacht, zum Beispiel in Form von Kartoffelfäule. „Wir ernten deutlich weniger Kartoffeln als im Vorjahr“, sagt Birkmeir. Allerdings habe er durch das schlechte Wetter kaum finanzielle Einbußen, denn er baue ganz verschiedene Pflanzen an und hat außerdem Rinder. „Durch die große Vielfalt sind wir relativ gut gegen das Wetter gewappnet.“Das sei aber bei Weitem nicht bei allen BioLandwirten so. Die vergangenen drei Jahre waren von einer extremen Dürre gekennzeichnet. Deswegen hätten sich viele seiner Kollegen auf dauerhaft hohe Temperaturen eingestellt. „Wir sind in dieser Hinsicht eher konservativ unterwegs. Aber vor allem jüngere Landwirte haben diese Zeit genutzt, um neue Methoden auszuprobieren“, sagt Birkmeir. Dabei sei es ihnen vor allem darum gegangen, mit möglichst wenig Wasser zurechtzukommen. Doch die Unberechenbarkeit des Wetters ist ein Problem. „Wir wissen nicht, ob es im nächsten Jahr wieder viel regnet oder es erneut eine Dürre gibt“, sagt Birkmeir.
Ludwig Asam baut in Kissing verschiedene Obst- und Gemüsesorten an. Seine Ernte beschreibt er als eher bescheiden. Am schwierigsten war für ihn die Bio-Erdbeerenernte. „Hier hat der viele Regen sehr viel kaputtgemacht“, sagt er. Das liege auch daran, dass er sie noch klassisch als Draußenkultur anbaue, berichtet Asam. Der Regen hielt aber auch viele Selbstpflücker fern. Asam geht davon aus, dass etwa 40 Prozent weniger Erdbeeren gepflückt worden seien als im Vorjahr.
„Das Wetter wird immer extremer, sodass wir Landwirte diese unberechenbaren Ereignisse jedes Jahr schon erwarten“, sagt er. Das hat auch Auswirkungen auf Asams Anbaumethoden. „Langfristig werde ich bei den Bio-Erdbeeren um einen geschützten Anbau, den ich eigentlich wegen dem ganzen Aufwand und Plastik nicht möchte, nicht herumkommen.“Manche Pflanzenarten, die mit diesen Extremen nur schlecht zurechtkommen, will Asam in Zukunft nicht mehr anbauen.