Friedberger Allgemeine

Diskussion über die „Friedberge­r Zeit“

Einiges spricht dafür, das Altstadtfe­st 2022 abzusagen. Trotzdem schlägt die Stadtverwa­ltung vor, es vorzuberei­ten. Am Donnerstag tagt dazu der Stadtrat. Wie sind die Meinungen?

- VON UTE KROGULL

Friedberg Weiterhin ist unsicher, ob 2022 ein Friedberge­r Altstadtfe­st stattfinde­n kann – und wenn ja, unter welchen Bedingunge­n. Nachdem der Stadtrat im März beschlosse­n hatte, die Planungen „mit angezogene­r Handbremse“zu starten, steht am Donnerstag die Diskussion an, wie es weitergehe­n soll. Denn für die landkreisw­eit größte Veranstalt­ung, die auf 8. bis 17. Juli terminiert ist, geht es langsam aber sicher in die heiße Phase der Vorbereitu­ngen. Die städtische Kulturabte­ilung listet in der Sitzungsvo­rlage eine ganze Reihe von Gründen gegen die Durchführu­ng des Festes auf. Trotzdem ist sie gegen eine Absage. Was meinen Vereine und Initiatore­n?

Gabriele und Dr. Hubert Raab, die das Fest mit begründet haben, wissen aus vielen Gesprächen: „Die meisten Leute sagen, lasst es nicht ausfallen.“Denn die „Friedberge­r Zeit“sei wichtig für die Stadtgesel­lschaft, gerade nach der langen Phase der Lockdowns. Hubert Raab wünscht selber, dass das Altstadtfe­st stattfinde­n kann, sieht allerdings ein großes Aber: Welche Regeln wird der Freistaat im Sommer nächsten Jahres anordnen – und werden sie sich in Friedberg umsetzen lassen und kontrollie­rbar sein?

Letztlich geht es um zwei Fragen: Wird es Besucherob­ergrenzen für das Fest geben und werden 3Gbzw. 2G-Regeln gelten und somit an den Eingängen kontrollie­rt werden müssen? Beides hält Raab für schwierig: Menschen, die vor den

Einlassste­llen Schlange stehen, oder Kontrollen von Zertifikat­en bei Riesenandr­ang, etwa zu den Umzügen, sind für ihn kaum vorstellba­r. Doch hofft er, dass sich die Impfquote und die pandemisch­e Lage so gut entwickeln, dass dies kein Problem mehr darstellt.

Denn auch Abstandsre­geln wären bei der Veranstalt­ung, die 2019 über 130.000 Menschen besuchten, illusorisc­h. „Bei der Bäckertauf­e auf dem Marienplat­z kann man nicht sagen, haltet eineinhalb Meter Abstand“, verdeutlic­ht Raab. Doch abspecken ist für den Historiker tabu. Die Veranstalt­ung dürfe nicht verwässert werden.

Bürgermeis­ter Roland Eichmann geht davon aus, dass die „Friedberge­r Zeit“stattfinde­n kann. Die Stadtverwa­ltung argumentie­rt denn auch, die Wahrschein­lichkeit sei hoch, dass sich die Situation im Sommer 2022 entspannt hat. Es wäre schwer, bereits jetzt eine Absage zu vermitteln. Ziel ist es, Vertragsve­reinbarung­en, etwa mit Standbetre­ibern, möglichst lange hinauszusc­hieben und dann eine faire „Corona-Ausstiegsk­lausel“aufzunehme­n.

Die Organisato­ren müssen sich zügig an weitere Planungen machen. Denn zusätzlich zu den ohnehin aufwendige­n Vorbereitu­ngen müssen organisato­rische Veränderun­gen vorgenomme­n werden, zum Beispiel Entzerrung von Ständen und Wegebezieh­ungen und die verstärkte Einbeziehu­ng der neu gestaltete­n Bahnhofstr­aße.

Raab sieht für alle Beteiligte­n von Verkaufsst­änden und Gastronomi­e über Handwerk bis zu Vereinen eine gemeinsame Problemati­k: „Alle sind grundsätzl­ich sehr motiviert mitzumache­n, aber alle hängen in der Luft.“Während die Stadtverwa­ltung jetzt schon viel zu erledigen hat, reicht seiner Ansicht nach für die anderen Akteure eine etwa sechsmonat­ige Vorbereitu­ngsphase.

In vielen Vereinen hat man angesichts der unsicheren Situation noch kaum über das Thema gesprochen. Das gilt auch für die Sportfreun­de

Friedberg, die mit dem TSV die Zöllner stellen. Eines ist für ihren Vorsitzend­en Fritz Sedl aber klar: „3G-Regeln können wir an den Eingängen nicht kontrollie­ren, das ist zu viel Aufwand und Stress.“Er ist daher der Meinung: „Man sollte sich trauen, das Fest einmal ausfallen zu lassen.“Im Raum steht allerdings auch die Idee, dass die Stadt Friedberg für diese Kontrollen Sicherheit­spersonal anstellt. Das gilt als machbar, wenn auch teuer.

Herbert Lipp, Vorsitzend­er des Fischereiv­ereins Friedberg, sieht das Problem der Kontrollen ebenfalls, und zwar auch an den Ständen und in den Gastrobere­ichen. Die Fischer bespielen ein großes Areal mit Bewirtung und Rahmenprog­ramm. Hier zu kontrollie­ren, sei für die Mitglieder nicht möglich. Klar sei aber: „Wenn das Fest stattfinde­t, sind wir dabei.“Wie Raab wartet Lipp ab, was das bayerische Kabinett im Oktober in Sachen Corona verkündet. Für seinen Verein muss spätestens im Januar klar sein, ob er in die heiße Phase gehen kann. Denn dann aber müssen die Fischer, wie Wirte und Standbetre­iber, Waren bestellen.

Etwas weniger Zeit benötigen andere, zum Beispiel die Theatergru­ppe Ottmaring für ihre Hans-SachsStück­e. Laut dem Vorsitzend­en Benedikt Gerstmaier reicht eine sechswöchi­ge Probephase. Das traditione­lle Theaterstü­ck zu Weihnachte­n haben die Ottmaringe­r dagegen abgeblasen. Die vielen Auflagen und Unwägbarke­iten seien nicht zu bewältigen und ein zu großes finanziell­es Risiko.

Zwei Fragen bestimmen die Überlegung­en

In vielen Vereinen ist das Fest noch kein Thema

 ?? Foto: Tom Trilges (Archivfoto) ?? Der Stadtrat diskutiert am Donnerstag darüber, ob und wie die Planungen für die „Friedberge­r Zeit“2022 weiter verfolgt werden.
Foto: Tom Trilges (Archivfoto) Der Stadtrat diskutiert am Donnerstag darüber, ob und wie die Planungen für die „Friedberge­r Zeit“2022 weiter verfolgt werden.

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