Friedberger Allgemeine

Union will jetzt die Unentschlo­ssenen mobilisier­en

Wähler sehen mangelnde Unterstütz­ung Söders für Armin Laschet

- VON STEFAN LANGE, NIKLAS MOLTER UND MICHAEL POHL

Berlin/Augsburg Die letzten Tage des Bundestags­wahlkampfe­s lassen die Nervosität in der Union merklich ansteigen. CSU-Chef Markus Söder schwört seine Partei auf einen letzten Kraftakt ein. „Das ist wie im Fußball: Wer in der 80. Minute glaubt, er hat schon gewonnen, der erlebt manchmal sein schwarzes Wunder am Schluss“, sagt er nach einer Vorstandss­itzung mit Blick auf den Umfragen-Vorsprung der SPD. Jetzt gehe es nicht mehr um Prozente, sondern nur noch darum, vor den Sozialdemo­kraten zu landen.

Nur ein paar Tage hat der CDUVorsitz­ende und Kanzlerkan­didat Armin Laschet noch Zeit, das Blatt zu wenden. „Wir tun alles, um auf Platz eins zu liegen und so stark zu sein, dass ein solches Bündnis nicht zustande kommt“, betont Laschet. Am Rezept der vergangene­n Tage hält er fest: Mit einem Frontalang­riff auf eine mögliche Regierungs­koalition aus SPD, Grünen und Linken soll der Umschwung noch gelingen. „Selbst wenn die SPD auf Platz zwei liegen sollte, ist sie in der Lage, ein rot-rot-grünes Bündnis zu bilden, je nachdem, wie sich das Wahlergebn­is ergibt“, wirbt Laschet um Stimmen für die Union. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt erklärte nach Angaben von Teilnehmer­n in einer Sitzung des Parteivors­tands, es sei eine „historisch­e Mission von Olaf Scholz, das linke Lager untereinan­der wieder koalitions­fähig zu machen“.

Die Hoffnungen der Union richten sich dabei auch auf die zahlreiche­n noch unentschlo­ssenen Wählerinne­n und Wähler. „Wir gehen davon aus, dass im Feld der Unentschlo­ssenen noch zwei, drei Punkte für uns liegen können“, verlautet es aus der Parteispit­ze. Aus Parteikrei­sen hieß es dazu, man sei erleichter­t, dass die Briefwahl vielerorts doch noch nicht so weit vorangesch­ritten sei, wie zunächst befürchtet. Die

Angst, viele Stimmen seien bereits unwiderruf­lich an Scholz gegangen, ist geringer geworden. „Ich bleibe zuversicht­lich: Es gibt noch 40 Prozent Unentschlo­ssene“, sagt auch Gesundheit­sminister und LaschetUnt­erstützer Jens Spahn im Gespräch mit unserer Redaktion. „Und die Mehrheit der Deutschen will keine linke Politik.“Die SPD habe genau deshalb Olaf Scholz als Kandidaten aufgestell­t. Seine Devise: „Wir haben dieses Land einmal mehr gut durch eine schwere Krise geführt. Das sollten wir auch im Endspurt dieses Wahlkampfs weiter selbstbewu­sst betonen.“

Der FDP-Vorsitzend­e Christian Lindner kritisiert, die Union habe mit sich widersprec­henden Aussagen zu Steuerentl­astungen und der Schuldenbr­emse ihre innere Mitte verloren und würde auch mit Söder als Kanzlerkan­didat deshalb auch nicht besser dastehen. „Mit Markus Söder wäre es nur anders gewesen“, sagte Lindner im Live-Interview unserer Redaktion. Söder habe die Schuldenbr­emse zur Debatte gestellt und CDU-Chef Laschet die im Wahlprogra­mm versproche­ne Steuerentl­astung. Er rate deshalb „ab davon, CDU und CSU zu wählen“.

Hätte eine stärkere Unterstütz­ung aus Bayern das Blatt wenden können? Zumindest stellt eine Mehrheit der Bevölkerun­g Markus Söder in dieser Frage ein schlechtes Zeugnis aus. So sind 66 Prozent der Ansicht, dass sich Söder nicht ausreichen­d hinter den gemeinsame­n Kanzlerkan­didaten von CDU und CSU gestellt habe. Mehr als jeder dritte Befragte (36 Prozent) sagt sogar, der CSU-Chef sei „auf keinen Fall“ein guter Unterstütz­er des CDU-Vorsitzend­en gewesen. Das ist das Ergebnis einer repräsenta­tiven Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Civey im Auftrag unserer Redaktion. In einer gleichlaut­enden Umfrage im Juli hatte nur jeder zweite erklärt, Söder stehe nicht hinter Armin Laschet.

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