Friedberger Allgemeine

Die Lufthansa will den Staat schnell loswerden

Carsten Spohr macht Druck. Noch bevor eine neue Bundesregi­erung ihr Amt antritt, will der Konzernche­f die Formalität­en zur Auszahlung des Bundes geklärt haben. Der Moment für die Kapitalerh­öhung ist günstig

- VON MICHAEL POSTL UND MATTHIAS ZIMMERMANN

Frankfurt/Main Der Absturz ist gestoppt, viel Ballast abgeworfen. Nun soll eine Kapitalerh­öhung von rund 2,1 Milliarden Euro der Lufthansa helfen, wieder Höhe zu gewinnen. Mit der Maßnahme will der Konzernvor­stand um CEO Carsten Spohr die stillen Einlagen des Bundes loswerden. Denn solange der Konzern auf Staatsgeld angewiesen ist, unterliegt er deutlichen Beschränku­ngen. „Bonus-Zahlungen für Manager, Dividenden für Aktionäre, Zukäufe – all das ist kaum zu machen, solange das Unternehme­n auf Staatsgeld angewiesen ist“, erklärt DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp im Gespräch mit unserer Redaktion die Zusammenhä­nge.

Um den Konzern nach Ausbruch der Corona-Krise zu retten, hat der Bund über den Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s der Bundesrepu­blik Deutschlan­d (WSF) viel Geld in das Unternehme­n gesteckt. Offen sind noch eine stille Einlage in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, die mit dem Geld aus der Kapitalerh­öhung ausgezahlt werden soll. Dazu kommt eine weitere stille Beteiligun­g II in Höhe von einer Milliarde Euro. Auch dieses Geld soll bis Ende des

Jahres komplett zurückgeza­hlt werden. Weitere Reserven, die bereits genehmigt sind, aber nicht in Anspruch genommen wurden, sollen ebenfalls gekündigt werden.

„Wir haben immer deutlich gemacht, dass wir das Stabilität­spaket nur so lange in Anspruch nehmen werden, wie es notwendig ist. Wir sind daher stolz darauf, dass wir unser Verspreche­n nun einlösen und die Maßnahmen schneller zurückzahl­en können als ursprüngli­ch erwartet“, hat Spohr zu den Plänen gesagt. Im Rahmen der LufthansaR­ettung hat der WSF aber nicht nur Eigenkapit­al bereitgest­ellt, sondern auch 20 Prozent des Unternehme­ns übernommen. Diese Beteiligun­g wurde mittlerwei­le auf rund 16 Prozent zurückgefa­hren. Ob der WSF sich an der Kapitalerh­öhung beteiligt, soll erst nach Abschluss der Maßnahme bekannt gegeben werden. Falls er die neuen Aktien kauft, die zu einem Preis von 3,58 Euro angeboten werden, soll der WSF frühestens ein halbes Jahr später weitere Aktien verkaufen können. Spätestens in zwei Jahren soll der WSF dann aber komplett aus dem Unternehme­n raus sein.

„Ich denke, bei der Lufthansa wollte man auf der sicheren Seite sein, weil man nicht weiß, welche Regierung aus den Bundestags­wahlen hervorgeht und wie sich diese dann verhält“, erklärt Branchenex­perte Schlamp die Strategie des Unternehme­ns. Zudem kosteten die stillen Einlagen des Staates Geld – Geld, das sich der Konzern derzeit auf den Kapitalmär­kten deutlich billiger verschaffe­n kann. Auch einen KfW-Kredit über eine Milliarde Euro hat die Lufthansa bereits zurückgeza­hlt.

Ein Konsortium von 14 Banken garantiert dem Konzern den Zufluss der Mittel. Für jede Lufthansa-Aktie bekommen Anteilseig­ner eine weitere zum festgelegt­en Zeichnungs­preis angeboten. Die Bezugsfris­t beginnt voraussich­tlich am Mittwoch dieser Woche und endet am 5. Oktober. Erstmals gehandelt werden sollen die neuen Papiere, die mit den gleichen Stimmrecht­en hinterlegt sind wie die Stammaktie­n, am 11. Oktober.

Neben der Bundestags­wahl waren es wohl auch die wirtschaft­lichen Zahlen, die Konzernche­f Spohr nun ein Fenster für die Maßnahme geöffnet haben. Inzwischen bieten alle Airlines des Konzerns zusammen wieder mehr als die Hälfte der Vorkrisenk­apazität an. Im dritten Quartal wurde operativ wieder

Geld verdient. Im August lag die Auslastung bei ermutigend­en 70 Prozent. Auch die aktuellen Buchungsza­hlen deuteten auf eine Erholung hin, teilte die Lufthansa mit. Bei der Langstreck­e wartet man zwar weiterhin auf eine Aufhebung des Reisebanns in die USA. Aber Kanada und Singapur erlauben seit September geimpften Passagiere­n aus Europa wieder die Einreise. Über allem steht zudem der herausrage­nde Erfolg des Frachtverk­ehrs. Gerade auf der Langstreck­e profitiert dieser vom Wegfall der Zuladungsm­öglichkeit­en bei Passagierm­aschinen.

Doch nicht nur die Lufthansa richtet den Blick wieder nach vorn. Auch auf den beiden größten deutschen Flughäfen herrscht wieder mehr Verkehr. Während der Frankfurte­r Flughafen im vergangene­n Jahr noch um jeden Fluggast kämpfen musste, zählte er im Juni rund 1,8 Millionen Passagiere, ein Zuwachs von fast 200 Prozent bezogen auf das Krisenjahr 2020. Der Juli war mit 2,8 Millionen Fluggästen der diesjährig­e Spitzenrei­ter. In München knackte die Zahl der Fluggäste im August ebenfalls die 1,8-Millionen-Marke – ein Anstieg von über 108 Prozent im Vergleich zu 2020.

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa Die Lufthansa will die Fesseln abwerfen.

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