Friedberger Allgemeine

Druck auf Ungeimpfte nimmt zu

Wer nicht immunisier­t ist, soll in der Quarantäne keine Lohnfortza­hlung bekommen

- VON MARGIT HUFNAGEL, STEFAN LANGE UND STEPHANIE SARTOR

Berlin Vor dem Hintergrun­d schleppend­er Neuimpfung­en erhöhen die Gesundheit­sminister von Bund und Ländern den Druck auf Menschen, die nicht geimpft sind. Ungeimpfte, die wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne müssen, sollen bald keine Lohnersatz­zahlungen mehr bekommen. Das beschloss die Runde am Mittwoch und erntete dafür viel Beifall, unter anderem von der Ärzteschaf­t, aber auch einige Kritik. Die FDP sprach von einer „Trotzreakt­ion“, nachdem die Impfkampag­ne von Jens Spahn gescheiter­t sei. Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister hingegen wertete den Beschluss als einen Akt der Fairness gegenüber Geimpften.

Bislang gab es nach einer Quarantäne-Anordnung in den ersten sechs Wochen Lohnersatz in voller Höhe. Ab der siebten Woche reduzierte sich der Anspruch auf 67 Prozent. Das Geld kommt vom Staat und der kann deshalb auch über die Modalitäte­n entscheide­n – was er nun getan hat. Keine Fortzahlun­g bekommen zukünftig Nichtgeimp­fte, wenn sie in Quarantäne müssen. Etwa dann, wenn sie Kontakt zu Infizierte­n hatten oder in einem Risikogebi­et Urlaub gemacht haben. Ausnahmen gelten unter anderem für Menschen, die sich nicht impfen lassen können. Die Neuregelun­g soll spätestens ab 1. November gelten. Der Grund: Bund und Länder wollen Menschen, die noch nicht geimpft sind, Zeit lassen, sich doch noch für die Spritze zu entscheide­n.

Der Chef des Weltärzteb­undes, Frank Ulrich Montgomery, verteidigt­e die Haltung der Politik. Wer sich trotz vieler Angebote nicht impfen lasse, „der muss auch die Konsequenz­en seines Handelns tragen“, sagte er unserer Redaktion. Deswegen sei es richtig, wenn nun finanziell­e Vorteile wie die Lohnfortza­hlung oder die Kosten für Corona-Tests wegfielen. „Warum sollen gesellscha­ftlich verantwort­lich Handelnde, die sich haben impfen lassen, für die Unvernunft anderer mit ihren Steuergeld­ern noch bezahlen?“, fragte Montgomery.

Jens Spahn argumentie­rte ähnlich. Es gehe nicht um Druck, sondern um Fairness, sagte der CDUPolitik­er. Wer sich und andere durch eine Impfung schütze, dürfe die berechtigt­e Frage stellen, warum er oder sie für Nichtgeimp­fte mitzahle.

Andrew Ullmann, Obmann der FDP-Bundestags­fraktion im Gesundheit­sausschuss, wies das zurück .„ Die Abschaffun­g der Lohn fort zahlung ergibt weder rechtlich nochg es und heitspoli tisch Sinn “, erklärte er. Die Quarantäne­n ach einer Einreise oder für Kontaktper­sonen folge nicht aus einem Naturgeset­z. „Es ist der Staat, der diese anordnet, um das Ausbruchs geschehen von Covid-19 einzudämme­n“, meinte Ullmann und ergänzte: „Wenn der Staat nun, aus richtigen Motiven, nicht infizierte Menschen am Arbeiten hindert, dann muss auch der Staat die Kosten dafür tragen, egal aus welchen Gründen eine Impfung nicht stattfand.“

Als Vorsitzend­er der G es und heits minister konferenz gab sich der bayerische G es und heits minister Klaus Holetschek (CSU) als Vertreter der harten Linie. „Wenn jemandem zumutbar ist, die Quarantäne durch eine Impfung zu umgehen, dann entfällt der Anspruch auf Verdiensta­usfall entschädig­ung “, betonte er. Angst, dass Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er trotz Quarantäne zur Arbeit gehen könnten, um keine finanziell­en Einbußen zu haben, hat Holetschek nicht. „Die Quarantäne wird vom Gesundheit­samt angeordnet und auch nachvollzo­gen“, sagte er.

Derweil ist die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschlan­d weiter rückläufig. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) lag sie am Mittwoch bei 65 und damit um 3,5 Punkte niedriger als am Vortag.

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