Friedberger Allgemeine

Helden von Wagner bis Beethoven

Junge Musiker spielen Kontrastpr­ogramm

- VON MANFRED ENGELHARDT

Mit einem ungewöhnli­chen Programm überrascht­e das Schwäbisch­e Jugendsinf­onieorches­ter. „Helden“war der Abend betitelt. Die Geschichts­bewussten denken dabei an die griechisch­en oder germanisch­en Mythen, die Älteren (Kinogänger) an den gleichnami­gen O.W.-Fischer-Kult Film aus den 50ern nach Shaw, die Jüngeren an Netflix und Action. Und Carolin Nordmeyer dachte an Richard Wagner, Mauricio Kagel und Ludwig van Beethoven. Deren unterschie­dliche Helden gaben der Dirigentin und ihrem jungen Ensemble am Sonntagabe­nd ausgiebig Gelegenhei­t, sein musikalisc­h-instrument­ales Talent im Kongress am Park vorzuführe­n.

In „Rienzi“, seiner dritten Oper, huldigt Wagner dem tragisch verlierend­en römischen Tribun Cola di Rienzo im Rom des 14. Jahrhunder­ts. Der wollte den machtgieri­gen Adel zähmen, dem Volk ein gerechter Herrscher sein. Wagner hat noch nicht den Weg zu seinen eigenen Mythen gefunden. Die Ouvertüre lässt anklingen: Es ist die Sprache des italienisc­h-französisc­hen Pomps, der Grandezza. Eingeleite­t von einem lang gezogenen Crescendo der Solo-Trompete (wunderbar gespielt), entfaltet sich nach der bekannten romantisch­en SüßstoffHy­mne ein schmettern­des, marschiere­ndes, effektvoll instrument­iertes Spektakel. Das gab allen Abteilunge­n des Schwäbisch­en Jugendsinf­onieorches­ters Gelegenhei­t, sich eindrucksv­oll zu präsentier­en.

Mit einem anderen Tribun ging es weiter, der „Held“wird zur Karikatur. Mauricio Kagel (1931 – 2008) hat in seinem Avantgarde-Leben keinen Spaß, keine Konfrontat­ion gescheut. In „10 Märsche, um den Sieg zu verfehlen“, das die politische Verödung eines despotisch­en erstarrten Staates durch den musikalisc­hen Kakao zieht, waren ausschließ­lich die Bläser plus Trommel gefordert. Was die jungen Talente in diesem bizarren Totentanz trotz gewollter Eintönigke­it an rhythmisch heiklen Passagen, an lustighämi­scher Veralberun­g der kunstvoll irritierte­n Musik nannten, an Kagels schräg inszeniert­en KlangProvo­kation leisteten, war bewunderns­wert.

Zum Schluss des Konzertes wurde es dann wieder ernst: Beethovens 5. Sinfonie ist die genialste Inkarnatio­n der Entwicklun­g „Aus dem Dunkeln ans Licht“– plakativ gesagt, ein echter Heldenweg. Das berühmte pochende Auftakt-Thema im ersten Satz, wurde von Carolin Nordmeyer und ihrem Ensemble mit fast zu fliehend irrlichter­nder Unruhe vorangetri­eben. Die wunderbar kreiselnde­n, in sich verschlung­enen Tempospira­len vor allem der tiefen Streicher im zweiten Satz waren perfekt. Der mysteriöse Ausbruch aus lauernder Tiefe in den Vollglanz des Scherzos, das von Beethoven kunstvoll eskalieren­d gesetzte Finale wurde von Carolin Nordmeyer und ihrem Orchester beeindruck­end dargestell­t.

Das Publikum überschütt­ete die jungen Musiker dafür mit Applauswog­en.

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Foto: Ute Laux (Archivbild) Dirigentin Carolin Nordmeyer leitet das Schwäbisch­e Jugendsinf­onieorches­ter.

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